Entscheidungsstichwort (Thema)
Funktionsvorbehalt für Beamte – Bankenaufsicht
Leitsatz (amtlich)
Das jedem Deutschen nach Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistete Zugangsrecht zu jedem öffentlichen Amt wird durch den zugunsten von Beamten in Art. 33 Abs. 4 GG bestimmten Funktionsvorbehalt beschränkt.
Die Aufgaben des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen sind hoheitlich im Sinne von Art. 33 Abs. 4 GG. Die bei ihm beschäftigten Bediensteten üben hoheitsrechtliche Befugnisse auch dann aus, wenn sie als Sachbearbeiter an Aufsichtsmaßnahmen vorbereitend mitwirken.
Normenkette
EWGVtr Art. 48; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2, 4
Verfahrensgang
Tenor
Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 25. November 1996 – 17 Sa 107/96 – werden zurückgewiesen.
Die Kosten der Revisionen haben die Klägerin zu 1) zu 1/5 und die Kläger zu 2) und 3) zu jeweils 2/5 zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin und die Kläger sind als Sachbearbeiter bei dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen beschäftigt; die Klägerin und der Kläger zu 2) erhalten Vergütung der VergGr. III BAT, der Kläger zu 3) der VergGr. IV a BAT. Im Juni 1995 schrieb die Beklagte u.a. zwei Stellen für Sachbearbeiter „in herausgehobener Stellung” (Besoldungsgruppe A 13 g) aus. Zu dem angegebenen Aufgabengebiet gehörte die Aufsicht über Kreditinstitute, die Auswertung von Prüfungsberichten, Jahresabschlüssen und Anzeigen, die Bearbeitung von Beschwerden und von schwierigen Einzelfällen sowie die Mitarbeit bei Grundsatzfragen. Die Ausschreibung richtete sich an Regierungsamtsräte und -rätinnnen, die nach der letzten Regelbeurteilung für das Beförderungsamt geeignet waren. Die Bewerbungen der Klägerin und der Kläger lehnte die Beklagte ab. Zur Begründung führte sie an, ihre Entscheidung, die Dienstposten ausschließlich Beamten zu übertragen, beruhe darauf, daß dort ständig hoheitsrechtliche Aufgaben auszuüben seien und die Festlegung des Bewerberkreises (Anforderungsprofil) ausschließlich der organisatorischen Gestaltungsfreiheit und Planungshoheit der Verwaltung unterliege. Insbesondere sei es auch sachgerecht, im Rahmen der Bewerberauswahl auf die Laufbahnvorschriften des geltenden Beamtenrechts abzustellen.
Die Beklagte hat die Dienstposten dem Streithelfer und einem weiteren Regierungsamtsrat zunächst zur Probe übertragen; inzwischen sind diese Beamten in die Planstellen eingewiesen.
Die Klägerin und die Kläger haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Bewerbung der Klägerin und der Kläger auf den Dienstposten einer Sachbearbeiterin bzw. eines Sachbearbeiters in herausgehobener Stellung im Referat III 5, der Kläger zu 2) und 3) auch im Referat IV 1 unter Anwendung der Auswahlkriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung ohne Heranziehung des Auswahlkriteriums Angestellten – bzw. Beamteneigenschaft der Bewerber neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen.
Der Streithelfer hat sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klagen abgewiesen. Hiergegen wenden sich die Klägerin und die Kläger mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision. Mit Rücksicht auf die zwischenzeitliche Besetzung der Stellen haben sie den Rechtsstreit in der Revisionsinstanz für erledigt erklärt. Die Beklagte hat der Erledigungserklärung widersprochen.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen der Klägerin und der Kläger sind unbegründet. Der Rechtsstreit hat sich durch die endgültige Übertragung der ausgeschriebenen Dienstposten nicht erledigt, weil die Klagen zwar zulässig, aber nicht begründet waren.
A. Die einseitige Erklärung der Erledigung der Hauptsache enthält den Antrag festzustellen, daß die Klage erst durch das erledigende Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sie ist als Prozeßhandlung auch noch in der Revisionsinstanz zulässig, wenn das erledigende Ereignis – wie hier – außer Streit ist.
Mit der Übertragung der zu besetzenden Dienstposten auf die von der Beklagten ausgewählten Beamten haben sich die auf „Neubescheidung” gerichteten Klagen erledigt. Sie sind gegenstandslos geworden, da die Ämter nicht mehr verfügbar sind (vgl. BAG Urteile vom 2. Dezember 1997 – 9 AZR 445/96 – AP Nr. 40 zu Art. 33 Abs. 2 GG und – 9 AZR 668/96 – AP Nr. 41 zu Art. 33 Abs. 2 GG, beide zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen; BVerwG Urteil vom 25. August 1988 – 2 C 62.85 – BVerfGE 80, 127, 130).
Die Feststellung der Erledigung der Hauptsache hat nicht nur den Eintritt eines erledigenden Ereignisses zur Voraussetzung. Die Klage muß außerdem noch in diesem Zeitpunkt zulässig und begründet gewesen sein. Anderenfalls ist sie abzuweisen, ohne daß es der Prüfung eines besonderen Rechtschutzinteresses für den Widerspruch des Beklagten gegen die Erledigungserklärung bedarf (ständige Rechtsprechung vgl. BAG Urteil vom 5. September 1995 – 9 AZR 718/93 – BAGE 80, 380 = AP Nr. 67 zu § 74 HGB, m.w.N.).
B. Die Klagen konnten nicht von Erfolg sein.
I. Die Klagen waren zulässig.
Die Formulierung der Klageanträge war erkennbar an § 113 Abs. 5 VwGO ausgerichtet und entsprach insoweit der Rechtsprechung zur beamtenrechtlichen Konkurrentenklage (BVerfGE 39, 334, 354; BVerwGE 75, 133, 135; 68, 109, 110).
Anders als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bedarf es im bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreit, der mit dem Ziel der erneuten Auswahl für eine Tätigkeit im Angestelltenverhältnis geführt wird, jedoch nicht der Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes. Prozeßziel ist die Wiederholung der Auswahlentscheidung (BAG Urteil vom 5. März 1996 – 1 AZR 590/92 (A) – BAGE 82, 211 = AP Nr. 226 zu Art. 3 GG).
Dementsprechend sollte die Beklagte verpflichtet werden, die Bewerbungen der Klägerin und der Kläger ohne Berücksichtigung ihrer fehlenden Beamteneigenschaften zu bearbeiten und sie als Angestellte in die Auswahl einbeziehen. Für diese Leistungsklage bestand ein Rechtsschutzbedürfnis; es ergab sich bereits aus dem behaupteten materiell-rechtlichen Leistungsanspruch.
II. Die Klagen waren nicht begründet.
1. Ein Anspruch der klagenden Parteien läßt sich nicht auf Art. 33 Abs. 2 GG stützen.
a) Art. 33 Abs. 2 GG eröffnet jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Daraus ergeben sich subjektive Rechte eines jeden Bewerbers, wobei es auf die Art des zu begründenden Rechtsverhältnisses nicht ankommt. Ein öffentliches Amt im Sinne der Vorschrift nehmen auch die auf arbeitsvertraglicher Grundlage Beschäftigten wahr. Jeder kann verlangen, bei seiner Bewerbung nach den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien beurteilt zu werden. Das gilt nicht nur für Einstellungen, sondern auch für Beförderungen innerhalb des öffentlichen Dienstes oder den Zugang zu einem anderen Amt auch dann, wenn damit keine höhere Vergütung verbunden ist. Aus dem Verbot unzulässiger Differenzierung ergibt sich für den zu Unrecht über gangenen Bewerber ein Anspruch gegen den Dienstherrn, seine Bewerbung neu zu beurteilen (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vgl. Urteil vom 2. Dezember 1997 – 9 AZR 668/96 – AP Nr. 41 zu Art. 33 Abs. 2 GG, auch zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen, m.w.N.).
b) Die Beklagte hat die Bewerbungen der Klägerin und der Kläger nicht rechtswidrig unberücksichtigt gelassen.
aa) Der Entscheidung des Dienstherrn, eine Stelle nur für Beamte und nicht auch für Angestellte auszuschreiben, ist nicht zu beanstanden, wenn sie von dem sog. Funktionsvorbehalt in Art. 33 Abs. 4 GG gedeckt ist.
Danach ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Beschäftigten zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. In einem solchen Dienst- und Treueverhältnis werden ausschließlich die Beamten tätig (BVerfG Urteil vom 27. April 1959 – 2 BvF 2/58 – BVerfGE 9, 268, 284). Auch wenn das Rechtsverhältnis der Angestellten nach dem Tarifrecht des öffentlichen Dienstes in vielfacher Hinsicht dem der Beamten angenähert ist, werden sie in einem Arbeitsverhältnis und damit entsprechend den Regelungen des bürgerlichen Rechts beschäftigt.
bb) Auf dem bei dem Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen für Sachbearbeiter in herausgehobener Stellung eingerichteten Dienstposten sind hoheitsrechtliche Befugnisse im Sinne von Art. 33 Abs. 4 GG wahrzunehmen. Das ergibt sich aus der Art der dem Amt zugewiesenen Aufgaben, in deren Erledigung die Sachbearbeiter unmittelbar eingebunden sind.
(1) Dem Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen sind als Teil der staatlichen Gewerbeaufsicht ordnungsbehördliche Funktionen zugewiesen (BVerfG Urteil vom 24. Juli 1962 – 2 BvF 4,5/61, 1,2/62 – BVerfGE 14, 197, 203 ff.). Das betrifft u.a. die ihm vorbehaltene Zulassung von Kreditinstituten (§ 32 Abs. 1 KWG), die Erlaubnis zum Betrieb einzelner Bankgeschäfte (§ 32 Abs. 2 KWG) die Versagung oder Aufhebung der Erlaubnis (§§ 33, 35 KWG), die Abberufung von Geschäftsleitern (§ 36 KWG) und das Einschreiten gegen ungesetzliche Geschäfte (§ 37 KWG). Die von ihm nach Maßgabe von § 6 Abs. 1 KWG getroffenen Verfügungen kann das Amt mit den Zwangsmitteln des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes durchsetzen (§ 50 KWG). Es ist die nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zuständige Behörde, Ordnungswidrigkeiten im Sinne von § 56 KWG zu verfolgen und zu ahnden (§ 60 KWG). Die Bankenaufsicht ist mithin von der Möglichkeit zu staatlichem Eingriff und Zwang, von Unter- und Überordnung geprägt (vgl. BGH Urteil vom 15. Februar 1979 – III ZR 108/76 – BGHZ 74, 144, 152 f.). Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Kläger gehört die Bankenaufsicht damit zur „klassischen” Eingriffsverwaltung, für die in der Regel Beamte einzusetzen sind.
(2) Der Funktionsvorbehalt betrifft nicht nur Leitungsstellen oder sog. Außenbeamte, die über Unterschriftsbefugnis verfügen oder in sonstiger Weise unmittelbar nach außen wirken.
Art. 33 Abs. 4 GG soll Gewähr dafür bieten, daß die hoheitsrechtlichen Aufgaben jederzeit, vor allem auch in Krisenzeiten, loyal, zuverlässig und qualifiziert erledigt werden. Diese Kontinuität der hoheitlichen Funktionen wird indessen nur sichergestellt, wenn die Bediensteten, die in die Aufgabenerledigung eingebunden sind und an den obrigkeitlichen Verfügungen mitwirken, dem für Beamte geltenden Dienstrecht, insbesondere dem Streikverbot, unterliegen. Vorgesetzte und Außenbeamte sind in einer arbeitsteilig und hierarchisch organisierten Verwaltung auf die Vorarbeiten von Sachbearbeitern angewiesen. Das betrifft auch die streitbefangenen Stellen, deren Inhabern sind Aufgaben der Bankenaufsicht übertragen; sie haben die den Kreditinstituten obliegenden Melde- und Berichtspflichten zu kontrollieren und wirken u.a. durch Vorprüfungen, die Ermittlung von Sachverhalten sowie die Erarbeitung von Stellungnahmen an der Bankaufsicht mit. Im Innenverhältnis zum Dienstherrn tragen sie Mitverantwortung für die Richtigkeit und Gesetzmäßigkeit ihrer unterschriftsreifen Vorschläge. Ihre Mitarbeit ist zwingend Voraussetzung für die funktionierende Bankenaufsicht, zumal der Staat auch Einlagegläubigern der Kreditinstitute gegenüber Amtspflichten hat, deren Verletzung Schadenersatzansprüche begründen können (vgl. BGH Urteil vom 15. Februar 1979 – III ZR 108/76 – BGHZ 74, 144; BGH Urteil vom 12. Juli 1979 – III ZR 154/77 – BGHZ 75, 120).
Das Landesarbeitsgericht hat deshalb zu Recht nicht aufgeklärt, ob die Inhaber der streitbefangenen Dienstposten selbständig und unmittelbar nach außen hin tätig werden, wie die Beklagte behauptet hat, sondern hat den Sachvortrag der Klägerin und der Kläger als zutreffend unterstellt.
(3) Ebenfalls kann als richtig angenommen werden, daß in fast allen anderen europäischen Ländern die Aufsicht über die Banken nicht von einer selbständigen Behörde wahrgenommen wird, sondern von den Notenbanken, wie die Revisionen geltend machen.
Hieraus folgt kein anderes Ergebnis. Die Beurteilung einer Aufgabe als hoheitlich im Sinne von Art. 33 Abs. 4 GG bestimmt sich nicht nach der zuständigen Organisationseinheit, sondern nach ihrem Inhalt und dem Umfang des zur Verfügung stehenden ordnungsbehördlichen Instrumentariums. Im übrigen gehören auch Noten- oder Zentralbanken nach Auffassung der EG-Kommission zu den Stellen, bei denen im Zusammenhang mit hoheitlichen Befugnissen des Staates originär öffentlich-rechtliche Tätigkeiten im Sinne von Art. 48 Abs. 4 EWG-Vertrag anfallen (ABl. EG März 1988, Nr. C 72/2; vgl. auch Hochbaum, ZBR 1989, 33).
(4) Da die Entscheidung der Beklagten sich bereits nach Art. 33 Abs. 4 GG als rechtmäßig darstellt, kommt es nicht darauf an, ob der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber aufgrund des Laufbahnrechts, aus Gründen des Haushaltsrechts oder im Zusammenhang mit der Gewährleistung des Berufsbeamtentums Angestelle von vornherein von bestimmten Positionen ausschließen darf.
2. Ein Anspruch der Klägerin und der Kläger ist nicht aufgrund einer Selbstbindung der Beklagten an bisherige Personalentscheidungen gegeben.
Es kann zugunsten der Klägerin und der Kläger unterstellt werden, daß sie auf den ihnen tatsächlich übertragenen Arbeitsplätzen vergleichbare Aufgaben wahrnehmen, wie sie auf den ausgeschriebenen Stellen zu erledigen sind, ihre Stellen also ebenfalls dem Funktionsvorbehalt unterliegen. Ebenso kann davon ausgegangen werden, daß die Beklagte langjährig einen Angestellten mit der VergGr. I a BAT als Leiter einer Grundsatzabteilung und damit auf einer an sich einem Berufsbeamten vorbehaltenen Stelle beschäftigt hat.
Hierauf kommt es nicht an. Nach Art. 33 Abs. 4 GG besteht der Funktionsvorbehalt „in der Regel”. Dem Dienstherrn ist es danach nicht generell verboten, Angestellte oder Arbeiter mit hoheitlichen Funktionen einzusetzen (BVerfG Urteil vom 2. März 1993 – 1 BvR 1213/85 – AP Nr. 126 zu Art. 9 GG Arbeitskampf unter II 1).
Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen brauchen nicht näher bestimmt zu werden. Eine ggf. verfassungswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten verpflichtet sie nicht, diese aufrecht zu erhalten.
3. Die Beklagte war auch nicht unter europarechtlichen Gesichtspunkten nach Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet, die Ausschreibung auf Angestellte auszudehnen.
a) Die Klägerin und die Kläger machen geltend, die Beklagte verletze das in Art. 48 Abs. 3 EG-Vertrag bestimmte Freizügigkeitsgebot. Es sei nicht ausreichend, daß EG-Angehörige in das Beamtenverhältnis berufen werden könnten. Tatsächlich werde dieser Berufsweg nur jüngeren EG-Ausländern ermöglicht, während ältere Arbeitnehmer aufgrund ihres Alters oder fehlender Laufbahnvoraussetzungen hiervon ausgeschlossen seien. Alle Positionen im öffentlichen Dienst, die nicht unter Art. 48 Abs. 4 EG-Vertrag fielen, müßten deshalb auch EG-Angehörigen offenstehen, die keine Beamten seien, nicht Beamte werden wollten oder nicht Beamte werden könnten. Aus Art. 3 GG folge, daß gleiches auch für deutsche Staatsangehörige gelten müßte.
b) Das trifft nicht zu.
Das Gemeinschaftsrecht ist zwar nicht anzuwenden, wenn an dem streitbefangenen Sachverhalt – wie hier – ausschließlich Inländer beteiligt sind (EuGH Urteil vom 28. Januar 1992 – Rs C 332/90 – Steen I, EAS Art. 48 EG-Vertrag Nr. 59). Das EG-Recht kann sich aber mittelbar auf die Rechtsstellung der Inländer auswirken. Eine Verletzung des in Art. 3 Abs. 1 GG bestimmten allgemeinen Gleichheitssatzes kommt in Betracht, wenn eine innerstaatliche Regelung Inländer benachteiligt, diese Regelung aber für EG-Ausländer nach europäischem Recht nicht berücksichtigt werden darf, sie also dem Inländer gegenüber zu bevorzugen sind. Das kann zur Folge haben, daß die den Inländer benachteiligende Bestimmung auf ihn nicht anzuwenden ist, und zwar auch dann nicht, wenn das Gemeinschaftsrecht wegen fehlender Ausländerbeteiligung nicht betroffen ist (vgl. Schilling, JZ 1994, 8 ff., Kewenig, JZ 1990, 20 ff.). Ob eine sog. umgekehrte Diskriminierung (vgl. EuGH Urteil vom 16. Juni 1994 – C 132/93 – Steen II, Slg. 1994 – 6, I-2715) verfassungsrechtlich zu beanstanden ist, bestimmt sich ausschließlich nach nationalem Recht. Maßgeblich ist, ob die nationale Regelung – Ausländerbeteiligung unterstellt – dem Gleichheitssatz standhält.
Wie bereits das Arbeitsgericht ausgeführt hat, ist dies zu bejahen. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 BBG und § 4 Abs. 1 Nr. 1 BRRG in der zum 24. Dezember 1993 in Kraft getretenen Fassung können auch EG-Angehörige in das Beamtenverhältnis berufen werden. Damit ist die fehlende deutsche Staatsangehörigkeit nach nunmehr positiver gesetzlicher Regelung kein Hindernis für EG-Ausländer, sich entsprechend Art. 48 Abs. 3 a EG-Vertrag um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben. Soweit sie aus Gründen des Alters, wegen fehlender Bildungsabschlüsse, fehlender Laufbahnvoraussetzungen oder aus sonstigen Gründen die Beamtenstelle nicht wahrnehmen können oder nicht in einem Beamtenverhältnis tätig werden wollen, stehen sie deutschen Stellenbewerbern in gleicher Situation gleich und werden diesen gegenüber nicht bevorzugt behandelt.
Es kann deshalb offen bleiben, ob die zu besetzenden Stellen nicht ohnehin als originär hoheitlicher Dienst im Sinne von Art. 48 Abs. 4 EG-Vertrag deutschen Beamten vorbehalten werden durften.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Unterschriften
Leinemann, Düwell, Reinecke, Dr. Weiss, Benz
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 11.08.1998 durch Brüne, Reg Obersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BAGE, 300 |
NWB 1999, 1538 |
NVwZ 1999, 917 |
ARST 1999, 234 |
FA 1999, 100 |
JR 2000, 43 |
NZA 1999, 767 |
RdA 1999, 292 |
ZBR 1999, 207 |
ZTR 1999, 225 |
AP, 0 |
GV/RP 2000, 324 |
KomVerw 1999, 360 |
FSt 2000, 282 |
FuBW 1999, 812 |
FuHe 2000, 167 |
FuNds 1999, 744 |