Entscheidungsstichwort (Thema)

Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Welche Formvorschriften zu beachten sind, richtet sich nach der Rechtsnatur der letztwilligen Verfügung. Sie ist gegebenenfalls durch Auslegung zu bestimmen.

2. Die Mitunterzeichnung des Testaments durch einem in ihm Begünstigten verletzt auch keine zwingenden Formvorschriften für die Errichtung eines privatschriftlichen Testaments; sie gilt vielmehr als nicht geschrieben.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 2247

 

Verfahrensgang

LG Würzburg (Beschluss vom 09.09.1996; Aktenzeichen 3 T 1448/96)

AG Würzburg (Aktenzeichen 1 VI 1562/95)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 9. September 1996 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 2 hat dem Beteiligten zu 1 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 13.528,90 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die im Alter von 94 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet. Aus ihrer Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, der Beteiligte zu 1 und eine im Jahr 1974 vorverstorbene Tochter. Die Beteiligten zu 2 bis 4 sind die Kinder der Tochter aus deren Ehe mit K.

Die Erblasserin hat unter dem Datum 9.5.1985 ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Schriftstück verfaßt, das mit „Main letzter Wille” überschrieben und auch von dem Beteiligten zu 1 unterzeichnet ist. Darin bestimmt sie:

„Ich, … im Vollbesitz meiner geistigen, seelichen und köperlichen Verfassung, erteile meinen Sohn … [Beteiligter zu 1] alleinige Vollmacht in all meinen Belangen.

Gleichzeitig ermächtige ich ihn als alleinigen Verwalter und Erbe meiner Hinterlassenschaften.

Wegen seelischer Grausamkeit !! an mir – und meiner Schwester … – wird der Name „K.” (Schwiegersohn) von allem ausgeschlossen.”

Der Beteiligte zu 1 ist der Auffassung, daß er aufgrund dieses Schriftstücks testamentarisch zum Alleinerben eingesetzt sei, und hat einen entsprechenden Erbschein beantragt. Demgegenüber haben die Beteiligten zu 2 und 4 einen Erbschein entsprechend der gesetzlichen Erbfolge beantragt. Sie halten das Testament für formunwirksam, weil es auch von dem Beteiligten zu 1 unterzeichnet sei und daher einen Erbvertrag darstelle. Außerdem sei die Erblasserin bei Abfassung des Schriftstücks nicht testierfähig gewesen. Schließlich ergebe sich aus dem Schriftstück nicht die Alleinerbeneinsetzung des Beteiligten zu 1, vielmehr habe lediglich der Schwiegersohn K. von der Erbfolge ausgeschlossen werden sollen. Der Beteiligte zu 4 macht darüber hinaus geltend, daß das Schriftstück fremdbestimmt formuliert worden sei, hilfsweise hat er die letztwillige Verfügung wegen Irrtums der Erblasserin angefochten.

Das Amtsgericht hat mit Vorbescheid vom 26.4.1996 einen Erbschein entsprechend dem Antrag des Beteiligten zu 1 angekündigt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das Landgericht mit Beschluß vom 9.9.1996 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, das Schriftstück vom 9.5.1985 sei als Testament anzusehen und als solches formwirksam. Eine vertragliche Bindung gegenüber dem Beteiligten zu 1 habe die Erblasserin nicht eingehen wollen. Allein daraus, daß die Urkunde auch die Unterschrift des Beteiligten zu 1 trage, könne dies nicht gefolgert werden. Für eine Testierunfähigkeit der Erblasserin hätten sich weder aus dem Ergebnis der Befragung der Hausärzte noch aus Inhalt und Form der Testamentsurkunde Anhaltspunkte ergeben. Ohne Bedeutung sei es, ob der Beteiligte zu 1 bei der Abfassung des Schriftstücks anwesend gewesen sei und der Erblasserin gegenüber den Wunsch geäußert habe, zum Erben eingesetzt zu werden. Die Auslegung des Testaments ergebe, daß der Beteiligte zu 1 zum alleinigen Erben eingesetzt und die Angehörigen der Familie Maienschein von der Erbschaft ausgeschlossen worden seien. Das betreffe auch die Beteiligten zu 2 bis 4, selbst wenn die Erblasserin diesen alljährlich Geldzuwendungen habe zukommen lassen. Anfechtungsgründe lägen nicht vor.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) Das Landgericht hat das Testament zutreffend als formwirksam angesehen. Welche Formvorschriften zu beachten sind, richtet sich nach der Rechtsnatur der letztwilligen Verfügung. Sie ist gegebenenfalls durch Auslegung zu bestimmen (BayObLG FamRZ 1993, 1494). Das Landgericht ist insoweit rechtsfehlerfrei (vgl. zum Prüfungsmaßstab BayObLGZ 1991, 173/176) von einem einseitigen privatschriftlichen Testament ausgegangen. Das Schriftstück entspricht den Formvorschriften eines privatschriftlichen Testaments. Es ist mit „Main letzter Wille” überschrieben und enthält lediglich Verfügungen der Erblasserin, die sich, wie die Überschrift zeigt, ersichtlich auf den Todesfall beziehen. Es besteht daher eine ta...

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