Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbvertrag
Leitsatz (redaktionell)
Der Umstand, daß die Erbeinsetzung in einem Erbvertrag enthalten ist (§ 2278 BGB), steht ihrer Wirksamkeit hinsichtlich des in der ehemaligen DDR belegenen Grundvermögens nicht entgegen.
Normenkette
RAG-DDR § 25 Abs. 2; BGB § 2278
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 27.10.1994; Aktenzeichen 13 T 8933/94) |
AG Erlangen (Aktenzeichen 1 VI 644/86) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Oktober 1994 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 2 hat der Beteiligten zu 1 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
I.
Die im Jahre 1986 an ihrem letzten Wohnort Erlangen verstorbene Erblasserin war zweimal verheiratet gewesen. Ihr im Jahr 1964 vorverstorbener zweiter Ehemann war Eigentümer mehrerer landwirtschaftlicher Grundstücke in Thüringen gewesen und als solcher noch 1993 im Grundbuch eingetragen. Er war aufgrund letztwilliger Verfügung von der Erblasserin allein beerbt worden. Die einzige Tochter der Erblasserin ist im Jahr 1970 verstorben. Deren im Zeitpunkt des Erbfalls lebende Abkömmlinge sind der Beteiligte zu 2 und die Beteiligte zu 3.
Die Erblasserin schloß zu notarieller Urkunde vom 16.9.1976 mit der Beteiligten zu 1 einen Erbvertrag. In Nr.I legte sie ihre persönlichen Verhältnisse dar und erwähnte, daß aus der Ehe ihrer verstorbenen Tochter drei Kinder hervorgegangen seien; weitere Abkömmlinge habe sie nicht. In Nr.II setzte sie zu ihrer „alleinigen und ausschließlichen” Erbin die Beteiligte zu 1 ein. Diese verpflichtete sich in Nr.III als Gegenleistung, für die Erblasserin im schon bisher geleisteten Umfang auf Lebenszeit weiterhin Hilfe im Haushalt zu erbringen, die ortsüblich vergütet werde. Der Reinwert des Nachlasses wurde mit 4 000 DM angegeben.
Am 21.8.1986, wenige Monate vor ihrem Tod, wurde für die Erblasserin wegen einer fortgeschrittenen senilen Demenz Gebrechlichkeitspflegschaft angeordnet. Am 16.12.1986 eröffnete und verkündete das Nachlaßgericht den mit der Beteiligten zu 1 geschlossenen Erbvertrag. Die anwesende Beteiligte zu 1 erklärte zur Niederschrift des Rechtspflegers, sie sei heute über die Nachlaßverhältnisse informiert worden, soweit sich diese aus dem Schlußbericht der Gebrechlichkeitspflegerin ergäben. Danach sei der Nachlaß unter Berücksichtigung noch zu ersetzender Beerdigungs- und Wohnungsrenovierungskosten überschuldet. Sie schlage die Erbschaft aus jedem Berufungsgrund aus. Das Nachlaßgericht ordnete anschließend Nachlaßpflegschaft an. Mit Verfügung vom 24.8.1987 stellte es fest, der Nachlaß sei abgewickelt und die Nachlaßpflegschaft infolge Zweckerreichung beendet. Die Erbenermittlung werde eingestellt.
Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 29.3.1993 focht die Beteiligte zu 1 ihre Ausschlagungserklärung an, weil sie nunmehr erfahren habe, daß zum Nachlaß Grundstücke in der ehemaligen DDR gehörten. Am 27.10.1993 beantragte die Beteiligte zu 1 die Erteilung eines Erbscheins, wonach die Erblasserin hinsichtlich des Eigentums und sonstiger Rechte an Grundstük-ken und Gebäuden auf dem Gebiet der ehemaligen DDR unter Anwendung des Rechts der DDR von ihr allein beerbt worden sei. Sie versicherte an Eides Statt, sie habe die Erbschaft nicht vor einem staatlichen Notariat der früheren DDR ausgeschlagen. Der Beteiligte zu 2 trat dem Antrag entgegen und kündigte seinerseits einen Erbscheinsantrag an, wonach aufgrund gesetzlicher Erbfolge er und die Beteiligte zu 3 je zur Hälfte Erben geworden seien. Er stellte die Testierfähigkeit der Erblasserin bei Abschluß des Erbvertrags in Frage und vertrat die Ansicht, die Beteiligte zu 1 habe die Erbschaft wirksam ausgeschlagen.
Das Nachlaßgericht kündigte mit Beschluß vom 1.9.1994 die Erteilung des von der Beteiligten zu 1 beantragten Erbscheins an. Der Beteiligte zu 2 legte Beschwerde ein, die das Landgericht durch Beschluß vom 27.10.1994 zurückwies. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2, der die Beteiligte zu 1 entgegentritt.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Erbvertrag sei wirksam. Erst zehn Jahre später sei für die Erblasserin wegen einer geistigen Störung Gebrechlichkeitspflegschaft angeordnet worden. Dies lasse keinen Rückschluß auf eine Testierunfähigkeit bei Abschluß des Erbvertrags zu.
Hinsichtlich der Grundstücke in der ehemaligen DDR sei Nachlaßspaltung eingetreten mit der Folge, daß das Grundvermögen als selbständiger Nachlaß anzusehen und das dort geltende Recht dafür maßgebend gewesen sei. Das Zivilgesetzbuch der DDR habe die Möglichkeit des Erbvertrags abgeschafft. Dessen grundsätzliches Verbot sei jedoch nicht beabsichtigt gewesen, daher könne ein den Formerfordernissen des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechender Erbvertrag in eine letztwillige Verfügung umgedeutet werden. Im vorliegenden Fall sei hinsichtlich der in der DDR gelegenen Grundstücke ...