Entscheidungsstichwort (Thema)
Testament
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Errichtung und der Inhalt eines Testaments können nicht nur mit der Originalurkunde, sondern auch durch die Vorlage eines Kopie dargetan werden.
2. Ist die Urkunde nicht auffindbar, kommt der allgemein anerkannte Grundsatz zum Tragen, dass es die Wirksamkeit eines Testaments nicht berührt, wenn die Urkunde ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet worden, verlorengegangen oder sonst nicht auffindbar ist. In einem solchen Fall können Errichtung und Inhalt des Testaments mit allen zulässigen Beweismitteln bewiesen werden.
Normenkette
BGB §§ 2355, 2356 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 06.08.2001; Aktenzeichen 3 T 1219/01) |
AG Würzburg (Aktenzeichen VI 41/98) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 6. August 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß in Abänderung von Nr. 3 dieses Beschlusses der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf DM 35.915,- festgesetzt wird.
II. Die Beteiligte zu 2 hat die der Beteiligten zu 1 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 35.915,- festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die 1998 im Alter von 78 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind ihre beiden Töchter.
Es liegt ein von der Erblasserin eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Schriftstück vor, das die Überschrift „Testament” trägt und folgenden Wortlaut hat:
Ich verfüge hiermit, Meine Tochter … (Beteiligte zu 1) soll Allein-Erbe sein. Sollte meiner Tochter den Erbfall nicht erleben, so soll meine Enkelin Erbin werden. Dies ist mein überlegter Wille.
16. Okt. 1991
Auf der Grundlage dieses Testaments beantragte die Beteiligte zu 1 die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Der Erbschein wurde am 27.3.1998 vom Nachlaßgericht antragsgemäß erteilt.
Mit Schreiben vom 13.3.2000 an das Nachlaßgericht erklärte die Beteiligte zu 2 die Anfechtung des Testaments vom 16.10.1991. Aus ihr erst jetzt zugänglich gewordenen Unterlagen der Erblasserin gehe hervor, daß das Testament vom 16.10.1991 keine Gültigkeit mehr habe und die Erblasserin ein neues Testament gemacht habe.
Mit Schreiben vom 1.6.2000 legte der Ehemann der Beteiligten zu 2 die Ablichtung eines mit Schreibmaschine verfaßten, auf den 24.9.1992 datierten Schriftstücks vor, das folgenden Wortlaut hat:
Ich (Erblasserin) habe gegen meine Tochter … (Beteiligte zu 2) aus dem Rechtsstreit Aktenzeichen C 211/91 und C 45/92 keine Forderungen mehr. Die Vollstreckung wird zurückgenommen. Wir sind zu einer Einigung gekommen.
Das von … (Beteiligte zu 1) verfate und von mir abgeshriebene Testament ist hiermit ungültig. Es tritt die Gesetzliche Erbfolge ein. Es liegt kein Grund mehr vor meine Tochter …(Beteiligte zu 2) vom Erbe auszuschliesen.
Das maschinengeschriebene Schriftstück ist von der Erblasserin und der Beteiligten zu 2 unterschrieben.
Hierzu trug die Beteiligte zu 1 vor, das Schriftstück vom 24.9.1992 ende tatsächlich mit dem Satz „Wir sind zu einer Einigung gekommen”. Der folgende Absatz sei nachträglich in die Urkunde eingefügt worden. Zur Glaubhaftmachung legte die Beteiligte zu 1 eine Ablichtung des Schriftstücks vom 24.9.1992 vor, das dem in einem Räumungsrechtsstreit zwischen der Erblasserin und der Beteiligten zu 2 bevollmächtigten Rechtsanwalt am 24.9.1992 zugegangen ist und den zweiten Absatz nach der vom Ehemann der Beteiligten zu 2 vorgelegten Version des Schriftstücks nicht enthält.
Mit Schriftsatz vom 30.4.2001 trug die Beteiligte zu 2 unter Vorlage einer Ablichtung eines auf den 24.10.1992 datierten Schriftstücks der Erblasserin vor, das Testament der Erblasserin vom 16.10.1991 sei widerrufen worden. Das der Ablichtung zufolge eigenhändig geschriebene und unterschriebene Schriftstück hat folgenden Wortlaut:
Das Testament vom 16.10.1991 ist wiederrufen.
Hierzu trug die Beteiligte zu 1 vor, aus dem Schriftbild des Schriftstücks vom 24.10.1992 ergebe sich, daß dieses nicht von der Erblasserin stamme. Das angeblich von der Erblasserin stammende Widerrufstestament vom 24.10.1992 sei eine Fälschung, die erst vorgelegt worden sei, nachdem der Ehemann der Beteiligten zu 2 am 21.3.2001 in einem Zivilrechtsstreit zwischen den Beteiligten im Hinblick auf das Schriftstück vom 24.9.1992 auf die Formerfordernisse eines eigenhändigen Testaments hingewiesen worden sei.
Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 23.5.2001 die Anfechtung vom 13.3.2000 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Beteiligte zu 2 Beschwerde eingelegt. Im Beschwerdeverfahren hat das Landgericht der Beteiligten zu 2 aufgegeben, das Original des Schriftstücks vom 24.10.1992 vorzulegen. Hierzu trugen die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 mit Schriftsatz vom 30.7.2001 vor, das Original befinde sich derzeit bei einem privat beauftragten Schriftsachverständigen. Sobald das Original wieder vorliege, seien s...