Entscheidungsstichwort (Thema)
Testierunfähigkeit
Normenkette
BGB § 2229
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Beschluss vom 25.05.1993; Aktenzeichen 2 T 26/93) |
AG Bad Kissingen (Aktenzeichen VI 243/91) |
Tenor
- Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des Landgerichts Schweinfurt vom 25. Mai 1993 aufgehoben.
- Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Schweinfurt zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Die ledige Erblasserin ist 1991 im 80. Lebensjahr kinderlos verstorben. Für sie war durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts vom 16.3.1988 Gebrechlichkeitspflegschaft wegen Geschäftsunfähigkeit mit dem Wirkungskreis der Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge angeordnet worden. Zum Nachlaß gehören ein Wohnhaus mit Nebengebäude und Ackerland sowie Bankguthaben. Die Beteiligte zu 1 ist die Nichte der Erblasserin. Als gesetzliche Erben kommen die Schwester der Erblasserin (Beteiligte zu 2 und Mutter der Beteiligten zu 1) in Betracht, eine Stiefschwester der Erblasserin (Beteiligte zu 7), Nichten und Neffen (Beteiligte zu 3 bis 6) sowie eine Großnichte und ein Großneffe (Beteiligte zu 8 und 9).
Die Erblasserin hat in einem eigenhändig geschriebenen und unterzeichneten Testament vom 18.3.1986 die Beteiligte zu 1 als Erbin eingesetzt.
Ein weiteres eigenhändig geschriebenes und unterzeichnetes Testament vom 2.2.1988 lautet wie folgt:
ich erkläre alle bisherig von mir verfassten Testamente für ungültig.
Nach der Unterschrift der Erblasserin folgen der von ihr eigenhändig geschriebene Zusatz: “Als Zeugen waren anwesend” und danach die Unterschriften: H.… U.… … und H.… G.…
In einem weiteren handschriftlichen Testament vom 15.6.1988 hat die Erblasserin erneut alle von ihr bisher gemachten Testamente für ungültig erklärt.
Die Beteiligte zu 1 hat einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin aufgrund des Testaments vom 18.3.1986 ausweisen soll. Sie hält die letztwilligen Verfügungen vom 2.2. und 15.6.1988 wegen Testierunfähigkeit der Erblasserin für unwirksam.
Der Beteiligte zu 3 ist dem Antrag entgegengetreten; die Beteiligten zu 3, 4 und 7 haben ihrerseits einen gemeinschaftlichen Erbschein als Miterben aufgrund gesetzlicher Erbfolge beantragt.
Das Nachlaßgericht hat die Beteiligten zu 2 und 3 in Anwesenheit der Beteiligten zu 1 angehört, eine schriftliche Stellungnahme des behandelnden Hausarztes der Erblasserin eingeholt und die Pflegschaftsakten beigezogen. Als Zeugen wurden H.… G.…, H.… U.… sowie der Hausarzt vernommen, außerdem die ehemalige Gebrechlichkeitspflegerin der Erblasserin (Schwiegertochter der Beteiligten zu 7), die eine fachärztliche Bescheinigung vom 2.6.1988 eines Nervenarztes vorgelegt hatte.
Mit Beschluß vom 2.10.1992 hat das Nachlaßgericht – unter Zurückweisung des Erbscheinsantrags der Beteiligten zu 1 – einen gemeinschaftlichen Erbschein entsprechend den Anträgen der Beteiligten zu 3, 4 und 7 angekündigt.
Nachdem das Nachlaßgericht den Erbschein am 16.11.1992 erteilt hatte, hat die Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom 2.4.1993 gegen den Beschluß vom 2.10.1992 Beschwerde eingelegt. Das Nachlaßgericht hat nicht abgeholfen und mit Beschluß vom 2.4.1993 den von der Beteiligten zu 1 gestellten Antrag auf Einziehung des Erbscheins zurückgewiesen. Auch gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt.
Das Landgericht hat nach Beiziehung der Pflegschaftsakten mit Beschluß vom 25.5.1993 die Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. Sie beantragt, die Beschlüsse des Landgerichts vom 25.5.1993 sowie des Amtsgerichts vom 2.10.1992 und 2.4.1993 aufzuheben, den Erbschein vom 16.11.1992 einzuziehen und den von ihr beantragten Erbschein zu erteilen. Der Beteiligte zu 3 beantragt, die weitere Beschwerde zurückzuweisen. Den übrigen Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
Das Landgericht hat ausgeführt:
Aufgrund der beim Nachlaßgericht durchgeführten umfangreichen Beweisaufnahme sei nicht nachgewiesen, daß die Erblasserin im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 2.2.1988 testierunfähig gewesen sei.
Zwar sei in der bei den Pflegschaftsakten befindlichen Stellungnahme des Staatlichen Gesundheitsamtes vom 12.2.1988, die auf einer am 11.2.1988 durchgeführten amtsärztlichen Untersuchung beruhe, ausgeführt, die Erblasserin sei aufgrund einer geistigen Schwäche geschäftsunfähig, da zeitlich, örtlich und zur Person insgesamt nur unzureichend orientiert und nicht mehr in der Lage, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Andererseits ergebe sich aus dem Protokoll des Vormundschaftsgerichts, daß die Erblasserin am 10.3.1988 den Erklärungen der Vormundschaftsrichterin über das Wesen der Gebrechlichkeitspflegschaft und Bekanntgabe des Gutachtens sichtlich habe folgen können. Zwar habe auch der Nervenarzt Dr...