Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht
Leitsatz (redaktionell)
Die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit eines zur Aufklärung des Sachverhalts angehörten Beteiligten sowie der Glaubhaftigkeit seiner Bekundungen obliegt dem Gericht der Tatsacheninstanz und ist im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht nachprüfbar.
Normenkette
FGG § 27 Abs. 1 S. 2; ZPO § 561 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 04.01.1996; Aktenzeichen 2 T 5310/95) |
AG Garmisch-Partenkirchen (Aktenzeichen VI 867/93) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 4. Januar 1996 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1 hat die dem Beteiligten zu 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
I.
Die seit 1973 verwitwete Erblasserin ist im Jahr 1993 verstorben. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind ihre Söhne, die Beteiligten zu 4 bis 6 ihre Enkel.
Die Erblasserin hatte in einem notariell beurkundeten Testament vom 14.2.1975 den Beteiligten zu 1 zum alleinigen Erben ihres „in der DDR belegenen Vermögens” eingesetzt. Mit einem eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testament vom 1.9.1981 setzte sie ebenfalls den Beteiligten zu 1 als „Alleinerben” ein. Ihm sollte ihr Grundstück in München „zufallen”. Zugunsten der Beteiligten zu 4 bis 6 ordnete sie Vermächtnisse an. Die Beteiligten zu 2 und 3 seien nicht berechtigt, einen Pflichtteil zu beanspruchen, weil sie ihr Erbe schon bekommen hätten. Am 19.11.1991 errichtete die Erblasserin ein weiteres notarielles Testament, mit dem sie „alle etwa bisher getroffenen Verfügungen von Todes wegen” widerrief und den Beteiligten zu 1 zu ihrem Alleinerben einsetzte. Das in die besondere amtliche Verwahrung genommene Testament wurde ihr am 29.5.1992 zurückgegeben.
Der Beteiligte zu 1 beantragte einen Erbschein, der ihn aufgrund des Testaments vom 1.9.1981 als Alleinerben ausweisen soll. Hingegen beantragten die Beteiligten zu 2 und 3 einen Erbschein, demzufolge die Erblasserin aufgrund gesetzlicher Erbfolge von ihnen sowie dem Beteiligten zu 1 zu je 1/3 beerbt worden sei. Das Nachlaßgericht kündigte mit Vorbescheid vom 20.7.1995 die Erteilung des von den Beteiligten zu 2 und 3 beantragten Erbscheins an. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, daß durch das Testament vom 19.11.1991 alle früheren Verfügungen widerrufen worden seien. Durch Widerruf dieses Testaments sei das Testament vom 1.9.1981 nicht wieder wirksam geworden. Ein dahingehender Wille der Erblasserin habe nicht festgestellt werden können. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 1 wies das Landgericht nach Beweisaufnahme am 4.1.1996 zurück. Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. Der Beteiligte zu 2 beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Die Entscheidung des Landgerichts, die Erblasserin sei kraft Gesetzes von ihren drei Söhnen beerbt worden, so daß der Vorbescheid richtig sei, hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand. Der Beteiligte zu 1 kann das von ihm geltend gemachte Alleinerbrecht auf keines der drei von der Erblasserin errichteten Testamente stützen. Daher ist die gesetzliche Erbfolge eingetreten.
a) Das notarielle Testament vom 14.2.1975 ist – sofern man ihm überhaupt eine Alleinerbeinsetzung des Beteiligten zu 1 entnehmen könnte – durch das Testament vom 19.11.1991 widerrufen worden (§ 2254 BGB). Das den Beteiligten zu 1 begünstigende notarielle Testament vom 19.11.1991, durch das die ihn ebenfalls zum Alleinerben einsetzende privatschriftliche letztwillige Verfügung vom 1.9.1981 gemäß § 2254 BGB (nicht gemäß § 2258 BGB, wie das Landgericht ausführt) widerrufen wurde, ist seinerseits dadurch widerrufen worden, daß die in amtliche Verwahrung genommene Urkunde der Erblasserin am 29.5.1992 zurückgegeben wurde (§ 2256 Abs. 1 BGB). Zutreffend hat das Landgericht daher geprüft, ob dadurch das Testament vom 1.9.1981 gemäß § 2257 BGB wieder in Kraft getreten ist, wie wenn es nie widerrufen worden wäre (vgl. Palandt/Edenhofer BGB 55. Aufl. § 2257 Rn. 2). War nämlich der (erste) Widerruf (hier des Testaments vom 1.9.1981) gemäß § 2254 BGB, nämlich durch das Testament vom 19.11.1991, erklärt worden, so kann dieses widerrufende Testament auch gemäß § 2256 BGB widerrufen werden (vgl. BGB-RGRK/Kregel 12. Aufl. Rn. 2, Palandt/Edenhofer Rn. 1, MünchKomm/Burkart BGB 3. Aufl. Rn. 3, Soergel/Harder BGB 12. Aufl. Rn. 2, Staudinger/Firsching BGB 12. Aufl. Rn. 3, jeweils zu § 2257). Bei der Vorschrift des § 2257 BGB handelt es sich allerdings nur um eine widerlegbare Vermutung (MünchKomm/Burkart Rn. 4, Soergel/Harder Rn. 1, BGB-RGRK/Kregel Rn. 3, jeweils aaO). Ist ein gegenteiliger Wille des Erblassers feststellbar, so bleibt das frühere Testament (hier das vom 1.9.1981) widerrufen; es tritt dann die gesetzliche Erbfolge ein (vgl. Palandt/Edenhofer aaO Rn. 2).