Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaßsache
Leitsatz (amtlich)
1. Erbfolge bei schweizerischer Staatsangehörigkeit und Wohnsitz des Erblassers in Deutschland sowie Rechtswahl in einem solchen Fall.
2. Auslegung eines Testaments mit Angaben zu Vor- und Nacherben und der Klausel, daß der befreite Vorerbe „durch eine Verfügung von Todes wegen anderweitig frei verfügen also auch einen Nacherben einsetzen” kann.
3. Zur Verpflichtung des Tatsachengerichts, zur Ermittlung des Erblasserwillens den Rechtsanwalt zu hören, der den Erblasser bei der Testamentserrichtung beraten hat.
Normenkette
EGBGB Art. 25; BGB §§ 133, 2065, 2358, 2361; FGG § 12; Schweizerisches IPRG Art. 91 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Landshut (Aktenzeichen 60 T 1045/00) |
AG Eggenfelden (Aktenzeichen VI 330/99) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des Landgerichts Landshut vom 18. Mai 2000 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Landshut zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die am 26.2.1999 im Alter von 82 Jahren verstorbene Erblasserin war gebürtige Deutsche und zuletzt schweizerische Staatsangehörige mit ständigem Aufenthalt und Wohnsitz in Deutschland. Sie war in dritter Ehe mit dem Beteiligten zu 1 kinderlos verheiratet. Aus ihrer ersten Ehe hatte die Erblasserin vier Kinder, von denen drei vorverstorben sind. Die Beteiligte zu 2 ist Enkelin, die Beteiligte zu 3 Schwiegertochter der Erblasserin.
Am 20.2.1999, sechs Tage vor ihrem Tod, verfaßte die Erblasserin ein handschriftliches Testament mit folgendem Inhalt:
„Ich bin Schweizer Staatsangehörige und wohnhaft in Niederbayern.
Für die Errichtung des Testaments und den Erbfall wird von mir deutsches Recht gewählt.
Ich setze meinen Ehemann … (Beteiligter zu 1) als meinen Universalerben ein und zwar als befreiten Vorerben. Sollte mich mein Ehemann nicht überleben so sind dessen Abkömmlinge nicht Ersatzerben. Mein Ehemann als Vorerbe ist von allen Beschränkungen und Verpflichtungen soweit gesetzlich zulässig befreit.
Wenn mich mein Ehemann überlebt soll nach dessen Tod … (Beteiligte zu 2) meine Enkelin zu gleichen Teilen mit … (Beteiligte zu 3) meiner Schwiegertochter meine Nacherbinnen werden. Mein Ehemann in keiner Weise beschränkt oder belastet. Er kann deshalb über sein Vermögen und mein ererbtes Vermögen in jeder Weise unter Lebenden und auch durch eine Verfügung von Todes wegen anderweitig frei verfügen also auch einen Nacherben einsetzen.”
Zwei Tage zuvor, am 18.2.1999, hatte der Beteiligte zu 1 ebenfalls ein Testament verfaßt, in dem er die Erblasserin zur Universalerbin einsetzte und im übrigen die gleichen Verfügungen traf, ergänzt um den Widerruf früherer Testamente. Beiden Testamenten war eine anwaltliche Beratung der Eheleute vorausgegangen. Rechtsanwalt S. hatte mit Schreiben vom 29.1.1999 unter Bezugnahme auf die Vorsprache der Eheleute in seiner Kanzlei Testamentsentwürfe übermittelt und unter anderem erläutert, daß das schweizerische Recht habe berücksichtigt werden müssen, gemeinschaftliche Testamente in der Schweiz nicht zugelassen seien und er daher zwei Einzeltestamente entworfen habe. Die handschriftlichen Testamente vom 18. und 20.2.1999 entsprechen im wesentlichen diesen anwaltlichen Entwürfen.
Bereits am 2.4.1987 hatten die Eheleute in zwei Einzeltestamenten jeder den anderen zum Universalerben eingesetzt, ohne weitere Verfügungen zu treffen.
Der Nachlaß beträgt nach Abzug der Nachlaßverbindlichkeiten rund 260.000 DM und besteht im wesentlichen aus dem hälftigen Miteigentumsanteil an einem bebauten Grundstück in Deutschland und Wertpapieren.
Am 11.8.1999 erteilte das Amtsgericht Eggenfelden auf Antrag des Beteiligten zu 1 einen Erbschein, der den Beteiligten zu 1 als Alleinerben ausweist und ferner bezeugt, daß Nacherbfolge angeordnet ist und beim Tod des Vorerben eintritt, daß die Beteiligten zu 2 und 3 Nacherbinnen sind und daß der Vorerbe zur freien Verfügung über die Erbschaft berechtigt ist.
Mit notariellem Antrag vom 24.11.1999 begehrte der Beteiligte zu 1 erneut die Erteilung eines Erbscheins, diesmal mit dem Inhalt, daß der Beteiligte zu 1 als Allein- und Vollerbe ausgewiesen wird. Hilfsweise soll der Erbschein ihn als auflösend bedingten Vorerben und aufschiebend bedingten Vollerben ausweisen; die Bedingung soll eintreten, wenn der Vorerbe für den Fall seines Ablebens andere als die von der Erblasserin zu Nacherben ernannte Personen zum Erben einsetzt.
Mit Beschluß vom 16.2.2000 wies das Amtsgericht die Anträge zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Landgericht Landshut mit Beschluß vom 28.5.2000 zurück. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1 sein Ziel weiter.
II.
Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Die nicht fristgebundene weitere Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 27 Abs. 1 FGG statthaft und in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG eingel...