Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschein

 

Leitsatz (amtlich)

Das Nachlassgericht ist nicht berechtigt, einen Erbschein mit einem anderen als dem beantragten Inhalt zu erteilen.

 

Normenkette

FGG § 73 Abs. 1; BGB § 2353

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 09.12.1999; Aktenzeichen 5 T 4212/99)

AG Augsburg (Aktenzeichen VI 701/99)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 9. Dezember 1999 aufgehoben, soweit darin das Nachlaßgericht zur Erteilung eines Erbscheins angewiesen worden ist.

Im übrigen wird die weitere Beschwerde verworfen.

 

Tatbestand

I.

Die am 26.2.1999 verstorbene Erblasserin war geschieden und kinderlos. Der genaue Nachlaßbestand ist noch nicht ermittelt, es sind jedoch Immobilien und Geldvermögen vorhanden.

Die Erblasserin hat am 12.1.1981 mit ihrem damaligen, 1986 vorverstorbenen Lebensgefährten einen Erbvertrag geschlossen. Darin haben sich die Vertragspartner gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Gemäß Abschnitt IV des Erbvertrages sollte der Lebensgefährte nur Vorerbe sein, als Nacherben waren zu gleichen Teilen drei Nichten der Erblasserin, die Beteiligten zu 2 bis 4, vorgesehen. Abschnitt X und XII des Erbvertrags lauten:

X.

Erben des Überlebenden von uns sollen ebenfalls zu gleichen Teilen die in Ziffer IV zu Nacherben eingesetzten Personen sein, …

XII.

Sämtliche Verfügungen in dieser Urkunde sollen erbvertragsmäßig bindend sein.

In einem notariellen Testament vom 4.8.1994 hat die Erblasserin den Beteiligten zu 1 zu ihrem Alleinerben eingesetzt und der Beteiligten zu 2 vermächtnisweise ihren gesamten beweglichen Nachlaß zugewandt. Im Rahmen der Testamentserrichtung hat sie erklärt, hieran durch keinerlei bindende Verfügungen von Todes wegen gehindert zu sein.

Der Beteiligte zu 1 hat einen Erbschein als Alleinerbe beantragt. Er vertritt, ebenso wie die Beteiligte zu 2, die Auffassung, das Testament vom 4.8.1994 sei wirksam. Die Partner des Erbvertrages aus dem Jahr 1981 hätten die Erblasserin nicht daran hindern wollen, nach dem Tod des Lebensgefährten frei über ihren Nachlaß zu verfügen. Das Nachlaßgericht hat einen diesem Antrag entsprechenden Vorbescheid erlassen. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 hat das Landgericht den Vorbescheid aufgehoben und das Nachlaßgericht angewiesen, einen Erbschein dahingehend zu erteilen, daß die Erblasserin von den Beteiligten zu 2 bis 4 zu je 1/3 beerbt worden sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2, die darin die Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung sowohl hinsichtlich der Aufhebung des Vorbescheids wie auch hinsichtlich der Anweisung zur Erteilung eines Erbscheins anstrebt.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die weitere Beschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Aufhebung des Vorbescheids durch das Landgericht richtet. Insoweit ist die Beteiligte zu 2 nicht beschwerdeberechtigt.

Gemäß § 29 Abs. 4, § 20 Abs. 2 FGG steht hier das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde nur denjenigen zu, die den dem Vorbescheid zugrundeliegenden Antrag gestellt haben oder hätten stellen können. Denn § 20 Abs. 2 FGG gilt auch für die Anfechtung von Zwischenentscheidungen, soweit diese einer Zurückweisung des Antrags gleichkommen. Der Vorbescheid ist eine solche Zwischenentscheidung. Da er gleichsam an die Stelle der abschließenden Entscheidung tritt, kommt eine den Vorbescheid aufhebende Beschwerdeentscheidung jedenfalls dann der Zurückweisung des zugrundeliegenden Erbscheinsantrags gleich, wenn das Beschwerdegericht für das Nachlaßgericht bindend die dem Antrag zugrundeliegende Erbenstellung verneint (BayObLG FamRZ 1999, 117/118). So liegt es hier. Das Landgericht hat ausgesprochen, daß die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2 bis 4 durch die Erblasserin in dem Erbvertrag vom 12.1.1981 vertragsmäßig bindend sei, in dem Testament vom 4.8.1994 nicht habe widerrufen werden können und daher der Beteiligte zu 1 nicht Erbe sei.

Gegen diese Entscheidung steht der Beteiligten zu 2 ein Beschwerderecht nicht zu, da sie nicht berechtigt gewesen wäre, einen Erbscheinsantrag zugunsten des Beteiligten zu 1 als Alleinerben zu stellen. Der Erbschein ist als ein allein dem Interesse des Erben dienender Ausweis über dessen Erbrecht gedacht. § 2353 BGB bestimmt daher, daß er „dem Erben” zu erteilen ist, und zwar nur auf Antrag. Grundsätzlich soll also allein der Erbe, d.h. derjenige, der das beantragte Erbrecht für sich in Anspruch nimmt, über die Erteilung des Erbscheins entscheiden können. Außerdem können diejenigen einen Erbschein auf den Namen des Erben beantragen, auf die dessen Berechtigung übergegangen ist, oder die den Erbschein zur Verwaltung des Nachlasses benötigen, da ihr Amt die Befugnis zur Verfügung über Nachlaßgegenstände einschließt. Dagegen wäre es mit dem Sinn und Zweck des § 2353 BGB nicht vereinbar, wenn allgemein jeder, der ein Interesse an der Erteilung eines Erbscheins hat, berechtigt wäre, diesen zu beantragen (BayObLGZ 1999, 70/72 f.). Deshalb steht nach all...

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