Leitsatz (amtlich)

Hat die Ehefrau auf Grund der Übergangsregelung des Familiennamensrechtsgesetzes ihren Geburtsnamen wieder angenommen und haben die Ehegatten in Folge dieser Erklärung keinen Gebrauch von der Möglichkeit gemacht, den Geburtsnamen eines vor Inkrafttreten des FamNamRG geborenen minderjährigen Kindes neu zu bestimmen, so ist der von diesem Kind weitergeführte Familienname – soweit er nach geltendem Recht zulässig ist – auch für die nach dem Inkrafttreten des FamNamRG geborenen Geschwister verbindlich (Abgrenzung zu BayObLGZ 1995, 310).

 

Normenkette

PStG § 45; BGB §§ 134, 1616 Abs. 2, § 1626; BGB a.F. §§ 1355, 1616; FamNamRG Art. 7 § 1 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Beschluss vom 27.11.1995; Aktenzeichen 7 T 530/95)

AG Regensburg (Aktenzeichen UR III 40/95)

 

Tenor

Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1, 2 und 4 gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 27. November 1995 werden zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Beim Standesamt (Beteiligter zu 3) liegen Geburtsanzeigen für die am 26.4.1995 ehelich geborenen Zwillinge vor. Für sie haben ihre seit 1983 verheirateten Eltern (Beteiligte zu 1 und 2) am 10.5.1995 zur Niederschrift des Standesbeamten den Geburtsnamen A bestimmt. Dies ist der Geburtsname der Mutter (Beteiligte zu 1), den sie mit Wirkung vom 30.3.1995 wieder angenommen hat.

Im Anschluß an ihre Eheschließung haben die Ehegatten als Ehenamen den Namen des Mannes B geführt, dem die Beteiligte zu 1 ihren Geburtsnamen vorangestellt hatte. Das im Jahr 1987 aus der Ehe der Beteiligten zu 1 und 2 hervorgegangene (erste) Kind führt seit seiner Geburt den vom damaligen Ehenamen abgeleiteten Namen B.

Der Standesbeamte hat Zweifel, ob die Zwillinge einen vom Familiennamen des erstgeborenen Kindes abweichenden Geburtsnamen erhalten können. Er hat gemäß § 45 Abs. 2 PStG über die Standesamtsaufsicht (Beteiligte zu 4) eine gerichtliche Entscheidung beantragt. Demgegenüber stellten die Beteiligten zu 1 und 2 gemäß § 45 Abs. 1 PStG den Antrag, die Eintragung des von ihnen bestimmten Familiennamens A im Geburtenbuch anzuordnen.

Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 12.10.1995 den Beteiligten zu 3 angewiesen, die von den Beteiligten zu 1 und 2 beantragte Eintragung vorzunehmen.

Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 4 sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat am 27.11.1995 die Entscheidung des Amtsgerichts dahin abgeändert, daß der Standesbeamte nicht gehalten ist, die von den Beteiligten zu 1 und 2 beantragte Eintragung vorzunehmen.

Gegen diese Entscheidung richten sich die „weiteren sofortigen Beschwerden” der Beteiligten zu 1 und 2 sowie die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Rechtsmittel der Beteiligten zu 1, 2 und 4 sind als unbefristete weitere Beschwerden (§ 49 Abs. 1 Satz 2 PStG, § 27 Abs. 1 FGG) zulässig. Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 1 und 2 ist die Aufsichtsbehörde des Standesbeamten befugt, die weitere Beschwerde ohne Rücksicht darauf einzulegen, ob sie beschwert ist; dieses Recht ist ihr gegeben, um eine Klärung streitiger Rechtsfragen durch obergerichtliche Entscheidungen herbeizuführen (§ 49 Abs. 2 PStG; vgl. BayObLGZ 1996, 55/57).

2. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) In das Geburtenbuch wird der Familienname des Kindes (Geburtsname) eingetragen (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG). Sind die Kinder – wie hier – nach dem Inkrafttreten des FamNamRG (1.4.1994) ehelich geboren, und führen die Eltern zu diesem Zeitpunkt keinen Ehenamen, so bestimmen sie durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten, ob die Kinder den Namen des Vaters oder der Mutter als Geburtsnamen erhalten (§ 1616 Abs. 2 Satz 1 BGB). Das elterliche Namensbestimmungsrecht ist jedoch begrenzt, wenn bereits ein Kind aus der Ehe hervorgegangen ist. Die für ein Kind getroffene Namensbestimmung (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 55. Aufl. Einführung vor § 1616 Rn. 4) ist gemäß § 1616 Abs. 2 Satz 3 BGB auch für weitere Kinder dieser Eltern verbindlich (vgl. § 270 Abs. 4 Nr. 1 Satz 8 DA).

b) Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gemäß § 45 PStG ist hier die Frage, ob der Familienname eines vor Inkrafttreten des FamNamRG ehelich geborenen Kindes für seine nach Inkrafttreten des FamNamRG geborenen Geschwister auch dann Bindungswirkung entfaltet, wenn ein Ehegatte auf Grund der Übergangsregelung des FamNamRG seinen Geburtsnamen wieder angenommen hat und die Ehegatten von der Möglichkeit einer Neubestimmung des vom früheren Ehenamen abgeleiteten Kindesnamens (§§ 1616, 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB, jeweils a.F.) keinen Gebrauch gemacht haben.

c) Die Frage betrifft den zeitlichen Anwendungsbereich des § 1616 Abs. 2 Satz 3 BGB i.V.m. Art. 7 § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 FamNamRG. Das Beschwerdegericht hat in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (vgl. Hepting/Gaaz PStG § 31a Rn. 191, 193; Wagenitz/Bornhofen FamNamRG Teil B § 1616 BGB Rn. 67 sowie Art. 7 § 1 FamNamRG Rn. 8 und Art. 7 § 3 FamNamRG Rn. 3; offen Palandt/...

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