Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristberechnung bei Berufungsbegründungsverlängerungsgesuch § 520 Abs. 2 ZPO
Leitsatz (amtlich)
Wird die Frist zur Begründung der Berufung oder Revision um einen bestimmten Zeitraum verlängert und fällt der letzte Tag der ursprünglichen Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so beginnt der verlängerte Teil der Frist erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages (Bestätigung von BGHZ 21, 43 [44]).
Normenkette
ZPO § 222 Abs. 2, § 224 Abs. 3, § 520 Abs. 2, § 551 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des OLG Köln v. 4.8.2004 wird auf Kosten der Beklagten zu 2) und des Beklagten zu 3) als unzulässig verworfen.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 36.492,31 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche nach dem Anfechtungsgesetz geltend. Das LG hat die Beklagten mit Urteil v. 25.3.2004 antragsgemäß verurteilt. Dieses Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 29.3.2004 zugestellt. Hiergegen haben die Beklagte zu 2) und der Beklagte zu 3) form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Der 29.5.2004 war der Samstag vor Pfingsten. Mit am 1.6.2004 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz haben die Beklagten beantragt, die Berufungsbegründungsfrist um einen Monat zu verlängern. Durch Verfügung des Vorsitzenden v. 2.6.2004 wurde dem entsprochen.
Am 1.7.2004 wies die Geschäftsstelle des zuständigen Berufungssenats den Prozessbevollmächtigten der Beklagten unter Bezugnahme auf die Entscheidung OLG Rostock MDR 2004, 351 darauf hin, dass die Berufungsbegründungsfrist bereits mit Ablauf des 29.6.2004 geendet habe. Die Berufungsbegründung ging am 2.7.2004 zwischen 00.07 Uhr und 00.12 Uhr beim Berufungsgericht - mit auf 2.7.2004 datierten Schriftsatz - ein.
In seiner Verfügung v. 2.7.2004 bestätigte der Vorsitzende die Rechtsansicht der Geschäftsstelle zur Frage des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist unter Hinweis auf die Entscheidung OLG Rostock MDR 2004, 351 (OLG Rostock v. 28.7.2003 - 3 U 151/03, OLGReport Rostock 2003, 530 = MDR 2004, 351). Zugleich wies der Vorsitzende darauf hin, dass die Berufungsbegründungsfrist aber auch bei anderweitiger Berechnung (Fristablauf zum 1.7.2004) nicht eingehalten worden sei. Mit am 14.7.2004 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz haben die Beklagten Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand begehrt.
Das Berufungsgericht hat mit Beschluss v. 4.8.2004 das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten zu 2) und des Beklagten zu 3) als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich deren Rechtsbeschwerde, mit der sie geltend machen, die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Frage der Fristberechnung bei Berufungsbegründungsverlängerungsgesuchen nach § 520 Abs. 2 ZPO sei nach den vom OLG Rostock entwickelten Rechtsgrundsätzen zu beantworten. Die Berufungsbegründungsfrist sei danach zum 29.6.2004 abgelaufen. Im Hinblick auf die mehrheitlich vertretene Auffassung, wonach der Fristablauf erst zum 1.7.2004 geendet habe, treffe den Prozessbevollmächtigten kein Verschulden, so dass sich das Wiedereinsetzungsbegehren als begründet erweise.
II.
Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
Auch im Falle der Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung einer Berufung als unzulässig (§ 522 Abs. 1 S. 4 ZPO) müssen die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO vorliegen (BGH v. 7.5.2003 - XII ZB 191/02, BGHZ 155, 21 [22] = BGHReport 2003, 823 m. Anm. Jaspersen = MDR 2003, 1054). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.
Entgegen der Ansicht der Beklagten weist die vorliegende Fallgestaltung weder grundsätzliche Bedeutung auf noch sind die Voraussetzungen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gegeben.
Die hier im Vordergrund stehende Frage, welche Grundsätze für die Fristberechnung bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist an einem Samstag, Sonntag oder allgemeinen Feiertag gelten, ist nicht klärungsbedürftig i.S.v. § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Nach BGHZ 21, 43 [44] ist maßgeblich, dass der verlängerte Teil der Frist erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages beginnt (BGH, Urt. v. 28.10.1954 - IV ZR 122/54, BGH LM § 765 Nr. 1 BGB). Dieser Grundsatz, dem das Berufungsgericht im angefochtenen Beschluss gefolgt ist, hat sich bewährt und wird auch im Schrifttum einhellig gebilligt (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 224 Rz. 10; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 520 Rz. 15; Stein/Jonas/H. Roth, ZPO, 22. Aufl., § 224 Rz. 11; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 520 Rz. 14; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 224 Rz. 9; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 520 Rz. 25).
Für eine Rechtsprechungsänderung ist bereits aus Kontinuitätsgründen kein Raum (BGH v. 4.10.1982 - GSZ 1/82, BGHZ 85, 64 [66] = MDR 1983, 189; v. 25.2.1994 - V ZR 63/93, BGHZ 125, 218 [222] = MDR 1994, 985). Die entgegenstehende Entscheidung OLG Rostock MDR 2004, 351 wird im vorstehend angeführten Schrifttum übereinstimmend für unzutreffend erachtet. Sie ist als vereinzelt gebliebene abweichende Stimme nicht geeignet, eine bereits seit langem geklärte Rechtsfrage erneut in Frage zu stellen (Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 543 Rz. 5a; Hk-ZPO/Kayser, ZPO, § 543 Rz. 8).
Fundstellen
Haufe-Index 1471674 |
BB 2006, 182 |