Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht
Leitsatz (redaktionell)
Im Beschwerdeverfahren tritt das Beschwerdegericht in vollem Umfang an die Stelle des Erstgerichts. Dies gilt jedoch nur bei unverändertem Verfahrensgegenstand. Das Beschwerdegericht darf den Verfahrensgegenstand nicht erweitern.
Normenkette
FGG §§ 19, 20 ff.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 21.07.1993; Aktenzeichen 13 T 4487/93) |
AG Hersbruck (Aktenzeichen VI 967/92) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 wird Nr. II des Beschlusses des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21. Juli 1993 aufgehoben. Im übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Erblasserin ist im Jahr 1992 im Alter von 79 Jahren verstorben. Aus ihrer einzigen Ehe sind drei Söhne hervorgegangen, die Beteiligten zu 1 bis 3. Der vorverstorbene Ehemann hatte testamentarisch die Erblasserin zur alleinigen Vorerbin und die drei Söhne zu Nacherben eingesetzt. Die Eheleute waren je zur Hälfte Miteigentümer eines Hausgrundstücks. Zum Nachlaß der Erblasserin gehören ferner Bargeld und Bankguthaben im Wert von ca. 50.000 DM, Aktien im Wert von ca. 11.000 DM und eine Lebensversicherung im Wert von ca. 1.000 DM. In den Jahren 1984 bis 1986 hatte die Erblasserin dem Beteiligten zu 1 zwei Darlehen über zusammen 60.000 DM, dem Beteiligten zu 3 ein Darlehen über 20.000 DM gewährt, wobei in den schriftlichen Darlehensverträgen jeweils bestimmt war, daß über die Rückzahlung der Darlehen noch eine Vereinbarung getroffen werden solle.
Kurze Zeit vor ihrem Tod hat die Erblasserin in einem eigenhändigen Testament vom 26.9.1992 folgendes bestimmt:
- „Meine Söhne …(Beteiligter zu 2) und …(Beteiligter zu 3) erhalten jeder zur Hälfte meine Wertpapiere, Aktien, Sparbücher und Bargeld.
- Mein Sohn …(Beteiligter zu 1) ist verantwortlich für meine Versorgung bei Alter und Krankeit. Ihm übertrage ich das Haus mit Grundstück …
- Vorempfänge sind untereinander nicht auszugleichen.”
Zwischen den Söhnen ist umstritten, in welcher Form sie am Nachlaß beteiligt sind. Insbesondere bestehen Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die als Darlehen an die Beteiligten zu 1 und 3 ausgezahlten Beträge als Vorempfänge im Sinne der Nr. 3 des Testaments zu werten und daher nicht auszugleichen sind.
Mit einem als Vorbescheid bezeichneten Beschluß vom 21.4.1993 hat das Amtsgericht, obwohl ein Erbscheinsantrag noch nicht vorlag, für den Fall eines entsprechenden Antrags die Erteilung eines Erbscheins angekündigt, wonach die Erblasserin von dem Beteiligten zu 1 zu 53,45 %, von den Beteiligten zu 2 und 3 zu je 23,275 % beerbt worden sei. Mit Schreiben vom 9.5.1993 haben die Beteiligten zu 2 und 3 die Erteilung eines entsprechenden Erbscheins beantragt. Mit Schreiben vom 12.5.1993 an das Landgericht hat der Beteiligte zu 1 gegen den Beschluß Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die Entscheidung mit Beschluß vom 21.7.1993 aufgehoben und ausgesprochen, daß für den Fall eines entsprechenden Antrages ein Erbschein erteilt werden könne, wonach die Erblasserin von dem Beteiligten zu 1 allein beerbt worden sei. Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3. Der Beteiligte zu 1 ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig.
a) Das Landgericht hat in Nr. I seiner Entscheidung den Beschluß des Nachlaßgerichts aufgehoben, mit dem dieses für den Fall eines entsprechenden Antrags die Erteilung eines Erbscheins angekündigt hat. Hiergegen ist die weitere Beschwerde statthaft mit dem Ziel, die Aufhebung des Vorbescheids zu beseitigen und dadurch die Entscheidung des Nachlaßgerichts wiederherzustellen (BayObLGZ 1991, 323/324). Die Beteiligten zu 2 und 3 sind auch beschwerdebefugt (§ 29 Abs.4 i.V.m. § 20 Abs.1 FGG), da sie ein Erbrecht in dem in dem Vorbescheid ausgewiesenen Umfang für sich in Anspruch nehmen, das durch dessen Aufhebung beeinträchtigt wird.
b) In Nr. II seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgesprochen, daß auf einen entsprechenden Antrag ein Erbschein bestimmten Inhalts erteilt werden könne, wenn nicht binnen einer bestimmten Frist weitere Beschwerde eingelegt werde. Auch ein solcher Ausspruch kann Gegenstand der weiteren Beschwerde sein. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Nachlaßgericht befugt, unter bestimmten Voraussetzungen eine derartige Verfügung zu erlassen, die dann als Vorbescheid mit der Beschwerde angegriffen werden kann (BayObLGZ 1963, 19/24; 1980, 276/280). Dann aber kann ein entsprechender Bescheid des Landgerichts, das im Beschwerdeverfahren an die Stelle des Erstgerichts tritt (Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 25 Rn. 2), nicht anders behandelt werden. Auch insoweit sind die Beteiligten zu 2 und 3 beschwerdebefugt, da durch die Entscheidung ihr behauptetes Erbrecht beeinträchtigt wird (§ 29 Abs.4 i.V.m. § 20 Abs.1 FGG).
2. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Erblasserin habe in dem Testament Bestimmungen über alle wesentlichen Bestandteile ihres Vermögens einschlie...