Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaßsache
Leitsatz (amtlich)
Einzelfall eines mit hoher Wahrscheinlichkeit gefälschten Testaments; Beweiswürdigung aufgrund von Sachverständigengutachten.
Normenkette
BGB §§ 2064, 2247; FGG §§ 12, 15
Verfahrensgang
AG Würzburg (Aktenzeichen VI 1569/98) |
LG Würzburg (Aktenzeichen 3 T 2/00) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 2. August 2000 in Ziff. 3 (Geschäftswertfestsetzung) aufgehoben. Im übrigen wird die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 2. August 2000 zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 2 hat die der Beteiligten zu 1 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die 1998 im Alter von 63 Jahren verstorbene Erblasserin war ledig und hatte keine Kinder. Zu ihrem Nachlaß gehören zwei Eigentumswohnungen und landwirtschaftliches Grundvermögen. Die Beteiligte zu 1 ist die Schwester der Erblasserin, die Beteiligte zu 2 deren Tochter. Diese legte ein handschriftliches Testament vor, das folgenden Wortlaut hat:
5.5.98 L.
Testament
Hiermit vererbe ich meiner Nichte (Beteiligte zu 2) meinen gesamten Besitz.
Die Beteiligte zu 2 beantragte einen Erbschein, der sie als Alleinerbin aufgrund des Testaments ausweisen sollte. Die Beteiligte zu 1 hält das Testament für gefälscht und beantragte einen Erbschein, der sie als Alleinerbin kraft Gesetzes bezeugen sollte.
Das Nachlaßgericht hat acht Zeugen einvernommen und das Gutachten einer Schriftsachverständigen eingeholt. Dieses kommt zum Ergebnis, daß der Text des Testaments ein für Nachahmungsfälschungen typisches Befundbild zeige und mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht aus der Hand der Erblasserin stamme und es sich bei der Unterschrift wahrscheinlich nicht um die Unterschrift der Erblasserin handle. Mit Vorbescheid vom 23.11.1999 kündigte das Nachlaßgericht die Erteilung eines Alleinerbscheins zugunsten der Beteiligten zu 1 an.
Gegen diese Entscheidung legte die Beteiligte zu 2 Beschwerde ein. Das Landgericht holte das Gutachten eines weiteren Schriftsachverständigen ein, der darin und in einem ergänzenden Gutachten ebenfalls zu dem Ergebnis kommt, daß die Datumsangabe und der Testamentstext mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von der Erblasserin geschrieben wurden und die Unterschrift wahrscheinlich nicht von ihr stammt, sondern daß es sich hochwahrscheinlich bzw. wahrscheinlich um Nachahmungsfälschungen handle. Mit Beschluß vom 2.8.2000 wies das Landgericht die Beschwerde der Beteiligten zu 2 zurück und setzte den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf DM 100.000,– fest. Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte die Beteiligte zu 2 weitere Beschwerde ein, mit der sie ihren Erbscheinsantrag weiterverfolgt.
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
a) Das Landgericht folgt uneingeschränkt der Entscheidung des Nachlaßgerichts und hat sich wie dieses nicht von der Echtheit des Testaments vom 5.5.1998 überzeugen können. Es hat sich dabei auf die in beiden Instanzen erholten Sachverständigengutachten gestützt und den Zeugenaussagen über angebliche Äußerungen der Erblasserin zu ihrer Erbfolge keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen.
b) Die Entscheidung des Landgerichts hält der Nachprüfung stand (§ 27 FGG, § 550 ZPO). Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme hat es weiter nicht aufklärbare Zweifel gehabt, daß das Testament vom 5.5.1998 von der Erblasserin stammt (§ 2064, § 2247 Abs. 1 BGB). Es ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, daß die Feststellungslast für die Echtheit und Eigenhändigkeit eines Testaments derjenige trägt, der Rechte aus dieser Urkunde herleiten will (BayObLG FamRZ 1985, 837). Es hat daher folgerichtig angenommen, daß die Beteiligte zu 2, die sich auf das Testament vom 5.5.1998 beruft, nicht Erbin geworden ist, sondern – wie im Vorbescheid angekündigt – die Beteiligte zu 1 als gesetzliche Erbin gemäß § 1925 Abs. 1 BGB.
aa) Die Frage, ob ein handschriftliches Testament vom Erblasser geschrieben und unterschrieben wurde, liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Die tatsächlichen Feststellungen des Beschwerdegerichts sind für das Rechtsbeschwerdegericht bindend, wenn sie rechtsfehlerfrei getroffen sind (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO). Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Beweiswürdigung nur daraufhin überprüfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG, § 2358 Abs. 1 BGB) und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei ist oder Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen zuwiderläuft, ferner ob die Beweisanforderungen vernachlässigt oder überspannt worden sind. Stützt sich der Tatrichter auf ein Gutachten, so muß die Beweiswürdigung weiter ergeben, daß das Gericht selbständig und eigenverantwortlich geprüft hat, ob es dem Gutachten folgen kann (BayObLG FamRZ 1982, 638/639; Rpfleger 1985, 240/241; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 27 Rn. 42)...