Leitsatz (amtlich)

a) Das Verfahren über eine Vollstreckungsabwehrklage ist Familiensache, wenn und soweit der Vollstreckungstitel, gegen den sie sich richtet, eine Familiensache zum Gegenstand hat (Ergänzung zu BGH LM ZPO § 767 Nr. 47).

b) Zur Frage, wann ein Scheidungsvergleich, der vermögenswerte Zuwendungen an ein gemeinschaftliches Kind zu dessen Unterhaltssicherung vorsieht, die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind betrifft.

c) Ein Verfahren über Kosten aus einer Familiensache ist wie das Hauptsacheverfahren Familiensache. Selbst dann, wenn die Hauptsache sowohl eine Familiensache als auch eine Nichtfamiliensache zum Gegenstand hat, ist das Verfahren über die Kosten insgesamt Familiensache, wenn die Kosten einheitlich die gesamte Hauptsache betreffen und eine Zuordnung bestimmter Teile der im Streit befindlichen Kosten zu dem Teil der Hauptsache, der nicht Familiensache ist, nicht möglich ist.

d) Zur Frage, wann ein Rechtsstreit über Ansprüche aus der in einem Scheidungsfolgenvergleich getroffenen Regelung der vermögens- und güterrechtlichen Auseinandersetzung der Ehegatten Familiensache ist.

 

Normenkette

GVG § 23b Abs. 1 S. 2; ZPO § 621 Abs. 1, § 62d Abs. 1, § 767

 

Verfahrensgang

LG Köln

OLG Köln

 

Tenor

Die Revisionen der Parteien gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 26. April 1978 werden als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 202.784,– DM (Revision des Klägers: 107.000,– DM; Revision der Beklagten: 95.784,– DM) festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Ehe der Parteien ist durch Urteil vom 12. Dezember 1974 geschieden worden. Die Ehegatten hatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt. Aus der Ehe ist eine am 9. Dezember 1965 geborene Tochter hervorgegangen.

Im Scheidungsrechtsstreit hatte zunächst der Ehemann (Kläger des vorliegenden Verfahrens) die Scheidung aus dem Verschulden der Beklagten begehrt, während diese der Scheidung entgegengetreten war mit der Behauptung, die ihr vorgeworfenen Verfehlungen träfen nicht zu; dagegen unterhalte der Kläger ein ehebrecherisches Verhältnis zu einer anderen Frau. Im weiteren Verlauf des Verfahrens kam es zu Vergleichsverhandlungen der Parteien. In der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 1974 erhob die Beklagte Widerklage auf Scheidung aus dem Verschulden des Klägers, dieser nahm seine Scheidungsklage zurück und die Parteien schlossen „für den Fall einer rechtskräftigen Scheidung aus dem Verschulden des Klägers” einen gerichtlichen Vergleich über die Scheidungsfolgen mit folgendem Wortlaut:

„1. Die Parteien verzichten wechselseitig auf Unterhalt für Vergangenheit und Zukunft einschl. Notunterhalt und nehmen diesen Verzicht an.

2. Die Parteien sind sich darüber einig, daß der Hälfteanteil des Klägers am Grundstück der Parteien in B…, H…weg 27 auf die gemeinsame Tochter Vivien übertragen werden soll, belastet mit einem lebenslänglichen Nießbrauch der Bekl.

3. Die Parteien sind sich weiter darüber einig, daß der Hälfteanteil der Bekl. an dem Grundstück der Parteien in W…, W… Str. 7 unentgeltlich auf den Kläger übertragen werden soll.

4. Der Kläger verpflichtet sich, die das Grundstück in B… betreffenden Belastungen (Rückzahlungen auf Darlehen der Bausparkassen) von insgesamt von ca. 12.000,– DM abzutragen. Die Parteien gehen davon aus, daß damit monatliche Zahlungen von ca. 340,– DM verbunden sind.

Die Parteien sind sich darüber einig, daß die laufenden Zahlungen des Klägers entsprechend vermindert werden, falls seine Einkünfte einschl. Erfindervergütung unter einem Betrag von 1.800,– DM netto monatlich sinken.

Die Bekl. verpflichtet sich, die das Grundstück in B… betreffenden Belastungen von ca. 8.000,– DM (Wohnungsbauförderungsanstalt) abzutragen.

5. Die Parteien sind sich darüber einig, daß der Hausrat, mit Ausnahme der persönlichen Gegenstände des Klägers, der sich im Hause B… befindet, in das alleinige Eigentum der Bekl. übergehen soll.

6. Der Hausrat, der sich im Hause W… und in der Wohnung B… befindet, soll in das Eigentum des Klägers übergehen.

7. Die Lebensversicherungen, die bei der V… H… und bei der H… M… Versicherung abgeschlossen sind, sollen dem Kläger belassen werden.

8. Die Parteien sind sich darüber einig, daß mit der Erfüllung der in diesem Vergleich festgelegten Leistungen die gegenseitigen Ansprüche aus Zugewinngemeinschaft und Hausratsteilung ausgeglichen sind.

9. Die Parteien bitten das zuständige Vormundschaftsgericht, das Sorgerecht über die gemeinsame Tochter Vivien geb. am 9.12.1965 auf die Beklagte zu übertragen.

10. Der Kläger verpflichtet sich, zu Händen der Beklagten für den Unterhalt der Tochter Vivien monatlich 400,– DM, beginnend am 1. Januar 1975, zu zahlen.

11. Der Kläger verpflichtet sich, den auf dem Festgeldkonto bei der D…Bank E… Nr. 3879732 am 1.12.1974 befindlichen Betrag im Falle der Freigabe zur Hälfte der Tochter Vivien zum Zwecke der Ausbildungssicherung zu übereignen. Sollte das Geld ganz oder teilweise für die Ausbildung nicht benötigt werden, so kann die Tochter Vivien nach Erreichung ihres 23. Lebensjahres darüber verfügen.

12. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen im Innenverhältnis der Kläger 2/3, die Bekl. 1/3.”

Die Ehe wurde anschließend auf die Widerklage aus dem Verschulden des Klägers geschieden.

Mit Schreiben seines Anwalts vom 25. Oktober 1975 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten die Anfechtung des Vergleichs wegen arglistiger Täuschung mit der Begründung, die Beklagte habe bei Abschluß des Vergleichs verschwiegen, daß sie ein ehebrecherisches Verhältnis zu einem anderen Mann aufgenommen gehabt habe. Sie habe den Kläger dadurch bestimmt, ihr in dem Vergleich Vermögensvorteile zu gewähren, die weit über das hinausgegangen seien, was sie nach den gesetzlichen Vorschriften hätte beanspruchen können. Sie habe sich den Umstand zunutze gemacht, daß der Kläger geschieden werden wollte, dieses Ziel aber nur mit Hilfe der Beklagten habe erreichen können, weil er ihr keine Mitschuld an der Zerrüttung der Ehe habe nachweisen können.

Die Klägerin betrieb ungeachtet dieser Anfechtung die Zwangsvollstreckung wegen des in Nr. 10 des Vergleichs festgelegten Anspruchs.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich für unzulässig zu erklären, hilfsweise, die Beklagte zur Unterlassung der Zwangsvollstreckung und zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichsprotokolls zu verurteilen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich insoweit für unzulässig erklärt, als er sich auf die Ziffern 1, 2 (soweit diese das Nießbrauchsrecht betrifft), 3 bis 8, 10 und 12 bezieht, und im übrigen den Kläger mit Klage und Berufung abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Revision eingelegt. Der Kläger wendet sich gegen die Teilabweisung der Klage, während die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Das Oberlandesgericht hat im Berufungsurteil der Beklagten Vollstreckungsschutz gewährt sowie den Wert der Beschwer für den Kläger auf 43.115,– DM und für die Beklagte auf 46.885,– DM festgesetzt. Einen Ausspruch über die Zulassung der Revision enthält das Urteil nicht.

II.

Die Revisionen beider Parteien sind nicht statthaft, weil es sich bei dem Rechtsstreit in vollem Umfang um eine Familiensache nach § 23b Abs. 1 Satz 2 GVG, § 621 Abs. 1 ZPO handelt und das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen hat (§ 621d Abs. 1 ZPO).

1. Soweit die Revision der Beklagten in Frage steht, bestimmt sich die Rechtsnatur der Streitigkeit nach dem Klagebegehren, dem das Berufungsgericht in dem von der Beklagten angefochtenen Teil seines Urteils stattgegeben hat. Das Verfahren ist insoweit einheitlich Familiensache.

a) Das Berufungsgericht hat die Anfechtung des Vergleichs durch den Kläger wegen arglistiger Täuschung für wirksam erachtet, soweit der Vergleich vermögensrechtliche Regelungen zugunsten der Beklagten persönlich und hinsichtlich der laufenden monatlichen Unterhaltspflicht gegenüber der Tochter der Parteien enthielt; es hat deshalb in diesem Umfang, dem Hauptantrag des Klägers entsprechend, die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich für unzulässig erklärt.

Gegenstand des Berufungsurteils ist insoweit eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO. Der Kläger hat sein Rechtsbegehren bewußt auf dieser Wege verfolgt, wie insbesondere der unter Hinweis auf BGHZ 26, 391, 394 vorsorglich gestellte Hilfsantrag zeigt. Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Die gewählte Art der Klage ist für die Beurteilung der Frage, ob eine Familiensache vorliegt, maßgebend, ohne daß es in diesem Zusammenhang darauf ankommt, ob die Vollstreckungsabwehrklage in zulässiger Weise auf die Anfechtung des Vergleichs wegen arglistiger Täuschung gestützt werden konnte (vgl. dazu BGH LM ZPO § 767 Nr. 37 = NJW 1971, 467 m.w.N.; LM BGB § 826 (Fa) Nr. 3 und 19; LM ZPO § 794 Abs. 1 Ziff. 1 Nr. 21 und 22/23; OLG Köln MDR 1971, 671).

b) Das Verfahren über eine Vollstreckungsabwehrklage ist Familiensache, wenn und soweit der Vollstreckungstitel, gegen den sie sich richtet, eine Familiensache zum Gegenstand hat. Dies hat der Bundesgerichtshof bereits wiederholt für den Fall entschieden, daß sich die Klage gegen den Titel über einen Unterhaltsanspruch nach § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 6 GVG, § 621 Abs. 1 Nr. 4, 5 ZPO richtet (BGH FamRZ 1978, 672 = NJW 1978, 1811; FamRZ 1979, 220 = NJW 1979, 550; FamRZ 1979, 910 = NJW 1979, 2046; vgl. auch BGH FamRZ 1980, 671). Für die Klage gegen einen der Vollstreckungsabwehrklage unterliegenden Titel, der eine sonstige Familiensache zum Gegenstand hat, kann nichts anderes gelten. Die angeführte Rechtsprechung stützt sich auf die Erwägung, daß der Rechtsstreit über die Vollstreckungsabwehrklage letztlich den titulierten Anspruch betrifft, dessen Durchsetzbarkeit im Vollstreckungswege mit materiell-rechtlichen Einwendungen gegen den Anspruch bekämpft wird (§ 767 Abs. 1 ZPO), mag auch das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs nicht unmittelbar Streitgegenstand der Vollstreckungsabwehrklage sein. Dieser Gedanke greift unabhängig davon durch, wie der titulierte Anspruch materiell-rechtlich einzuordnen ist.

c) Der gerichtliche Vergleich der Parteien über die Scheidungsfolgenregelung hat insoweit, als der Vollstreckungsabwehrklage vom Berufungsgericht stattgegeben worden ist, durchweg die Regelung von Familiensachen zum Gegenstand.

aa) Die Nr. 10 des Vergleichs, aus der die Klägerin die Zwangsvollstreckung betrieben hat, betrifft die gesetzliche Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner ehelichen Tochter im Sinne von § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 GVG, § 621 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Der Umstand, daß sich der Kläger nicht gegenüber seiner Tochter, sondern gegenüber der Beklagten verpflichtet hat, an diese den für die Tochter bestimmten Unterhaltsbetrag zu zahlen, steht dem nicht entgegen (BGH FamRZ 1978, 672 = NJW 1978, 1811; vgl. auch BGHZ 71, 264, 275). Der Kläger war seiner Tochter kraft Gesetzes unterhaltspflichtig, und zwar, wenn die Pflege und Erziehung des Kindes, wie im Vergleich vorgesehen, allein von der Mutter übernommen wurde, in Form einer Geldrente (§§ 1601 ff., 1606 Abs. 3, 1612 BGB). Danach ist davon auszugehen, daß sich die Vergleichsregelung auf den gesetzlichen Unterhaltsanspruch des Kindes beziehen und lediglich im Verhältnis der Parteien zueinander dessen Höhe festlegen und seine Erfüllung regeln sollte (BGH FamRZ 1979, 910 m.w.N.). Selbst wenn der vereinbarte Betrag von monatlich 400,– DM, wie der Kläger im Rechtsstreit geltend gemacht hat, höher gewesen wäre als der Betrag, den der Kläger nach den tatsächlichen Verhältnissen kraft Gesetzes geschuldet hätte, könnte daraus für sich allein noch keine selbständige, vom gesetzlichen Anspruch losgelöste Unterhaltsregelung entnommen werden (vgl. hierzu Brühl/Göppinger/Mutschler, Unterhaltsrecht 3. Aufl. Teil 1 Rdnr. 910, 915).

bb) Die Vereinbarungen in Nr. 2 (soweit diese die Bestimmung des Nießbrauchsrechts für die Beklagte betrifft) und in Nr. 3 bis 8 des Vergleichs, hinsichtlich deren das Berufungsgericht die Zwangsvollstreckung ebenfalls für unzulässig erklärt hat, enthalten eine umfassende Regelung der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung der Parteien, in der die Gegenstände des Aktivvermögens und die Tragung der Verbindlichkeiten zwischen den Parteien in bestimmter Weise aufgeteilt wurden. Diese Regelung diente, wie die Nr. 8 des Vergleichs ausdrücklich ergibt, dem Ausgleich der gegenseitigen Ansprüche „aus Zugewinngemeinschaft und Hausratsteilung”. Daneben umfaßt sie auch die Aufhebung und Auseinandersetzung der Rechtsgemeinschaft der Parteien an einzelnen Vermögensgegenständen, denn aus dem Vergleich ergibt sich, daß jedenfalls die in die Vermögensverteilung einbezogenen Grundstücke im Miteigentum der Parteien gestanden hatten.

Beide Regelungsbereiche wären – jeweils für sich allein betrachtet – unterschiedlich zu qualifizieren. Ansprüche, die in einer Scheidungsfolgenvereinbarung der Ehegatten zur Auseinandersetzung güterrechtlicher Beziehungen begründet werden, sind ebenso wie die gesetzlicher Auseinandersetzungsansprüche, die damit modifiziert werden sollen, dem ehelichen Güterrecht im Sinne von § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 GVG, § 621 Abs. Nr. 8 ZPO zuzurechnen (Senatsbeschluß vom 25. Juni 1980 – IV b ARZ 505/80 – EBE 1980, 293 = FamRZ 1980, 878; vgl. auch BGH NJW 1978, 1923 = FamRZ 1978, 771 (L); NJW 1980, 193; ebenso OLG Hamm FamRZ 1979, 1035, 1036; OLG Karlsruhe FamRZ 1979, 56). Dagegen hat ein Vertrag über die Auseinandersetzung einer wechselseitigen Beteiligung an einzelnen Vermögensgegenständen nicht den Charakter einer Familiensache (BGH NJW 1978, 1923; BayObLG NJW 1980, 194). Wenn sich daher die zur Auseinandersetzung der güterrechtlichen Beziehungen begründeten Ansprüche und die Ansprüche aufgrund der allgemeinen vermögensrechtlichen Auseinandersetzung trennen ließen, würde nur der Streit über die erstere Familiensache sein (BGH FamRZ 1080, 571). Eine solche Unterscheidung und Trennung ist jedoch im vorliegenden Fall innerhalb der zwischen den Parteien vorgenommenen Vermögensaufteilung nicht möglich. Die Parteien haben diese Aufteilung und die Vereinbarung ihrer wechselseitigen Beteiligung an der Tilgung der Verbindlichkeiten einheitlich sowohl zur Regelung der güterrechtlichen Auseinandersetzung als auch zur Regelung der Auseinandersetzung der sonstigen vermögensrechtlichen Beziehungen getroffen, ohne daß eine Zuordnung bestimmter Ansprüche zu einem der beiden Regelungsbereiche möglich wäre. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, daß sämtliche Ansprüche – zumindest auch – der Auseinandersetzung der güterrechtlichen Beziehungen dienen mit der Folge, daß der Rechtsstreit über sämtliche Ansprüche Familiensache ist (Senatsbeschluß vom 25. Juni 1980 – IV b ARZ 505/80).

Die Nr. 12 des Vergleichs, hinsichtlich deren das Berufungsgericht der Vollstreckungsabwehrklage ebenfalls stattgegeben hat, enthält eine den Kläger belastende Kostenregelung, die einheitlich den Ehescheidungsrechtsstreit und den gesamten Scheidungsfolgenvergleich umfaßt. Ein Verfahren über Kosten aus einer Familiensache ist wie das Hauptsacheverfahren Familiensache (vgl. BGH FamRZ 1973, 585; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO 38. Aufl. § 621 Anm. 1). Selbst dann, wenn die Hauptsache sowohl eine Familiensache als auch eine Nichtfamiliensache zum Gegenstand hat, ist das Verfahren über die Kosten insgesamt Familiensache, wenn die Kosten einheitlich die gesamte Hauptsache betreffen und eine Zuordnung bestimmter Teile der im Streit befindlichen Kosten zu dem Teil der Hauptsache, der nicht Familiensache ist, nicht möglich ist.

dd) Das Berufungsgericht hat auch die Nr. 1 das Vergleichs, in der die Parteien wechselseitig auf Unterhalt verzichtet haben, als Teil der vermögensrechtlichen Gesamtauseinandersetzung der Parteien angesehen und in dem der Klage stattgebenden Teil des Urteilsspruchs mit aufgeführt. Die Regelung in Nr. 1 des Vergleichs hätte auch dann, wenn sie nicht als Teil der vermögens- und güterrechtlichen Auseinandersetzung anzusehen wäre, eine Familiensache zum Gegenstand (§ 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 GVG; § 621 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Für die Statthaftigkeit des Rechtsmittels der Beklagten kommt es darauf jedoch nicht entscheidend an, denn die Regelung in Nr. 1 des Vergleichs kann trotz des Wortlauts der Formel des Berufungsurteils sachlich nicht als Gegenstand dieses Urteils und des Revisionsangriffs der Beklagten angesehen werden. Die Klage, über die das Berufungsgericht entschieden hat, war sowohl im Haupt- wie im Hilfsantrag nicht auf die Feststellung der Nichtigkeit des Vergleichs gerichtet, sondern hatte nur die Bekämpfung der Vollstreckung aus dem Vergleich durch die Beklagte zum Ziel. Aus dem in Nr. 1 des Vergleichs erklärten Unterhaltsverzicht konnten sich aber offensichtlich und zweifelsfrei keine vollstreckungsfähigen Ansprüche zugunsten der Beklagten ergeben. Der Aufnahme der Nr. 1 des Vergleichs in die Urteilsformel kommt daher in dem hier bedeutsamen Zusammenhang kein sachlicher Gehalt zu.

2) Auch hinsichtlich der Revision des Klägers ist das Verfahren in vollem Umfang Familiensache.

a) Das Berufungsgericht hat die Teilabweisung der Klage damit begründet, daß die Parteien die Regelungen in Nr. 9 sowie in den Nrn. 2 (soweit diese die Eigentumsübertragung betrifft) und 11 des Vergleichs, die der langfristigen Unterhalts- und Ausbildungssicherung der Tochter hätten dienen sollen, auch dann vorgenommen hätten, wenn sie die Nichtigkeit der anderen Bestimmungen gekannt hätten.

Mit seiner hiergegen gerichteten Revision macht der Kläger geltend, daß die genannten Bestimmungen des Vergleichs keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hätten und daher nicht Gegenstand seiner Klage gewesen seien, so daß die Klage nicht zum Teil hätte abgewiesen werden dürfen; vorsorglich wendet er sich gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, daß diese Vergleichsbestimmungen in ihrer Wirksamkeit von der Anfechtung des Vergleichs nicht berührt worden seien.

b) Der Kläger begehrt danach – jedenfalls im Revisionsrechtszug – hinsichtlich derjenigen Bestimmung des Vergleichs, auf die sich die Abweisung der Klage bezieht, nicht, jedenfalls nicht in erster Linie, die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären oder ihre Unterlassung zu gebieten; nach seiner Auffassung wäre ein solches Begehren mangels Vollstreckbarkeit der einschlägigen Vergleichsbestimmungen unzulässig. Sein Revisionsantrag ist vielmehr dem sachlichen Gehalt nach darauf beschränkt, die in Bezug auf diese Vergleichsbestimmung ausgesprochene Abweisung der Klage ohne ersetzende Entscheidung zu beseitigen.

Für die Frage, ob eine Familiensache vorliegt, kommt es auch in einem solchen Fall auf das Rechtsbegehren an, dessen Abweisung die Revision – wenn auch in erster Linie aus formell-rechtlichen Gründen und ohne positiven Antrag in der Sache – bekämpft. Der Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens und dessen Rechtsnatur werden insoweit durch das angefochtene Urteil bestimmt. Die Problematik weist eine gewisse Parallele zu dem Fall auf, daß eine vom Kläger einseitig für erledigt erklärte Klage als von Anfang an unbegründet abgewiesen wird und der Kläger mit einem Rechtsmittel den Antrag, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, weiterverfolgt (vgl. BGH NJW 1972, 112). In einem solchen Fall kann nicht zweifelhaft sein, daß das Rechtsmittelverfahren Familiensache ist, obwohl der im Rechtsmittelzug verfolgte Antrag nicht mehr ein familienrechtliches Begehren verfolgt, sondern nur noch den formell-rechtlichen Ausspruch der Erledigung des Rechtsstreits erstrebt. Im hier vorliegenden Fall kann nichts anderes gelten.

c) Die Frage, ob das Verfahren Familiensache ist, richtet sich daher auch hinsichtlich der Revision des Klägers danach, ob die Bestimmungen des Vergleichs, auf die sich der angefochtene Teil des Berufungsurteils bezieht, Familiensachen zum Gegenstand haben.

Für die Nr. 9 des Vergleichs, auf die das Berufungsgericht seine klageabweisende Entscheidung in den Urteilsgründen ausdrücklich erstreckt hat, kann dies nicht zweifelhaft sein (§ 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GVG; § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Es bedarf daher in diesem Zusammenhang keiner weiteren Prüfung, ob diese Bestimmung, die zweifelsfrei keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat (vgl. BGHZ 33, 54), trotz der ausdrücklichen Erwähnung in den Urteilsgründen sachlich überhaupt Gegenstand des Berufungsurteils war.

Die in Nr. 2 und 11 des Vergleichs zugunsten der Tochter der Parteien getroffenen Vereinbarungen könnten allerdings für sich allein betrachtet nicht in den Katalog der Familiensachen nach § 23b Abs. 1 Satz 2 GVG, § 621 Abs. 1 ZPO eingeordnet werden. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß diese Vereinbarungen vier langfristigen Ausbildungs- und Unterhaltssicherung dienen sollten. Diese Auffassung findet hinsichtlich der Regelung in Nr. 11 des Vergleichs eine gewisse Stütze in der dort angeführten Zweckbestimmung des für die Tochter der Parteien vorgesehenen Geldbetrages. Nach Art, Umfang und Modalitäten der Zuwendungen handelte es sich jedoch ersichtlich nicht um die Ausgestaltung und Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind (vgl. BGH Beschluß vom 4. Oktober 1978 – IV ARZ 84/77 = FamRZ 1978, 873, insoweit in BGHZ 72, 182 nicht mit abgedruckt). Die Unterhaltsrente, auf die die Tochter der Parteien gegenüber dem Kläger Anspruch hatte, ist in Nr. 10 des Vergleichs geregelt. Die Zuwendung des Miteigentumsanteils an dem Grundstück gemäß Nr. 2 des Vergleichs wird vom gesetzlichen Unterhaltsanspruch nicht umfaßt und ist im übrigen auch im Vergleich nicht in Beziehung zum Unterhaltsanspruch der Tochter gesetzt. Die Zuwendung eines Geldbetrages gemäß Nr. 11 des Vergleichs, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts einen Betrag von 75.000 DM umfaßt hätte, kann ebenfalls nicht als Ausgestaltung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs angesehen werden, und zwar schon deshalb nicht, weil der Betrag neben der festgelegten Unterhaltsrente gezahlt werden und der Tochter unabhängig von einer Unterhaltsbedürftigkeit spätestens nach Erreichung ihres 23. Lebensjahres zur freien Verfügung überlassen sein sollte.

Die zugunsten der Tochter der Parteien in Nr. 2 und 11 des Vergleichs getroffenen Regelungen können jedoch für die Beurteilung der Frage, ob sie im Verhältnis der Parteien zueinander eine Familiensache zum Gegenstand haben, nicht isoliert betrachtet werden. Nach den Feststellungen, die das Berufungsgericht zu den in Frage stehenden Vermögenswerten getroffen hat (und von denen in den Vorinstanzen lediglich die Beklagte die Bewertung des für sie vorgesehenen Nießbrauchsrechts als zu hoch beanstandet hat), sollte die Beklagte nach dem Vergleich erheblich geringere Vermögenswerte erhalten, als sie ihr bei Durchführung einer Vermögensauseinandersetzung und eines Zugewinnausgleichs nach den gesetzlichen Vorschriften (ohne eine Zuwendung an die Tochter der Parteien) zugestanden hätten. Das spricht dafür, daß die vorgesehenen Zuwendungen des Klägers an das eheliche Kind in die vertragliche Regelung der Parteien über die Auseinandersetzung ihrer vermögens- und güterrechtlichen Beziehungen mit einbezogen waren, denn die Beklagte hat offensichtlich im Hinblick auf die Zuwendungen an das Kind ihre persönlichen Ansprüche eingeschränkt. Daß die Zuwendungen an das Kind in die vermögensrechtliche Gesamtauseinandersetzung zwischen den Parteien einbezogen waren, ergibt auch die Fassung der Ausgleichsklausel in Nr. 8 des Vergleichs, die den Ausgleich der güterrechtlichen Beziehungen einheitlich an die Erfüllung sämtlicher in dem Vergleich festgelegter Verpflichtungen anknüpfte.

Die Vergleichsbestimmungen, die Zuwendungen an die Tochter der Parteien vorsahen, sind daher mit Inhalt der als güterrechtlich zu qualifizierenden Auseinandersetzung der Parteien mit der Folge, daß Streitigkeiten über daraus abgeleitete Ansprüche zwischen den Parteien Familiensache sind. Die Rechtsnatur dieser Streitigkeiten als Familiensache bleibt im übrigen unberührt von der zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob materiell-rechtlich eine Teilnichtigkeit des Vergleichs in Betracht kommen konnte. Ebenso ist die Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreits als Familiensache unabhängig davon, ob auch die Tochter der Parteien aus der Vergleich unmittelbar Rechte ableiten kann und ob ein Rechtsstreit über einen Anspruch der Tochter, die in keinen güterrechtlichen Beziehungen zu den Parteien stand, als Nichtfamiliensache anzusehen wäre.

3. Die Revision beider Parteien wären danach gemäß § 621d Abs. 1 ZPO nur dann statthaft, wenn sie vom Berufungsgericht zugelassen worden wären. Wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entscheiden hat, ist die bei einem Wert der Beschwer von mehr als 40.000 nach §§ 545, 546 Abs. 1 ZPO gegebene zulassungsfreie Revision in Familiensachen auch dann ausgeschlossen, wenn diese vermögensrechtliche Ansprüche zum Gegenstand haben (BGH FamRZ 1979, 220 = NJW 1979, 550; FamRZ 1979, 910 = NJW 1979, 2046). Dies gilt auch in Übergangsfällen, in denen – wie hier – der Rechtsstreit vor dem Inkrafttreten des 1. EheRG rechtshängig geworden ist (BGH FamRZ 1980, 551 = NJW 1980, 1626; vgl. auch BVerfG Beschl. Vom 15. September 1980 – 1 BvR 424/80). Maßgebend für die Einschränkung der Revision ist dabei die materielle Rechtsnatur der Streitigkeit. Liegt materiell eine Familiensache vor, dann richtet sich die Statthaftigkeit der Revision auch dann nach § 621d ZPO, wenn der Rechtsstreit im Berufungsverfahren nicht von einem Senat für Familiensachen (§ 119 Abs. 2 i.V.m. § 23b Abs. 1 Satz 1 GVG) sondern – wie hier – von einem Senat für allgemeine Zivilsachen entschieden worden ist (BGH FamRZ 1979, 220 = NJW 1979, 550).

Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht möglicherweise nicht erkannt, daß eine Familiensache vorlag und das Urteil ohne Zulassung der Revision nicht anfechtbar war. Hier für spricht, daß das Berufungsgericht in seinem Urteil für beide Parteien den Wert der Beschwer über 40.000 DM festgesetzt und dem Beklagten Vollstreckungsschutz gewährt hat. Das Urteil ergibt auch nicht, daß das Berufungsgericht eine vorsorgliche Zulassung der Revision in Erwägung gezogen hat. Selbst wenn jedoch das Berufungsgericht irrtümlich einen Fall der zulassungsfreien Revision angenommen und deshalb nicht geprüft haben sollte, ob die Voraussetzungen der Zulassung gegeben gewesen wären, würde dies an der Unstatthaftigkeit des Rechtsmittels nichts ändern (BGH FamRZ 1980, 233 = NJW 1980, 785; FamRZ 1980, 551 = NJW 1980, 1626).

4. Für den Streitwert ist maßgebend, inwieweit eine Zwangsvollstreckung der Beklagten aus dem Vergleich in Betracht kam. Damit scheiden für die Streitwertbemessung die Nr. 1, 3, 6, 7, 8 und 9 des Vergleichs aus, da diese entweder überhaupt keinen vollstreckungsfähigen Inhalt haben oder jedenfalls für die Beklagte keine Vollstreckungsmöglichkeit boten. Das gleiche gilt für die Nr. 4 des Vergleichs, soweit darin eine Verpflichtung der Beklagten enthalten ist. Ebenso muß auch die Nr. 5 des Vergleichs unberücksichtigt bleiben; sie wirkte sich zwar zugunsten der Beklagten aus, beschränkte sich aber auf die Abgabe einer Übereignungserklärung ohne zusätzlichen, einer Vollstreckung zugänglichen Inhalt. Auch wenn das Berufungsgericht diese Bestimmungen in seinen Urteilsspruch einbeziehen wollte, wirkt sich dies auf den Streitwert nicht erhöhend aus, weil das Begehren des Klägers im Haupt- und Hilfsantrag nur auf die Bekämpfung der Vollstreckungsmöglichkeit aus dem Vergleich durch die Beklagte gerichtet war und der Urteilsspruch in seinem sachlichen Gehalt hierauf beschränkt war. Dagegen müssen die Nr. 2 und 11 des Vergleichs in die Streitwertbemessung einbezogen werden. Der Kläger spricht zwar auch diesen Bestimmungen einen vollstreckungsfähigen Inhalt ab. Das Berufungsgericht hat sein Urteil jedoch ausdrücklich darauf erstreckt, und eine Vollstreckungsmöglichkeit für die Beklagte gemäß § 888 ZPO kann insoweit jedenfalls nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden (vgl. OLG Braunschweig NJW 1979, 1929; OLG Koblenz 1976, 380; Zöllen/Scherübel, ZPO 12. Aufl. § 888 Anm. II und § 4 Anm. I 3).

Hinsichtlich der Bewertung der danach maßgebenden Vergleichsbestimmungen kann im einzelnen von den im Berufungsurteil festgestellten Werten ausgegangen werden. Soweit die Parteien im Revisionsverfahren die bisherige Bewertung des Anspruchs aus Nr. 11 des Vergleichs in Zweifel gezogen haben, handelt es sich um nicht näher belegte und einander widersprechende Angaben, die nicht Grundlage einer vom bisherigen Vortrag abweichenden Festsetzung sein können. Hinsichtlich der bekämpften Vollstreckung aus Nr. 10 des Vergleichs ist – unter Berücksichtigung eines Rückstandsbetrags – der vom Kläger unwidersprochen angegebene Streitwert von 5.734) zugrunde zu legen (§ 17 GKG).

Damit ergibt sich folgende Bewertung:

a) Revision der Beklagten:

78.000 DM

Bestellung des Nießbrauchs gemäß Nr. 2 des Vergleichs

12.000 DM

Freistellung von Belastungen gem. Nr. 2 des Vergleichs

5.754

Unterhaltsanspruch gemäß Nr. 10 des Vergleichs

95.734 DM

Der Kostenerstattungsanspruch aus Nr. 12 des Vergleichs bleibt bei der Streitwertbemessung gemäß § 4 ZPO außer Betracht (BGH NJW 1968, 1275; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, a.a.O. Anhang zu § 3 ZPO, Stichwort: Vollstreckungsabwehrklage).

b) Revision des Klägers:

32.000 DM

Übertragung des Miteigentumsanteils gemäß Nr. 2 des Vergleichs (Wert ohne die in Nr. 4 geregelten Belastungen 110.000 DM abzüglich des bereits bei der Revision der Beklagten berücksichtigten Wertes des Nießbrauchs von 78.000 DM)

75.000 DM

Anspruch aus Nr. 11 des Vergleichs

107.000 DM

 

Fundstellen

Haufe-Index 609563

NJW 1981, 346

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