Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenrecht
Leitsatz (redaktionell)
Der in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 BRAGO enthaltene Grundsatz gilt jedoch nur insoweit, als die gerichtliche Tätigkeit, für welche die Gebühren festgesetzt worden sind, in Bezug auf den Verfahrensgegenstand mit derjenigen des Rechtsanwalts übereinstimmt. Ist dies nicht der Fall, kann das Gericht des Rechtszuges den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig festsetzen.
Normenkette
BRAGO § 8 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 07.09.2001; Aktenzeichen 5 T 3805/97) |
AG Augsburg (Aktenzeichen VI 2157/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 7. September 2001 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Erblasserin hinterließ ein notarielles Testament vom 14.11.1990, nach dem die Beteiligten zu 3 bis 5 nach dem ersatzlosen Wegfall eines weiteren Erben jeweils zu 1/5 Erben geworden wären, in dem aber die Beteiligte zu 1 nicht bedacht ist. Mit privatschriftlichem Testament vom 24.4.1993 setzte die Erblasserin die Beteiligte zu 1 als Alleinerbin ein. Der Reinnachlaß beträgt DM 3.664.366,–.
Die Beteiligte zu 1 beantragte die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin der Erblasserin aufgrund des Testaments vom 24.4.1993 ausweist. Mit Vorbescheid vom 18.7.1997 kündigte das Nachlaßgericht die Erteilung eines dem Antrag der Beteiligten zu 1 entsprechenden Erbscheins an. Hiergegen legten die Beteiligten zu 3 bis 5 Beschwerde ein, mit der sie geltend machten, die Erblasserin sei bei Errichtung des Testaments vom 24.4.1993 nicht testierfähig gewesen; die Erbfolge richte sich nach dem Testament vom 14.11.1990, nach dem sie jeweils Miterben zu 1/5 geworden seien. Das Landgericht wies die Beschwerde mit Beschluß vom 3.8.1999 zurück. Das Nachlaßgericht erteilte der Beteiligten zu 1 am 17.8.1999 den beantragten Erbschein. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 bis 5 hob der Senat am 19.4.2000 die Entscheidung des Landgerichts auf und verwies die Sache an das Landgericht zurück. Nach weiterer Beweisaufnahme wies das Landgericht mit Beschluß vom 19.2.2001 die Beschwerde der Beteiligten zu 3 bis 5 erneut zurück und setzte den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens entsprechend dem Wert des von ihnen insgesamt beanspruchten 3/5-Anteils am Nachlaß auf DM 2.185.420,– fest.
Die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 beantragten, den Gegenstandswert ihrer anwaltschaftlichen Tätigkeit im Beschwerdeverfahren auf DM 3.664.366,– festzusetzen. Ihre Tätigkeit für die Beteiligte zu 1 sei nicht darauf beschränkt gewesen, die Ansprüche der Beteiligten zu 3 bis 5 auf 3/5 des Nachlaßvermögens zurückzuweisen, vielmehr habe sie sich auch darauf bezogen, der Beteiligten zu 1 den Gesamtnachlaß als Alleinerbin zu erhalten. Mit Beschluß vom 7.9.2001 wies das Landgericht diesen Antrag zurück. Gegen diese nach dem 11.9.2001 zugestellte Entscheidung legten die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 mit Schriftsatz vom 24.9.2001, eingegangen am selben Tag, Beschwerde ein mit dem Antrag, den Gegenstandswert für ihre Tätigkeit im Beschwerdeverfahren auf DM 3.664.366,– festzusetzen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 ist zulässig. Gegen die Ablehnung der gesonderten Geschäftswertfestsetzung für die Gebühren der anwaltlichen Tätigkeit (§ 10 Abs. 1 BRAGO) ist die befristete Beschwerde nach Maßgabe des § 10 Abs. 3 Satz 1, 3 und 4 BRAGO zulässig. Zur Entscheidung ist das Bayerische Oberste Landesgericht berufen (vgl. BayObLGZ 1985, 489/490). Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 10 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 BRAGO). Die Beschwerdeberechtigung der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 folgt aus ihrem Antragsrecht (§ 10 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 BRAGO). Der Beschwerdewert übersteigt die Beschwerdesumme von DM 100,– (§ 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO), die sich hier aus der Differenz der Anwaltsgebühren aus dem festgesetzten Geschäftswert und dem erstrebten Geschäftswert ergibt (vgl. BayObLGZ 1994, 374/375; Korintenberg/Lappe KostO 14. Aufl. § 14 Rn. 138, § 31 Rn. 58).
2. Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg.
a) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO bestimmt sich in gerichtlichen Verfahren der Wert, der für die Anwaltsgebühren maßgebend ist, grundsätzlich nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Wird der Wert für die Gerichtsgebühren gerichtlich festgesetzt, so ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend (§ 9 Abs. 1 BRAGO).
Der in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 BRAGO enthaltene Grundsatz gilt jedoch nur insoweit, als die gerichtliche Tätigkeit, für welche die Gebühren festgesetzt worden sind, in Bezug auf den Verfahrensgegenstand mit derjenigen des Rechtsanwalts übereinstimmt. Ist dies nicht der Fall, kann das Gericht des Rechtszuges den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf...