Leitsatz (amtlich)
Hat ein eheliches Kind, dessen Eltern keinen Ehenamen führen, unter Geltung der vorläufigen Familiennamensregelung des Bundesverfassungsgerichts vom 5.3.1991 einen aus den Familiennamen des Vaters und der Mutter zusammengesetzten Doppelnamen wirksam erhalten, so gilt diese Namensbestimmung nicht für weitere Kinder der Ehegatten, die nach dem Inkrafttreten des Familiennamensrechtsgesetzes (1.4.1994) geboren sind oder werden.
Haben die Eltern einen gemäß § 1616 Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeschlossenen Doppelnamen bestimmt, so ist die Bestimmung rechtlich unbeachtlich mit der Folge, daß ein vormundschaftsgerichtliches Verfahren einzuleiten ist.
Normenkette
BGB § 1616 Abs. 2-3; FamNamRG Art. 7 § 3
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 24.03.1995; Aktenzeichen 3 T 354/95) |
AG Würzburg (Aktenzeichen UR III 71/94) |
Tenor
Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 24. März 1995 werden zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Das im November 1994 geborene Mädchen M. ist das zweite eheliche Kind der seit 1991 verheirateten Beteiligten zu 1 und 2. Die Ehegatten führen keinen gemeinsamen Ehenamen; der Beteiligte zu 1 führt den Namen B., die Beteiligte zu 2 den Namen K. Für das am 21.4.1991 geborene erste gemeinsame Kind ist der von ihnen bestimmte, aus ihren Familiennamen zusammengesetzte Doppelname K.-B. im Geburtenbuch eingetragen worden. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben beim Standesamt in der Geburtsanzeige die Erklärung abgegeben, daß auch für ihre Tochter M. der Familienname K.-B. im Geburtenbuch eingetragen werden soll.
Der Standesbeamte hält aufgrund des am 1.4.1994 in Kraft getretenen Familiennamensrechts den gewünschten Doppelnamen für nicht eintragungsfähig. Er hat gemäß § 45 Abs. 2 PStG eine Entscheidung des Amtsgerichts beantragt. Dieses hat nach Anhörung der Standesamtsaufsicht (Beteiligter zu 3) mit Beschluß vom 12.1.1995 den Standesbeamten angewiesen, den Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 zurückzuweisen. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben jeweils im eigenen Namen sowie namens des Kindes Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die Beschwerden am 24.3.1995 zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2, die sie jeweils im eigenen Namen sowie namens des Kindes eingelegt haben. Der Beteiligte zu 3 erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme.
Entscheidungsgründe
II.
Die als nicht befristete weitere Beschwerden zulässigen Rechtsmittel (§ 49 Abs. 1 Satz 2, § 45 Abs. 2, § 48 Abs. 1 PStG; §§ 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 4, § 20 FGG) sind unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt:
Der Standesbeamte sei nicht zur Eintragung des Doppelnamens anzuhalten. Gemäß § 1616 Abs. 2 BGB könnten Eltern, die keinen gemeinsamen Ehenamen führen, ausschließlich den Familiennamen des Vaters oder der Mutter durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten zum Geburtsnamen des Kindes bestimmen. Der Gesetzgeber habe die Wahl eines aus den Namen beider Elternteile gebildeten Doppelnamens bewußt ausgeschlossen. Zwar sei für das ältere Kind unter Geltung der „Auffangregelung” des Bundesverfassungsgerichts vom 5.3.1991 [zur Verfassungswidrigkeit des § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F.] die Wahl des zusammengesetzen Doppelnamens als Geburtsname möglich gewesen. Jene Auffangregelung sei aber durch das am 1.4.1994 in Kraft getretene Familiennamensrechtsgesetz (nachfolgend: FamNamRG) abgelöst worden. Die neue Regelung des § 1616 Abs. 2 Satz 3 BGB, wonach eine von den Eltern vorgenommene Namensbestimmung auch für ihre weiteren Kinder gelte, betreffe ausschließlich den Fall, daß die Eltern den Geburtsnamen eines früher geborenen Kindes bereits unter Beachtung der Neufassung des § 1616 Abs. 2 BGB festgelegt hätten. Der wünschenswerten Namenseinheit der Geschwister komme kein Vorrang vor der gesetzlich begrenzten Gestaltungsmacht der Eltern bei der Wahl des Geburtsnamens zu. Dem berechtigten Wunsch der Eltern auf Namensgleichheit ihrer Kinder habe der Gesetzgeber durch die Übergangsvorschrift Art. 7 § 3 FamNamRG Rechnung getragen. Darüber hinaus könnten die Beteiligten zu 1 und 2 gemäß § 1355 Abs. 3 BGB binnen fünf Jahren nach der Eheschließung einen Ehenamen bestimmen, der auch nachträglich der Name ihrer Kinder werden könne.
2. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 48 Abs. 1 PStG; § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.
a) Die vom Standesbeamten gemäß § 45 Abs. 2 PStG vorgelegte Rechtsfrage betrifft – da der Sachverhalt eine Beziehung zum Übergangsrecht aufweist – den intertemporalen Anwendungsbereich des § 1616 Abs. 2 Satz 3 BGB in Verbindung mit Art. 7 § 3 FamNamRG (vgl. Hepting/Gaaz PStG § 31a Rn. 185).
aa) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, daß die Bestimmung des in das Geburtenbuch einzutragenden Familiennamens (nachfolgend: Geburtsname) nach neuem Recht zu beurteilen ist, wenn das Kind – wie hier – in der Zeit nach dem Inkrafttreten (1.4.1994) des FamNamRG vom 16.12.1993 (BGBl I S. 2054) geboren ...