Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerdeberechtigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Beschwerdeberechtigt gegen die Ablehnung einer Erbschaftseinziehung ist nur, wer ein Erbrecht beansprucht, das dem Inhalt des erteilten und nicht eingezogenen Erbschein widerspricht.

 

Normenkette

BGB §§ 2353, 2361

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 26.04.1991; Aktenzeichen 2 T 552/91)

AG Miesbach (Aktenzeichen VI 81/82)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 26. April 1991 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert der weiteren Beschwerde wird auf 5 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die im 91. Lebensjahr verstorbene Erblasserin war verwitwet. Die Beteiligten zu 1–3 sind ihre Töchter. Weitere Kinder hatte die Erblasserin nicht. Im Nachlaß befanden sich Grundstücke mit einem Verkehrswert von mehreren hunderttausend DM. Die Beteiligten zu 1–3 erklärten vor dem Nachlaßgericht, daß die Erblasserin keine Verfügung von Todes wegen hinterlassen habe. Das Nachlaßgericht hat dem Antrag der Beteiligten zu 1–3 entsprochen und ihnen einen gemeinschaftlichen Erbschein erteilt, wonach sie die Erblasserin kraft Gesetzes zu je ein Drittel beerbten.

Am 19.2.1990, acht Jahre nach dem Tod der Erblasserin, wandte sich der Beteiligte zu 4, Sohn der Beteiligten zu 2 und Enkel der Erblasserin, an das Amtsgericht mit der Behauptung, er habe den Verdacht, daß ein am 4.1.1982 errichtetes Nottestament unterschlagen worden sei, und benannte hierfür Zeugen. Außerdem hat der Beteiligte zu 4 dem Nachlaßgericht gegenüber erklärt, er fechte den Erbschein an. Das Nachlaßgericht hat ermittelt und durch Beschluß vom 5.12.1990 die Einziehung des Erbscheins abgelehnt.

Der Beteiligte zu 4 hat gegen diesen Beschluß durch seinen Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat das Rechtsmittel durch Beschluß vom 26.4.1991 als unzulässig verworfen. In dem Beschluß hat das Landgericht auch ausgeführt, es sei gerichtsbekannt, daß für den Beschwerdeführer seit 1985 Gebrechlichkeitspflegschaft angeordnet und diese seitdem nicht aufgehoben worden sei. Die Unzulässigkeit der Beschwerde hat das Landgericht mit fehlender Beschwerdeberechtigung begründet, weil der Beschwerdeführer kein Erbrecht beanspruche.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG); sie darf daher nicht wie die Erstbeschwerde verworfen werden.

a) Dem Rechtsmittel fehlt für die Zulässigkeit nicht eine Voraussetzung dafür, daß es als Verfahrenshandlung wirksam ist (vgl. Bassenge/Herbst FGG/RPflG 5. Aufl. § 27 FGG Anm. I 2 a). Hierfür mußte der Beteiligte zu 4 als Beschwerdeführer zwar verfahrensfähig sein (Bassenge/Herbst Einl. zum FGG Anm. IV 3 b), um Verfahrenshandlungen wie die Einlegung einer weiteren Beschwerde selbst oder durch einen selbstbestellten Vertreter wirksam vornehmen zu können (Bassenge/Herbst Einl. zum FGG Anm. II 4 m.w.Nachw.); seine Verfahrensfähigkeit wäre aber nur dann ausgeschlossen, wenn er geschäftsunfähig wäre (Bassenge/Herbst Einl. zum FGG Anm. II 4 c). Das ist nicht der Fall. Bis zur Feststellung des Gegenteils gilt ein Volljähriger als Verfahrens fähig (BayObLG FamRZ 1968, 95/96 m.w.Nachw.) und durch eine Gebrechlichkeitspflegschaft (§ 1910 BGB) wird die Geschäftsfähigkeit des Pfleglings nicht berührt (allg. Meinung; BayObLG NJW 1990, 775/776; Soergel/Damrau BGB 12. Aufl. § 1910 Rn. 13; Palandt/Diederichsen BGB 50. Aufl. § 1910 Rn. 13 m.w.Nachw.). Weil die Verfahrensfähigkeit von Amts wegen zu prüfen ist, dürfte das Gericht der weiteren Beschwerde trotz § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO hierüber zwar selbst Ermittlungen anstellen und Beweise erheben (allg. Meinung, z. B. BayObLGZ 1969, 7/8 m.w.Nachw.); es bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, daß beim Beteiligten zu 4 die Voraussetzungen einer Geschäftsunfähigkeit vorliegen. Hierfür käme allein § 104 Nr. 2 BGB in Betracht. Aus dem Inhalt der vom Beteiligten zu 4 eingereichten Schreiben ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß bei ihm die freie Willensbestimmung ausgeschlossen wäre. Es ist daher von der uneingeschränkten Verfahrensfähigkeit des Beteiligten zu 4 auszugehen.

b) Es fehlt auch nicht an der gemäß § 29 Abs. 4, § 20 FGG erforderlichen Beschwerdeberechtigung. Sie folgt allein schon daraus, daß die Erstbeschwerde des Beteiligten zu 4 verworfen wurde und er sich gegen diese Entscheidung des Landgerichts wendet (Bassenge/Herbst § 27 FGG Anm. I 3 a). Das genügt. Es kommt nicht darauf an, aus welchen Gründen die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wurde (allg. Meinung; z. B. BayObLGZ 1986, 118/120 m.w.Nachw.).

2. Die weitere Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, indem es die Beschwerde gegen den Beschluß des Nachlaßgerichts vom 5.12.1990 als unzulässig verworfen hat. Da das Rechtsmittel aufgrund des § 19 Abs. 1 FGG statthaft und trotz der vom Landgericht dargelegten Gebrechlichkeitspflegschaft wirksam eingelegt war, hat das Landgericht d...

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