Entscheidungsstichwort (Thema)

Umdeutung eines unwirksamen gemeinschaftlichen Testaments von Nichtehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das von der Erblasserin geschriebene, von ihrer Schwester mit unterzeichnete gemeinschaftliche Testament kann als solches nicht wirksam werden, weildas Gesetz ein gemeinschaftliches Testament mit Formerleichterungen gem. § 2267 BGB und Bindungswirkungen gemäß § 2271 BGB nur unter Ehegatten zulässt. Eine gemäß § 2265 BGB unwirksame letztwillige Verfügung kann in ein wirksames Einzeltestament umgedeutet werden.

2. Ein erteilter Erbschein ist auch dann unrichtig, wenn er eine engeordnete Nacherbfolge nicht enthält.

3. Letztwillige Verfügungen, die in einem gemeinschaftlichen Testament getroffen werden, sind gemäß § 2270 Abs. 1 BGB dann wechselbezüglich, wenn anzunehmen ist, daß nach dem Willen der gemeinschaftlich Testierenden die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre und die eine mit der anderen Verfügung stehen und fallen soll (BayObLG NJW-RR 1992, 1223/1224 m.w.Nachw.). Ob in einem unwirksamen gemeinschaftlichen Testament von Nichtehegatten derartige voneinander abhängige Verfügungen enthalten sind für jede einzelne Verfügung gesondert zu ermitteln. Insbesondere der Umstand, das die Zuwendung der einen and die andere Schwester hinter der gesetzlichen Erbdfolge zurückbleibt, kann gegn die Wechselbezüglichkeit sprechen.

 

Normenkette

BGB §§ 140, 2247, 2265, 2270, 2361 Abs. 1, § 2363

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 30.11.1992; Aktenzeichen 4 T 4729/91)

AG Rosenheim (Aktenzeichen VI 108/91)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 30. November 1992 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 3 hat die den Beteiligten zu 1 und 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 196.780 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die am 11.1.1991 im 82. Lebensjahr verstorbene Erblasserin war nicht verheiratet und kinderlos. Eine ihrer zwei Schwestern ist vorverstorben. Die andere Schwester, mit der die Erblasserin in häuslicher Gemeinschaft gelebt hatte, ist nach ihr am 7.4.1991 verstorben. Der Beteiligte zu 1 ist der Großneffe der Erblasserin; dessen Ehefrau ist die Beteiligte zu 2. Der Beteiligte zu 3 ist der durch Erbschein ausgewiesene Alleinerbe der nachverstorbenen Schwester. Der Nachlaß besteht aus Bankguthaben.

Das Nachlaßgericht hat ein von der Erblasserin eigenhändig geschriebenes und unterzeichnetes Testament eröffnet, welches ihre nachverstorbene Schwester mitunterzeichnet hat. Es lautet wie folgt:

„Gemeinschaftliches Testament.

Wir Schwestern … treffen hiermit folgende letztwillige Verfügungen:

  1. Wir setzen uns hiermit gegenseitig zum alleinigen Erben und ausschließlichen Vorerben ein. Der Vorerbe soll von allen gesetzlichen Beschränkungen befreit sein. Der Fall der Nacherbfolge tritt ein mit dem Tode des Vorerben.
  2. Zu Nacherben nach dem Letztversterbenden setzen wird zu gleichen Teilen ein

    R. (Beteiligter zu 1) und dessen Ehefrau

    K. (Beteiligte zu 2) …

… 28. Januar 1985

…”

Ein wortgleiches Testament, von der nachverstorbenen Schwester der Erblasserin eigenhändig ge- und unterschrieben, hatte auch die Erblasserin mitunterschrieben.

Auf Antrag der nachverstorbenen Schwester hatte das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 12.3.1991 dieser einen Alleinerbschein auf Grund gesetzlicher Erbfolge erteilt.

Nachdem diese Schwester verstorben war, haben die Beteiligten zu 1 und 2 beim Nachlaßgericht angeregt, den Erbschein als unrichtig einzuziehen. Zugleich haben sie einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragt, der sie als Miterben zu gleichen Teilen auf Grund am 7.4.1991 eingetretener Nacherbfolge nach Maßgabe des Testaments vom 28.1.1985 ausweisen soll. Zur Begründung haben sie vorgetragen, die beiden gemeinschaftlichen Testamente seien als solche zwar unwirksam; das Testament der Erblasserin könne jedoch in ein wirksames einseitiges Testament umgedeutet werden. Mit Beschluß vom 7.11.1991 hat das Nachlaßgericht den Erbschein vom 12.3.1991 als unrichtig eingezogen. Der Erbschein wurde an das Nachlaßgericht zurückgegeben. Der Beteiligte zu 3 hat Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Beschluß vom 7.11.1991 aufzuheben und ihm einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben ausweise. Das Landgericht hat nach Durchführung von Ermittlungen mit Beschluß vom 30.11.1992 die Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die „Beschwerde” des Beteiligten zu 3. Er beantragt, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und wiederholt den beim Landgericht gestellten Antrag auf Neuerteilung eines Erbscheins. Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragen, die weitere Beschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel ist als weitere Beschwerde (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG) zulässig, aber unbegründet.

Das Landgericht hat ausgeführt:

Das Nachlaßgericht habe den Erbschein vom 12.3.1991 zu Recht als unrichtig ...

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