Leitsatz (amtlich)
Hat die Erblasserin einem ihrer Söhne eine handschriftliche Vollmacht erteilt und darin ausgeführt, dieser Sohn sollte das restliche Vermögen bekommen, so kann dies als bloße Ankündigung gewertet werden, wenn die Erblasserin im Anschluß daran ausführt, sie werde „das Ganze noch vor einem Notar machen”.
Normenkette
BGB §§ 133, 2247
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 19.06.1998; Aktenzeichen 4 T 2019/97) |
AG Rosenheim (Aktenzeichen VI 812/96) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 19. Juni 1998 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1 hat den Beteiligten zu 2 und 3 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Erblasserin ist 1996 im Alter von 85 Jahren verstorben. Ihr Ehemann ist vorverstorben. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind Söhne aus dieser Ehe. Weitere Kinder sind nicht vorhanden.
Der Beteiligte zu 1 hat dem Nachlaßgericht ein von der Erblasserin eigenhändig geschriebenes und unterzeichnetes, auf den 25.9.1988 datiertes Schriftstück übergeben, das mit „Vollmacht” überschrieben ist und im wesentlichen folgenden Wortlaut hat:
„Ich … bevollmächtige meinen Sohn … (Beteiligter zu 1) alle persönlichen und geschäftlichen Angelegenheiten für mich zu erledigen. Ich habe keinen Spaß mehr an der Verwaltung der Häuser und will meine Ruhe hier oben. Er kümmert sich um mich und ich bin bei ihm in guten Händen. Mein Sohn … (Beteiligter zu 2) hat die … bekommen mein Sohn S. hat ein Haus in U.S.A. bekommen mein Sohn H. bekommt den Rest meines Vermögens, da er bis zu meinem Tod für mich sorgt. Ich werde das ganze noch vor dem Notar machen.”
Die Erblasserin war teils Allein-, teils Miteigentümerin mehrerer Grundstücke gewesen. Bereits vor der Abfassung des Schriftstücks hatte sie dem Beteiligten zu 3 ein Grundstück in H. (USA) übertragen, dem Beteiligten zu 2 ihren hälftigen Miteigentumsanteil an einem Grundstück in R. Mit zwei notariellen Überlassungsverträgen vom 12.9.1991 und 6.2.1992 übertrug sie ihren restlichen Grundbesitz sowie den Anteil an einer Erbengemeinschaft, der ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück gehörte, auf den Beteiligten zu 1. Im Zeitpunkt ihres Todes war, soweit feststellbar, weiteres wesentliches Vermögen der Erblasserin nicht vorhanden. Die Erblasserin hat dem Beteiligten zu 1 außerdem im Februar 1990 eine notariell beglaubigte Generalvollmacht erteilt. Im Januar 1995 wurde der Beteiligte zu 1 auf ihren Wunsch zu ihrem Betreuer bestellt.
Der Beteiligte zu 1 ist der Auffassung, die Erblasserin habe ihn durch Zuwendung des Restvermögens in dem Schriftstück vom 25.9.1988 zum Alleinerben eingesetzt. Er hat einen entsprechenden Erbschein beantragt. Demgegenüber sehen die Beteiligten zu 2 und 3 in den Ausführungen in dem Schriftstück lediglich eine Absichtserklärung, keine Erbeinsetzung. Sie haben deshalb einen Erbschein gemäß der gesetzlichen Erbfolge beantragt.
Das Nachlaßgericht hat das Schriftstück nicht als letztwillige Verfügung angesehen. Mit Beschluß vom 15.5.1997 hat es deshalb den Antrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und einen Erbschein angekündigt, der die drei Brüder gemäß gesetzlicher Erbfolge als Erben zu je ein Drittel ausweisen soll. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht zurückgewiesen. Der Beteiligte zu 1 hat weitere Beschwerde eingelegt. Er erstrebt die Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und eine Anweisung an das Nachlaßgericht, den vom ihm beantragten Erbschein zu erteilen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat die letzten Sätze des Schriftstücks vom 25.9.1988 nicht als eine von ernstlichem Testierwillen getragene letztwillige Verfügung der Erblasserin angesehen, sondern nur als Ankündigung ihrer Absicht, dem Beteiligten zu 1 ihren restlichen Grundbesitz zukommen zu lassen. Es hat deshalb angenommen, daß die Erblasserin nach der gesetzlichen Erbfolge von ihren drei Söhnen zu gleichen Teilen beerbt worden ist. Das ist aus Rechtsgründen (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht zu beanstanden.
a) Eine schriftlich niedergelegte Erklärung des Erblassers kann, auch wenn sie den formalen Voraussetzungen des § 2247 BGB genügt, nur dann als letztwillige Verfügung gelten, wenn sie auf einem ernstlichen Testierwillen des Erblassers beruht. Daher muß außer Zweifel stehen, daß der Erblasser die von ihm erstellte Urkunde als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen hat oder zumindest das Bewußtsein hatte, die Urkunde könne als Testament angesehen werden. Ob ein solcher ernstlicher Testierwille vorgelegen hat, ist im Weg der Auslegung (§ 133 BGB) unter Berücksichtigung aller erheblichen, auch außerhalb der Urkunde liegenden Umstände und der allgemeinen Lebenserfahrung zu beurteilen (vgl. zu allem BayObLGZ 1970, 173/178 und 1982, 59/64, BayObLG...