Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaß. Ermittlung der Erben und Erbscheinserteilung. Erbschein
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Feststellung der Testierunfähigkeit liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet, die Tatsachenwürdigung des Beschwerdegerichts im Rechtsbeschwerdeverfahren ist nur einer beschrankten Nachprüfung zugänglich.
2. Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit der letztwilligen Verfügung kann daher nur in besonders hervorstechenden Ausnahme fällen angenommen werden. Ein sittenwidriges Handeln Dritter kann allein keine Sittenwidrigkeit eines Testaments begründen.
3. Dieses ist ein einseitigen Rechtsgeschäft, welches nur der Erblasser vornimmt und an dem kein Dritter beteiligt ist. Ein Testament kann nur dann sittenwidrig und deshalb unwirksam sein, wenn und somit in der letztwilligen Verfügung selbst eine unredliche und deshalb verwerfliche Gesinnung des Erblassers zum Ausdruck kommt.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 21.01.1985; Aktenzeichen 2 T 935/83) |
AG Garmisch-Partenkirchen (Aktenzeichen VI 611/81) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 21. Januar 1985 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 2 hat die den Beteiligten zu 3 und 4 im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert wird auch für das erneute Verfahren der Rechtsbeschwerde auf 1 114 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
1. Am 7.9.1981 verstarb im Gemeindeteil … von … (Landkreis …) der Kaufmann … (Erblasser) im … Lebensjahr. Seit Juni 1970 war er verwitwet. Er hatte keine Kinder und hinterließ seine Schwester (Beteiligte zu 1) sowie seine Nichte …
2. Der Erblasser besaß in … (Landkreis … ein Hausgrundstück, das er mit seiner Ehefrau und nach ihrem Tode allein bewohnt hatte. Die Betreuung des Ehepaares war im Frühjahr 1970 von der Beteiligten zu 2 übernommen worden.
Vom 1.10.1979 bis zum 23.2.1980 lebte der Erblasser im Altenheim … danach wieder in seinem Haus in … Im Einverständnis des Erblassers wurde für ihn mit Beschluß des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen – Vormundschaftsgericht – vom 30.10.1979 Gebrechlichkeitspflegschaft angeordnet und Rechtsanwalt … zum Pfleger mit dem Wirkungskreis der Vermögensverwaltung, ärztlichen Betreuung und Aufenthaltsbestimmung bestellt. Danach vom Erblasser wiederholt gestellte Anträge, die Pflegschaft wieder aufzuheben, blieben letztlich ohne Erfolg. Nach einem Schlaganfall am 14.9.1980 befand er sich bis zum 3.11.1980 im Kreiskrankenhaus … und seitdem in der Klinik des Beteiligten zu 3. Dort erlitt er am 20.8.1981 einen erneuten Schlaganfall, dessen Folgen er erlag.
3. Der Erblasser errichtete in den Jahren 1979 bis 1981 15 letztwillige Verfügungen.
Im handschriftlichen Testament vom 16.3.1979 heißt es, das Vermögen des Erblassers bestehe aus Grundvermögen sowie vornehmlich aus Kapitalvermögen; als Dank für jahrelange beste wirtschaftliche Betreuung bestimme er die Beteiligte zu 2 als Alleinerbin. Es folgen mehrere Vermächtnisse. Des weiteren heißt es sodann, die Beteiligte zu 1 solle erhalten, was an Vermögen übrig bleibe. Schließlich wird der Beteiligte zu 5 als Testamentsvollstrecker eingesetzt.
Im privatschriftlichen „Nachtrag” vom 22.3.1979 bestimmte der Erblasser, die Beteiligte zu 1 solle das nach Erfüllung der Vermächtnisse noch vorhandene Kapitalvermögen erhalten.
Mit privatschriftlichem Testament vom 22.4.1979 ordnete der Erblasser ein Vermächtnis und Auflagen an.
In privatschriftlichen Testamenten vom 8.6. und 14.9.1979 bestimmte er die Beteiligte zu 2 erneut als Erbin. Mit vor dem 23.6.1980 errichtetem, privatschriftlichem Testament ohne Datum setzte der Erblasser den Beteiligten zu 5 erneut als Testamentsvollstrecker ein.
Die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2 widerrief der Erblasser mit privatschriftlichem Testament vom 25.1.1980. Mit privatschriftlichem Testament vom 22.5.1980 bestätigte er sein Testament vom „Frühjahr 1979”. Im privatschriftlichen Testament vom 1. „Junli” 1980 widerrief er eine Vermächtnisanordnung, mit privatschriftlichem Testament vom 16.2.1981 die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2. Ein privatschriftliches Testament vom 3.3.1981 enthält ein Vermächtnis mit einer Auflage, ein weiteres privatschriftliches Testament vom selben Tage sowie ein privatschriftliches Testament vom 20.3.1981 erneut den Widerruf der Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2.
Am 23.3.1981 errichtete der Erblasser sein letztes privatschriftliches Testament. Er widerrief alle bis dahin verfaßten Testamente und ordnete an, nach seinem Tode solle sein gesamtes Vermögen den Beteiligten zu 3 und 4 gehören. Beide Beteiligte hätten aus dem Erbe 150 000 DM an Rechtsanwalt … als Spende für arme Kinder sowie 1 000 DM monatlich an die Beteiligte zu 1 bis zu ihrem Tode zu leisten.
Dieses Testament legte der Erblasser am gleichen Tage dem Notar … vor, der sich zur Errichtung eines Testamentes zum Erblasser in die Klinik des Beteiligten zu 3 begeben hatte. Der Notar besprach mit dem Erblasser dessen handsc...