Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung von Renten auf Beamtenversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

  • Ein “Beamtenverhältnis” im Sinne des Art. 2 § 2 Abs. 1 Satz 1 des 2. Haushaltsstrukturgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1523) ist bei einem beamtenähnlichen Dienstverhältnis eines Angestellten dann begründet, wenn ihm eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen zugesagt worden ist (vgl. § 8 AVG).
  • Sind auf das Dienstverhältnis eines Angestellten vor dem 1. Januar 1966 einzelne beamtenrechtliche Vorschriften angewendet, die beamtenmäßige Versorgung jedoch erst nach diesem Stichtag zugesagt worden, so besteht kein Anspruch auf Ausgleich nach Art. 2 § 2 Abs. 1 Satz 1 2. HStruktG.
 

Normenkette

BeamtVG § 55; 2. HStruktG Art. 1 § 2; AVG §§ 6, 8

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 07.03.1990; Aktenzeichen 7 Sa 1238/89)

ArbG Siegburg (Urteil vom 29.09.1989; Aktenzeichen 2 Ca 596/89)

 

Tenor

  • Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichs Köln vom 7. März 1990 – 7 Sa 1238/89 – aufgehoben.
  • Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 29. September 1989 – 2 Ca 596/89 – wird zurückgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Berechnung des Ruhegehalts nach § 55 BeamtVG (Anrechnung von Renten auf Versorgungsbezüge). Der Kläger verlangt von dem beklagten Arbeitgeber einen Härteausgleich nach einer Übergangsvorschrift.

Der im Jahre 1923 geborene Kläger wurde mit Dienstvertrag vom 22. Dezember 1961 bei dem Beklagten zum 15. Januar 1962 als Referent eingestellt. Nach § 2 des Dienstvertrags erhielt der Kläger Vergütung in Anlehnung an die VergGr. III der Tarifordnung A für Angestellte des öffentlichen Dienstes, nach der auch der Urlaubsanspruch und die Entschädigung für Dienstreisen bestimmt wurden.

Unter Aufhebung dieses Dienstvertrags wurde am 20. Dezember 1962 mit Wirkung zum 1. Januar 1963 ein neuer Dienstvertrag geschlossen. Nach § 2 dieses Dienstvertrags erhielt der Kläger Bezüge aus der Besoldungsgruppe A 13 der für Bundesbeamte geltenden Besoldungsordnung. Das Besoldungsdienstalter wurde auf den 1. Januar 1947 festgesetzt. Die Kündigung des Dienstverhältnisses sollte jeweils zum Schlusse eines Kalendervierteljahres mit einmonatiger Frist zulässig sein (§ 3). Für die Dauer des Erholungsurlaubs und für die Entschädigung für Dienstreisen war auf die für Bundesbeamte geltenden Vorschriften verwiesen (§§ 4 und 5). Eine Versorgungsregelung enthielt dieser Dienstvertrag nicht.

Mit Dienstvertrag vom 29. April 1967 wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. Mai 1967 von dem Beklagten auf Lebenszeit angestellt. Der Kläger erhielt seither Bezüge aus der Besoldungsgruppe A 14 der für die Bundesbeamten geltenden Besoldungsordnung. Nach § 4 des Dienstvertrags vom 29. April 1967 hat der Kläger Anspruch auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung nach den für die Bundesbeamten geltenden Vorschriften.

Im Jahre 1988 trat der Kläger in den Ruhestand und erhielt seit dem 1. September 1988 von dem Beklagten Ruhegehalt nach § 4 des letzten Dienstvertrags. Der Beklagte kürzte die Pension gemäß § 55 BeamtVG n.F. um Beträge aus einer Rente des Klägers gemäß Bescheid der BfA vom 4. November 1988. Dies will der Kläger nicht hinnehmen. Er fordert einen Ausgleich gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 2 § 2 Abs. 1 Satz 1 des 2. Haushaltstrukturgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1523).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er erfülle die Voraussetzungen dieser Vorschrift, da seine Versorgung auf einem Beamtenverhältnis beruhe, das vor dem 1. Januar 1966 begründet worden sei. Sein Dienstverhältnis sei seit 1962 “beamtenähnlich” gewesen.

Der Kläger verlangt von dem Beklagten den Ausgleich für die Zeit vom 1. September 1988 bis 31. August 1989. Er hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.440,64 DM zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat geltend gemacht, er habe dem Kläger eine beamtenähnliche Versorgung erst mit Dienstvertrag vom 29. April 1967 zugesagt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf den begehrten Ausgleich.

1. Nach § 55 Abs. 1 BeamtVG werden Versorgungsbezüge für Angehörige des öffentlichen Dienstes neben Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen nur bis zum Erreichen der in Absatz 2 bezeichneten Höchstgrenze gezahlt. Ziel der Vorschrift ist es, Doppelversorgungen zu vermeiden. Die Gesamtversorgung sollte nicht die Versorgung übersteigen, die der Beamte erhalten hätte, wenn er während seines ganzen Arbeitslebens im Beamtenverhältnis gestanden hätte (vgl. Entwurf des 3. BBÄndG, BT-Drucks. IV/2174, S. 18).

Nach § 55 Abs. 1 BeamtVG i.d.F. des 3. BBÄndG vom 31. August 1965 war die Anrechnung jedoch nur für Versorgungen aus einem Beamtenverhältnis vorgesehen, das nach dem 31. Dezember 1965 begründet worden ist. Durch Art. 2 § 1 Nr. 7 des 2. HStruktG vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1523) wurde dieser Bestandsschutz für ältere Beamtenverhältnisse gestrichen und statt dessen eine Härteregelung (Ausgleich durch nur teilweise Rentenanrechnung) eingeführt. Dieser Ausgleich wird aber nur gewährt, wenn die Versorgung auf einem Beamtenverhältnis beruht, das vor dem 1. Januar 1966 begründet worden ist (Art. 2 § 2 Abs. 1 Satz 1 2. HStruktG).

2. Der Kläger kann einen Ausgleich nach dieser Härteregelung nicht verlangen. Seine Versorgung beruht nicht auf einem Beamtenverhältnis, das vor dem 1. Januar 1966 begründet worden ist.

a) Zuzustimmen ist dem Landesarbeitsgericht darin, daß im Streitfall die Vorschriften des § 55 BeamtVG und Art. 2 § 2 HStruktG entsprechend anzuwenden sind. Der Kläger ist zwar nicht Beamter. Der Beklagte hat aber durch die Verweisung auf beamtenrechtliche Vorschriften in den Dienstverträgen mit dem Kläger ein “beamtenähnliches Dienstverhältnis” geschaffen.

b) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts reicht der Abschluß eines Arbeitsvertrages, in dem auf einige Regelungen des Beamtenrechts verwiesen wird, zur Begründung des Ausgleichsanspruchs nicht aus. Ein “Beamtenverhältnis” i.S. des Art. 2 § 2 Abs. 1 Satz 1 2. HStruktG ist bei einem beamtenähnlichen Dienstverhältnis eines Angestellten erst dann begründet, wenn ihm eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen zugesagt worden ist. Art. 2 § 2 Abs. 1 Satz 1 2. HStruktG ist eine Übergangsvorschrift zu § 55 BeamtVG n.F. und regelt das Verhältnis von Beamtenversorgung zur gesetzlichen Rentenversicherung. Ein Beamtenverhältnis i.S. dieser Vorschriften liegt daher nur dann vor, wenn eine beamtenmäßige Versorgung gegeben ist. Es kommt daher bei beamtenähnlichen Angestellten für die Begründung eines Beamtenverhältnisses nach diesen Vorschriften nicht darauf an, ab wann einzelne beamtenrechtliche Vorschriften auf das Dienstverhältnis angewendet wurden. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Zusage einer beamtenmäßigen Versorgung. Während nämlich Beamte sozialversicherungsfrei sind (§ 6 AVG), können beamtenähnliche Angestellte von der Versicherungspflicht erst befreit werden, wenn bei ihnen “Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet ist” (§ 8 AVG).

c) Damit wurde beim Kläger das “Beamtenverhältnis” i.S. des Art. 2 § 2 Abs. 1 Satz 1 2. HStruktG erst durch den Dienstvertrag vom 29. April 1967 zum 1. Mai 1967 begründet. In diesem Dienstvertrag wurde dem Kläger ein Anspruch auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung nach den für Berufsbeamte geltenden Vorschriften erstmals zugesagt. Erst ab diesem Zeitpunkt konnte der Kläger auch von der Sozialversicherungspflicht befreit werden. Tatsächlich hat der Kläger auch bis einschließlich Juni 1967 Beiträge an die BfA entrichtet; bis 31. Dezember 1965 Pflichtbeiträge und danach freiwillige Beiträge, weil er über der Jahresarbeitsverdienstgrenze lag. Dagegen verwies der Dienstvertrag vom 20. Dezember 1962 zwar hinsichtlich der Besoldung, Urlaub und Dienstreisen auf das Beamtenrecht. Eine beamtenrechtliche Versorgung wurde aber nicht zugesagt und es bestand auch Sozialversicherungspflicht.

3. Zu Unrecht stellt das Landesarbeitsgericht darauf ab, daß die Parteien ihr Rechtsverhältnis bereits ab 15. Juli 1962 als “Beamtenverhältnis” angesehen hätten. Zwar hat der Beklagte dem Kläger in einem Schreiben vom 26. März 1966 zugesichert, er habe seit seiner Übernahme in das endgültige Angestelltenverhältnis den “Status eines Dienstanwärters im Sinne des Beamtenrechts”. Damit wurde dem Kläger aber nur in Aussicht gestellt, daß er die freiwerdende Planstelle erhalten werde, die dann mit einem Anspruch auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften verbunden sein werde. Das Schreiben enthält jedoch noch keine Zusage einer beamtenmäßigen Versorgung. Überdies war zu diesem Zeitpunkt der maßgebliche Stichtag des 1. Januar 1966 bereits verstrichen.

 

Unterschriften

Dr. Heither, Dr. Wittek, Kremhelmer, Gnade, Dr. Konow

 

Fundstellen

Haufe-Index 839190

RdA 1991, 318

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