Leitsatz (amtlich)

1. Zur Auslegung eines Testaments, in dem der Erblasser seinen Kindern sein Geldvermögen zu gleichen Teilen, aber einem von ihnen darüber hinaus das wertmäßig höhere Grundvermögen zugewendet hat, ohne einen von ihnen als Erben zu bezeichnen.

2. Die Zuwendung eines landwirtschaftlichen Grundstücks mit der Klausel „wenn er es richtig bewirtschaftet” kann als auflösende Bedingung der Erbeinsetzung ausgelegt werden.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 2075, 2087

 

Verfahrensgang

AG Landau a.d. Isar (Entscheidung vom 27.01.1998; Aktenzeichen VI 362/97)

LG Landshut (Beschluss vom 22.12.1997; Aktenzeichen 60 T 2907/97)

 

Tenor

I. Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut vom 22. Dezember 1997 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß das Amtsgericht Landau a.d. Isar angewiesen wird, den am 27. Januar 1998 dem Beteiligten zu 4 bewilligten und erteilten Erbschein, Az.: VI 362/97, einzuziehen.

II. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben den Beteiligten zu 3 und 4 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf je DM 106.596,– festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Erblasserin verstarb am 1.8.1997 im Alter von 82 Jahren. Sie war verwitwet. Die Beteiligten sind ihre und ihres vorverstorbenen Ehemanns Kinder. Sie war Eigentümerin eines Wohnhauses mit Garten in S., das sie mit dem Beteiligten zu 4 bewohnte. Ihr gehörten weiter ca. 17 Tagwerk landwirtschaftlich genutzte Acker und Wiesen, die sie seit 1970 verpachtet hatte; am 12.9.1994 verlängerte sie den Pachtvertrag bis 30.9.1999. Zu ihrem Grundvermögen gehörten noch ca. 3 Tagwerk Wald, den die Beteiligten zu 3 und 4 bewirtschafteten.

Am 24.4.1995 errichtete sie handschriftlich ein von ihr unterschriebenes Testament mit folgendem Inhalt:

… (= Beteiligter zu 4) gehört das Anwesen mit Grund und Boden und Wald wenn er es richtig bewirtschaftet.

Das Geld von der Kreissparkasse muß redlich geteilt werden unter den Geschwistern.

Enkelkinder und Urenkelkinder bekommt ein jedes 500,– Demark von der Kreissparkasse.

Das Geld von der Volksbank gehört zur Beerdigung ….

Nach den Feststellungen des Nachlaßgerichts hat der in den Nachlaß gefallene Grundbesitz einen Wert von DM 362.410,–; weiter besteht der Nachlaß aus Bankguthaben in Höhe von DM 68.637,–.

Am 28.8.1997 beantragte der Beteiligte zu 4 die Erteilung eines Alleinerbscheins aufgrund des Testaments vom 24.4.1995. Dagegen beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 jeweils einen Erbschein, der ihr Erbrecht als gesetzliche Erben zu je 1/4 ausweisen sollte. Das Nachlaßgericht wies die Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 1 und 2 mit Beschluß vom 15.9.1997 zurück, weil die Erblasserin mit Testament vom 24.4.1995 den Beteiligten zu 4 als Alleinerben bestimmt und die beteiligten Geschwister und ihre Abkömmlinge nur mit Geldvermächtnissen bedacht habe. In den Gründen kündigte es einen dem Antrag des Beteiligten zu 4 entsprechenden Erbschein an, wenn die Beteiligten zu 1 und 2 nicht Beschwerde einlegen sollten. Die von ihnen eingelegte Beschwerde wies das Landgericht mit Beschluß vom 22.12.1997 zurück, nachdem es schriftliche Stellungnahmen der Beteiligten zu 3 und 4 eingeholt hatte. Am 27.1.1998 bewilligte das Nachlaßgericht einen Erbschein für den Beteiligten zu 4, der ihn als Alleinerben aufgrund des Testaments vom 24.4.1995 ausweist. Dieser wurde anschließend erteilt. Am 2.2.1998 legten die Beteiligten zu 1 und 2 gegen die Entscheidung des Landgerichts weitere Beschwerde ein, mit der sie ihre Erbscheinsanträge weiterverfolgen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die weiteren Beschwerden sind zulässig (§ 27 FGG).

Der dem Beteiligten zu 4 am 27.1.1998 bewilligte und erteilte Alleinerbschein läßt das Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführer nicht entfallen. Zwar verfolgen sie ausweislich der Rechtsmittelbegründung den von ihnen gestellten Antrag auf Erteilung eines Teilerbscheins zu je 1/4 als gesetzliche Erben weiter und nicht die Einziehung des nach der angegriffenen Entscheidung erteilten Erbscheins. Dennoch können die Rechtsmittelführer diese Entscheidung mit dem Ziel anfechten, ihren zurückgewiesenen Anträgen stattzugeben (vgl. BayObLG NJW-RR 1990, 1481). Da nach ihrer Auffassung der dem Beteiligten zu 4 erteilte Erbschein unrichtig ist, könnte erst nach dessen Einziehung der beantragte Erbschein erteilt werden. Das Rechtsbeschwerdebegehren schließt daher auch das Ziel der Einziehung des dem Beteiligten zu 4 erteilten Erbscheins ein (vgl. BayObLGZ 1982, 236/239). Wäre ihr Rechtsmittel nämlich in vollem Umfang begründet, müßte die Anweisung, einen Erbschein gemäß § 2353 BGB zu erteilen, davon abhängig gemacht werden, daß der erteilte, nunmehr als unrichtig erkannte Erbschein gemäß § 2361 Abs. 1 BGB einzuziehen ist (vgl. BayObLG NJW-RR 1990, 1481).

2. Das Landgericht hat ausgeführt, die Auslegung des Testaments nach dem Wortlaut und dem ihm folgenden Verständnis der Erblasserin ergebe, daß sie das Immobilienvermögen d...

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