Entscheidungsstichwort (Thema)
Testament
Leitsatz (redaktionell)
1. An den Nachweis der Errichtung eines nicht auffindbaren Testaments sind strenge Anforderungen zu stellen.
2. Über Art und Umfang seiner Ermittlungen entscheidet das Tatsachengericht im Erbscheinsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen. Hiernach hat es auch zu entscheiden, inwieweit eine förmliche Beweisaufnahme gemäß § 15 Abs. 1 FGG erforderlich ist. An Beweisanträge der Beteiligten ist es im Erbscheinsverfahren nicht gebunden.
3. Zwar verdient das förmliche Beweisverfahren (Strengbeweis) den Vorzug vor formlosen Ermittlungen, wenn es auf die Erweisbarkeit bestimmter Einzeltatsachen wie formgerechte Errichtung und Inhalt eines nicht mehr vorhandenen Testaments ankommt. Wenn die durchgeführten Ermittlungen aber zweifelsfrei ergeben haben, daß die Errichtung eines Testaments nicht festgestellt werden kann, so darf von weiteren förmlichen Ermittlungen abgesehen werden.
Normenkette
FGG § 15 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 07.01.1993; Aktenzeichen 13 T 7410/91) |
AG Fürth (Bayern) (Aktenzeichen 4 VI 1004/90) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 7. Januar 1993 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren
Beschwerde wird auf 125 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die in Sachsen geborene Erblasserin ist im Jahre 1987 in Fürth kinderlos verstorben. Ihr im Jahr 1982 vorverstorbener Ehemann, den sie aufgrund eines Einzeltestaments allein beerbt hat, soll Eigentümer eines in den 50er Jahren von den damaligen DDR-Behörden verstaatlichten Ziegeleigeländes gewesen sein. Gesetzliche Erben der Erblasserin wurden bisher nicht festgestellt; weiteres Nachlaßvermögen wurde nicht angegeben.
Die Beteiligte zu 1 ist die Tochter aus der ersten Ehe des vorverstorbenen Ehemanns der Erblasserin; die Beteiligten zu 2 und 3 sind seine Neffen.
Mit Schreiben vom 21.6.1991 hat der Beteiligte zu 2 beim Nachlaßgericht einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragt. Er behauptet, die Erblasserin habe die Beteiligten zu 1 bis 3 durch ein Testament als ihre Erben eingesetzt. Ein Testament dieses Inhalts hätten zwei Zeugen (ein in Leipzig wohnhafter Neffe des vorverstorbenen Ehemanns der Erblasserin sowie dessen Begleiter) bei ihrer Einsichtnahme in den Nachlaßakten der Erblasserin am 11.12.1990 gesehen. Hierzu legte der Beteiligte zu 2 zwei notariell beurkundete eidesstattliche Versicherungen vom 28. und 29.5.1991 vor.
Das Nachlaßgericht hat Nachforschungen nach einem Testament der Erblasserin durchgeführt und schriftliche Stellungnahmen von Beamten und Angestellten des Nachlaßgerichts eingeholt. Mit Beschluß vom 19.6.1991 hat es den Erbscheinsantrag zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten zu 1 und 2 Beschwerden eingelegt. Die Beschwerdekammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung mehrerer Zeugen; außerdem wurde eine Niederschrift über die polizeiliche Zeugenvernehmung der Nichte des vorverstorbenen Ehemanns der Erblasserin aus staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten beigezogen. Mit Beschluß vom 7.1.1993 hat das Landgericht die Beschwerden zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2, mit der er seinen Erbscheinsantrag weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Es gebe keine Anhaltspunkte für ein Testament der Erblasserin. Das angebliche Testament sei nach seiner Überzeugung in den Nachlaßakten nie vorhanden gewesen. Die gegenteiligen Aussagen der beiden Zeugen seien falsch. Deren Angaben hätten sich als eine um einen Aktenvermerk „herumkonstruierte” Erfindung erwiesen. Dieser Aktenvermerk betreffe die telefonische Anfrage einer Verwandten des vorverstorbenen Ehemanns der Erblasserin, die erklärt habe, sie benötige einen Erbschein wegen eines Grundstücks in der ehemaligen DDR. Für einen über die Zusammenhänge nicht Informierten, der ein starkes Interesse habe, Erben zu finden, sei der Inhalt dieses Vermerks mißverständlich, da davon die Rede sei, daß ein Erbschein benötigt werde und weitere Personen als „Miterben” genannt seien. Diesen Vermerk und nicht etwa das angebliche Testament habe der Zeuge A. Z. bei der Akteneinsicht teilweise abgeschrieben und dabei auch Fehler mit übernommen. Allein daraus, daß der Zeuge seine damalige Notizen dem Gericht ohne weiteres vorgelegt habe, ergebe sich nicht dessen Glaubwürdigkeit, zumal es häufig vorkomme, daß Zeugen sich über die Bedeutung der von ihnen vorgelegten Unterlagen nicht oder nicht mehr im klaren seien. Die Unrichtigkeit der Aussagen der beiden Zeugen A. Z. und G. A. ergebe sich zum einen aus den Nachlaßakten. Bereits die Todesanzeige enthalte den Hinweis, daß kein Testament vorhanden sei. Dieser Vermerk des Standesbeamten beruhe auf den Angaben der Nichte des vorverstorbenen Ehemanns der Erblasserin (im folgenden: Nichte). Es gebe keinen Grund, deren Angaben anzuzweifeln...