Entscheidungsstichwort (Thema)
Recht der DDR
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Umstand, daß eine Ausschlagungserklärung von einem bundesdeutschen Notar beglaubigt worden ist, kann ihren gemäß § 403 Abs. 2 Satz 1 ZGB-DDR erforderlichen Zugang an das Staatliche Notariat nicht ersetzen.
2. Setzt der Erblasser in einer letztwilligen Verfügung ausdrücklich Erben ein, ohne eine nähere Bestimmung über den Umfang der Einsetzung zu treffen, so ist auch im Fall einer Nachlaßspaltung regelmäßig davon auszugehen, daß er mit dieser Verfügung sein gesamtes Vermögen und damit auch die verschiedenen Erbstatuten unterliegenden Nachlaßteile insgesamt erfassen will, sofern nicht im Einzelfall das auf einen der Teile anwendbare Recht entgegensteht. Das gilt auch dann, wenn sich der Erblasser nicht darüber im klaren sein sollte, daß er über die einzelnen Nachlaßteile selbständig verfügen kann
Normenkette
ZGB DDR § 403 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 08.04.1994; Aktenzeichen 6 T 7714/93) |
AG Garmisch-Partenkirchen (Beschluss vom 13.10.1993; Aktenzeichen VI 158/85) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4 bis 7 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 8.4.1994 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß die Beschwerde der Beteiligten zu 5 bis 7 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen vom 13.10.1993 zurückgewiesen statt verworfen wird.
II. Die Beteiligten zu 4 bis 7 haben den Beteiligten zu 1 bis 3 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,- DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die ledige kinderlose Erblasserin verstarb im Jahr 1985. Ihren letzten Wohnsitz hatte sie im Amtsgerichtsbezirk Garmisch-Partenkirchen. Dort hatte sie mit notariellem Kaufvertrag vom 16.7.1976 zusammen mit dem Beteiligten zu 4, einem ihr aus einem früheren Wohnungssverkauf bekannten Makler, einen Bauplatz erworben. Am selben Tag hatte sie, ebenfalls mit dem Beteiligten zu 4, einen Erbvertrag abgeschlossen, indem sie folgendes bestimmte:
„Ich setze hiermit Herrn …. (Beteiligter zu 4) zu meinem Alleinerben ein. Ersatzerben sind die gesetzlichen Erben von Herrn … (Beteiligter zu 4).”
Der Miteigentumsanteil an dem Grundstück stellte damals und in der Folgezeit den einzigen wesentlichen Vermögenswert der Erblasserin dar. Auf ihm wurde, wie von Anfang an beabsichtigt, ein von der Erblasserin geführtes Gästehaus errichtet. Die von dem Beteiligten zu 4 in diesem Zusammenhang geschuldeten und erbrachten Leistungen sind zwischen den Beteiligten umstritten. Da die Erblasserin die von ihr im Zusammenhang mit der Errichtung und Führung des Gästehauses eingegangen Verpflichtungen nicht erfüllen konnte, wurde das Grundstück im Jahr 1983 versteigert und von dem Beteiligten zu 4 im Rahmen der Versteigerung erworben. Der zum Zeitpunkt ihres Todes in der Bundesrepublik Deutschland befindliche Nachlaß der Erblasserin war überschuldet. Jedoch war sie als Erbin ihrer Mutter an einer Erbengemeinschaft beteiligt, zu deren Vermögen auch Grundbesitz in Mecklenburg-Vorpommern gehörte. Mindestens eines der Grundstücke war im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin nicht in Volkseigentum überführt worden.
Der Beteiligte zu 4 schlug die Erbschaft mit notariell beglaubigter Erklärung aus, ebenso seine Ehefrau (Beteiligte zu 5) und seine Kinder (Beteiligte zu 6 und 7). Sein Vater und das einzige Kind seiner Schwester (Beteiligter zu 8) erklärten die Ausschlagung zur Niederschrift des Amtsgerichts Hamburg. Sämtliche Ausschlagungserklärungen wurden dem Nachlaßgericht Garmisch-Partenkirchen zugeleitet. Nachdem auch der einzige Bruder der Erblasserin und dessen Kinder (die Beteiligten zu 1 und 3) zu notarieller Urkunde die Ausschlagung der Erbschaft erklärt hatten, stellte das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 31.1.1986 fest, daß ein anderer Erbe als der bayerische Fiskus (Beteiligter zu 9) nicht vorhanden sei.
Mit Erklärung vom 13.2.1991 an das Nachlaßgericht focht der Bruder der Erblasserin seine Ausschlagung an. Zur Begründung führte er aus, er sei davon ausgegangen, daß die in der ehemaligen DDR gelegenen Grundstücke auf Dauer für die Erben nicht zur Verfügung stehen würden. Am 16.1.1992 verstarb der Bruder der Erblasserin. Er wurde von den Beteiligten zu 1 bis 3 beerbt.
Der Beteiligte zu 1 hat am 20.3.1992 einen Erbschein beantragt, wonach die Erblasserin aufgrund Gesetzes bezüglich des im Beitrittsgebiet belegenen unbeweglichen Vermögens von ihrem Bruder allein beerbt worden sei. Er ist der Auffassung, daß die Erbeinsetzung in dem Erbvertrag vom 16.7.1976 das in der ehemaligen DDR gelegene Immobiliarvermögen nicht erfaßt habe. Jedenfalls sei die Verfügung bezüglich dieser Vermögensbestandteile unwirksam, da insoweit das Recht der ehemaligen DDR gelte, das einen Erbvertrag nicht kenne. Auch sei der Vertrag sittenwidrig und entbehre der Geschäftsgrundlage. Hilfsweise hat der Beteiligte zu 1 namens der Erben des Bruders den Erbvertrag wegen Irrtums ...