Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschein
Leitsatz (redaktionell)
Handelt es sich um nach zwei verschiedene, die der BRD und der DDR angehörende Rechtsorddungen, so muss dies auch bei der Erbscheinserteilung beachtete werden.
Normenkette
BGB § 2361
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 31.05.2001; Aktenzeichen 3 T 1062/00) |
AG Kitzingen (Beschluss vom 10.04.2000; Aktenzeichen VI 459/90) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 31. Mai 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß
Nr. 1 dieses Beschlusses folgende Fassung erhält:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Kitzingen vom 10. April 2000 wird zurückgewiesen, soweit er sich gegen die Abweisung ihres Erbscheinsantrags richtet, im übrigen verworfen;
die Beschlußformel des Beschlusses des Amtsgerichts Kitzingen vom 10. April 2000 folgende Fassung erhält:
Die Anträge der Beteiligten zu 1 auf Erteilung eines neuen Erbscheins und auf Einziehung des Erbscheins vom 10. Juli 1995 werden zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 1 hat den Beteiligten zu 5 und 6 die ihnen im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 255.645 EUR (500.000 DM) festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der 1990 im Alter von 81 Jahren verstorbene Erblasser war nicht verheiratet und hatte keine Kinder. Nach ihm ist die gesetzliche Erbfolge eingetreten. Der Nachlaß besteht aus Bankguthaben von rund 3.000 DM sowie einem Grundstück in Leipzig. Der Erblasser war mit Beschluß vom 7.11.1951 wegen Geisteskrankheit entmündigt worden und unter Vormundschaft gestanden. Während des letzten Jahrzehnts seines Lebens war er in einem Alten- und Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt untergebracht; die nicht gedeckten Unterbringungskosten waren von der Sozialverwaltung getragen worden. Diese kündigte an, den Nettosozialhilfeaufwand für den Zeitraum von zehn Jahren vor dem Erbfall in Höhe von über 200.000 DM nach § 92c BSHG gegen die Erben geltend zu machen. Die im Zeitpunkt des Erbfalls noch lebenden Erben der zweiten Ordnung – eine Schwester sowie deren Tochter, die Beteiligte zu 1 – schlugen die Erbschaft mit notariell beurkundeten, dem Nachlaßgericht übersandten Erklärungen vom 12.11.1990 aus. Abkömmlinge der Großeltern des Erblassers väterlicherseits konnten nicht ermittelt werden und haben sich auf öffentliche Aufforderung hin nicht gemeldet. Von den Abkömmlingen der Großeltern des Erblassers mütterlicherseits haben mehrere die Erbschaft ausgeschlagen. Die Beteiligten zu 2 bis 4 und 6 bis 10 sind diejenigen Abkömmlinge der Großeltern des Erblassers mütterlicherseits, die die Erbschaft nicht (rechtzeitig oder formwirksam) ausgeschlagen haben. Der Beteiligte zu 5 ist der Nachlaßkonkursverwalter eines weiteren Erben der dritten Ordnung, eines nachverstorbenen Vetters des Erblassers, der die Erbschaft ebenfalls nicht ausgeschlagen hatte.
Auf Antrag des Beteiligten zu 6 hat das Nachlaßgericht am 10.7.1995 einen gemeinschaftlichen Erbschein erteilt, wonach der Erblasser von den Beteiligten zu 2 bis 4 zu je 1/18, den Beteiligten zu 6 bis 8 zu je 1/12, den Beteiligten zu 9 und 10 zu je 1/6 und von dem nachverstorbenen Vetter des Erblassers zu 1/4 beerbt wurde. Aufgrund dieses Erbscheins sind die Beteiligten zu 2 bis 4 und 6 bis 10 sowie der nachverstorbene Vetter des Erblassers als Eigentümer ins Grundbuch von Leipzig eingetragen worden.
Mit Schriftsätzen vom 23.3.1999 und 23.4.1999 hat die Beteiligte zu 1 beantragt, den Erbschein vom 10.7.1995 einzuziehen und ihr einen Erbschein zu erteilen, wonach der Erblasser von ihr allein beerbt wurde. Mit notariell beglaubigter, dem Nachlaßgericht übersandter Erklärung vom 23.4.1999 hat sie ferner die Anfechtung der Erbschaftsausschlagung vom 12.11.1990 erklärt, weil sie bei deren Abgabe irrtümlich von einer Überschuldung des Nachlasses ausgegangen sei. Mit Schriftsatz vom 15.10.1999 machte die Beteiligte zu 1 außerdem geltend, daß sie bei Unterzeichnung der Ausschlagungserklärung am 12.11.1990 infolge ihrer extremen Alkoholabhängigkeit geschäftsunfähig gewesen sei.
Mit Schreiben vom 29.3.2000 hat der Beteiligte zu 5 beim Nachlaßgericht beantragt, einen dem Erbschein vom 10.7.1995 entsprechenden Erbschein „mit ZGB-Vermerk” zur Vorlage beim Grundbuchamt Leipzig zu erteilen.
Mit Beschluß vom 10.4.2000 hat das Nachlaßgericht den Antrag auf Einziehung des Erbscheins vom 10.7.1995 „bzw.” den Antrag auf Erteilung eines neuen Erbscheins „kostenpflichtig” zurückgewiesen. Die Entscheidung über den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 5 hat es zurückgestellt.
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht mit Beschluß vom 30.6.2000 die Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens darüber angeordnet, ob die Beschwerdeführerin sich im Zeitpunkt der Ausschlagung der Erbschaft wegen einer Alkoholerkrankung in einem die freie Willensbestimmung völlig ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Gei...