Leitsatz (amtlich)
1a. Das Grundbuchamt darf zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nach § 35 Abs. 2 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GBO ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder Europäisches Nachlasszeugnis nur verlangen, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung von Todes wegen Zweifel tatsächlicher Art ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können.
1b. Ist ein nachlassgerichtliches Verfahren anhängig, in dem das Nachlassgericht Zweifeln an der Testierfähigkeit des Erblassers bei Errichtung des Testaments oder sonstigen Einwänden gegen die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung nachgeht, muss das Grundbuchamt die beantragte Eintragung der durch eine Verfügung des Testamentsvollstreckers bewirkten Rechtsänderung davon abhängig machen, dass dessen Verfügungsbefugnis durch ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder Europäisches Nachlasszeugnis nachgewiesen wird.
Der in dem Grundbuch eingetragene Testamentsvollstreckervermerk nach § 52 GBO soll lediglich negativ die Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Erben kundtun und auf diese Weise verhindern, dass ein Dritter in Unkenntnis der Testamentsvollstreckung das Eigentum an dem Grundstück gutgläubig von dem oder den Erben erwirbt. Er ist daher nicht geeignet, gegenüber dem Grundbuchamt den nach § 35 Abs. 2 GBO erforderlichen Nachweis der Befugnis des Testamentsvollstreckers zur Verfügung über das Nachlassgrundstück zu erbringen, und vermittelt keinen guten Glauben an das Bestehen oder Fortbestehen der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers über das Nachlassgrundstück.
Normenkette
GBO § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 2, Abs. 2 Hs. 1, Abs. 2 Hs. 2, § 52; BGB § 891 Abs. 1, § 892 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. Januar 2023 wird auf Kosten des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 292.500 €.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Beteiligte zu 1 ist in dem notariellen Testament der früheren Eigentümerin des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks (nachfolgend Erblasserin) aus dem Jahr 2013 zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Die Erblasserin verstarb im Januar 2020. Sie hatte testamentarisch drei Personen zu Erbinnen eingesetzt (nachfolgend testamentarische Erbinnen), die im Mai 2020 als Eigentümerinnen des Grundstücks in Erbengemeinschaft in das Grundbuch eingetragen wurden. Zugleich wurde in das Grundbuch der Vermerk eingetragen, dass die Testamentsvollstreckung angeordnet ist. Mit notariellem Vertrag vom 4. November 2020 verkaufte der Beteiligte zu 1 als Testamentsvollstrecker ohne Beteiligung der testamentarischen Erbinnen das Grundstück an den Beteiligten zu 2, für den in der Folge eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen wurde. Im Februar 2021 übersandte das Nachlassgericht dem Grundbuchamt auszugsweise einen Schriftsatz, mit dem der Rechtsanwalt des Bruders der Erblasserin für diesen die Erteilung eines Erbscheins beantragt hatte mit der Begründung, die Erblasserin sei bei Errichtung des Testaments testierunfähig gewesen und die im Testament enthaltenen letztwilligen Verfügungen würden angefochten. Im Mai 2021 beantragte der hierzu bevollmächtigte Notar die Umschreibung des Grundstückseigentums auf den Beteiligten zu 2.
Rz. 2
Mit Zwischenverfügung vom 30. Juli 2021 hat das Grundbuchamt dem Notar aufgegeben, zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1 ein Testamentsvollstreckerzeugnis gemäß § 2368 BGB einzureichen. Die gegen diese Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1 den Eigentumsumschreibungsantrag weiter.
II.
Rz. 3
Das Beschwerdegericht meint, das Grundbuchamt habe zu Recht die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verlangt. Zwar könne nach § 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 GBO zum Nachweis der Verfügungsbefugnis eines Testamentsvollstreckers genügen, wenn er in einer öffentlich beurkundeten Verfügung von Todes wegen ernannt sei und dieses dem Grundbuchamt nebst Eröffnungsprotokoll mit einem Nachweis über die Annahme des Amtes vorgelegt werde. Ergäben sich allerdings ernsthafte, auf Tatsachen gegründete Zweifel bei der Prüfung der die Bestimmung zum Testamentsvollstrecker enthaltenden letztwilligen Verfügung, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über tatsächliche Verhältnisse geklärt werden könnten, könne die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verlangt werden. So liege es hier, weil der Bruder der Erblasserin vor dem Nachlassgericht genügende Anhaltspunkte für deren Testierunfähigkeit vorgetragen habe. Zwar habe der von dem Nachlassgericht beauftragte Sachverständige die Testierunfähigkeit der Erblasserin nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen können. Der Bruder der Erblasserin habe aber eine Ergänzung des Sachverständigengutachtens verlangt. Zudem habe er im Erbscheinsverfahren die Anfechtung des Testaments nach § 2078 BGB erklärt, zu der das Nachlassgericht noch weitere Ermittlungen anstelle. Der Nachweis der Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1 sei auch nicht deshalb entbehrlich, weil im Grundbuch ein Testamentsvollstreckervermerk eingetragen sei. Denn weder beziehe sich die Vermutung aus § 891 Abs. 1 BGB auf einen solchen Vermerk noch werde der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers durch § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB geschützt, so dass der Beteiligte zu 2 die für ihn eingetragene Auflassungsvormerkung nicht gutgläubig erworben habe.
III.
Rz. 4
Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Annahme des Beschwerdegerichts, die Zwischenverfügung des Grundbuchamts sei zu Recht ergangen, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Rz. 5
1. Das Grundbuchamt durfte die beantragte Eintragung davon abhängig machen, dass der antragstellende Notar zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1 ein Testamentsvollstreckerzeugnis nach § 2368 BGB einreicht.
Rz. 6
a) Die beantragte Eigentumsumschreibung setzt nach §§ 19, 20 GBO den Nachweis der Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Rechtsübergang (§ 925 Abs. 1 BGB) und der Bewilligung des in seinem Recht Betroffenen in der Form des § 29 GBO voraus. Dabei korrespondiert die Befugnis zur Abgabe der Eintragungsbewilligung mit der materiellen Verfügungsbefugnis. Erklärt ein Testamentsvollstrecker Auflassung und Bewilligung in Bezug auf ein Nachlassgrundstück, hat das Grundbuchamt daher seine Verfügungsbefugnis zu prüfen. Die Befugnis eines Testamentsvollstreckers zur Verfügung über einen Nachlassgegenstand ist nach § 35 Abs. 2 Hs. 1 GBO nur auf Grund des in § 2368 BGB vorgesehenen Testamentsvollstreckerzeugnisses oder eines - hier nicht relevanten - Europäischen Nachlasszeugnisses (vgl. hierzu Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c EuErbVO sowie Staudinger/Herzog, BGB [2023], § 2368 Rn. 8) als nachgewiesen anzusehen. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es nach § 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 GBO, wenn an Stelle des Zeugnisses die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden. Erachtet das Grundbuchamt die Verfügungsbefugnis durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es nach § 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 GBO die Vorlegung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verlangen. Die Regelungen entsprechen somit weitgehend denen über den Nachweis der Erbfolge durch Erbschein bzw. Verfügung von Todes wegen in § 35 Abs. 1 GBO (siehe hierzu Senat, Beschluss vom 17. Februar 2022 - V ZB 14/21, NJW-RR 2022, 657 Rn. 5).
Rz. 7
b) Die Annahme des Beschwerdegerichts, dass das Grundbuchamt die Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1 durch das notarielle Testament der Erblasserin, das Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts und die beglaubigte Abschrift der Bestätigung des Nachlassgerichts über die Annahme des Amtes zu Recht als nicht hinreichend nachgewiesen angesehen hat, weil Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin bei Errichtung des die Anordnung der Testamentsvollstreckung enthaltenden Testaments und damit an dessen Wirksamkeit bestanden, ist nicht zu beanstanden.
Rz. 8
aa) Nach nahezu einhelliger Ansicht darf das Grundbuchamt einen Erbschein bzw. ein Testamentsvollstreckerzeugnis (nur) verlangen, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung von Todes wegen Zweifel tatsächlicher Art ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können (vgl. BayObLG, ZEV 2000, 233, 234; OLG Köln, FGPrax 2000, 89, 90; OLG Hamm, FGPrax 2001, 9; OLG Frankfurt, NJW-RR 2005, 380, 381; OLG Schleswig, FGPrax 2006, 248; OLG München, MittBayNot 2009, 53, 54; OLG Zweibrücken, FGPrax 2011, 176; OLG Düsseldorf, NJOZ 2012, 1531, 1532; OLG Naumburg, NJOZ 2014, 5; BeckOK GBO/Wilsch [1.8.2023], § 35 Rn. 148; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 35 Rn. 39, Meikel/Krause/Weber, GBO, 12. Aufl., § 35 Rn. 117, 187; DNotI-Report 14/2006, S. 111). Dabei sollen, wovon auch das Beschwerdegericht ausgeht, entfernte abstrakte Möglichkeiten, die das aus der Verfügung hervorgehende Erbrecht bzw. - hier - die in der Verfügung getroffene Anordnung der Testamentsvollstreckung nur unter ganz besonderen Umständen in Frage stellen, ebenso wenig ausreichen wie bloße Behauptungen oder Vermutungen (vgl. etwa OLG Schleswig, aaO S. 249; OLG Naumburg, aaO S. 6; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 35 Rn. 39; aA wohl nur Burandt/Rojahn/Egerland, GBO, 4. Aufl., § 35 Rn. 12: Grundbuchamt sei „bis zur Grenze der Willkür“ berechtigt, einen Erbschein zu verlangen).
Rz. 9
Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers sind nach herrschender Meinung nicht schon durch die generelle Gefahr begründet, dass letztwillige Verfügungen wegen Testierunfähigkeit unwirksam sein können (vgl. § 2229 Abs. 4 BGB); ebenso wenig reichten auch insoweit bloße Behauptungen oder Vermutungen. Anlass, die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen, bestehe vielmehr erst dann, wenn auf Tatsachen gegründete konkrete Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers, etwa aufgrund eines fachärztlichen Gutachtens oder eines Urteils, gegeben seien (vgl. OLG München, NJW-RR 2015, 138 Rn. 7; OLG Oldenburg, FamRZ 2017, 1431, 1432; OLG Düsseldorf, FGPrax 2018, 252, 253; OLG Schleswig, DNotZ 2023, 356 Rn. 11; Meikel/Krause/Weber, GBO, 12. Aufl., § 35 Rn. 135 f.; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 35 Rn. 39a; KEHE/Volmer, Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 35 GBO Rn. 111; BeckOK GBO/Wilsch [1.8.2023], § 35 Rn. 124; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 788; Kroiß/Horn/Solomon/Imre, Nachfolgerecht, 2. Aufl., § 35 GBO Rn. 50). Das Oberlandesgericht Celle hat in einer älteren Entscheidung noch weitergehend angenommen, das Grundbuchamt sei nur dann berechtigt, die Beibringung eines Erbscheins zu verlangen, wenn durch ein erstinstanzliches gerichtliches Urteil die Nichtigkeit des Testaments festgestellt sei (NJW 1961, 562). Diese Entscheidung ist jedoch vereinzelt geblieben.
Rz. 10
bb) Der herrschenden Meinung ist insoweit zuzustimmen, als die bloße abstrakte Möglichkeit, dass der Erblasser bei der Errichtung des Testaments testierunfähig gewesen sein könnte, für sich genommen kein hinreichender Grund dafür ist, die Vorlage eines Erbscheins bzw. Testamentsvollstreckerzeugnisses zu verlangen.
Rz. 11
(1) Wortlaut und Systematik von § 35 Abs. 1 und 2 GBO sprechen dafür, dass es nicht gänzlich im Belieben des Grundbuchamtes steht, die Vorlage eines Erbscheins oder Testamentsvollstreckerzeugnisses zu verlangen. Allerdings kann nach dieser Vorschrift der Nachweis der Erbfolge und der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers - von der hier nicht einschlägigen Ausnahme in § 35 Abs. 3 GBO abgesehen - „nur“ durch einen Erbschein bzw. ein Testamentsvollstreckerzeugnis geführt werden. Die Vorlage dieser Urkunden stellt also die Regel und der Nachweis der Verfügungsbefugnis durch Verfügung von Todes wegen und Niederschrift über die Eröffnung die Ausnahme dar. Indem das Gesetz vorsieht, dass das Grundbuchamt die Vorlegung eines Erbscheins, Europäischen Nachlasszeugnisses oder Testamentsvollstreckerzeugnisses verlangen kann, wenn es die Erbfolge bzw. Verfügungsbefugnis durch die Verfügung von Todes wegen nicht für nachgewiesen hält, wird ihm lediglich die Möglichkeit eröffnet, zu der Regel zurückzukehren und den Nachweis zu fordern, der im Grundsatz ohnehin zu erbringen ist. Zudem ist dem Grundbuchamt sowohl auf Tatbestandsseite der Regelung über die Rückausnahme (§ 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 GBO) ein gewisser Beurteilungsspielraum („erachtet“) als auch auf der Rechtsfolgenseite ein Ermessen („kann“) eingeräumt. Dieses Ermessen ist allerdings pflichtgemäß auszuüben. Das Grundbuchamt darf nicht ohne nachvollziehbaren Grund einen Erbschein bzw. ein Testamentsvollstreckerzeugnis verlangen. Das Grundbuchamt darf daher zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nach § 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 GBO ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder Europäisches Nachlasszeugnis nur verlangen, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung von Todes wegen Zweifel tatsächlicher Art ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können.
Rz. 12
Zu solchen Ermittlungen ist nicht das Grundbuchamt, sondern allein das Nachlassgericht befugt. In dem Antragsverfahren beim Grundbuchamt können nach § 29 Abs. 1 GBO die für die Eintragung erforderlichen Erklärungen nur durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden, andere Eintragungsvoraussetzungen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, nur durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden. Das Grundbuchamt ist daher zur Anstellung eigener Ermittlungen weder berechtigt noch verpflichtet (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Juli 1959 - V ZB 6/59, BGHZ 30, 255, 258; Beschluss vom 28. April 1961 - V ZB 17/60, BGHZ 35, 135, 139; Beschluss vom 11. Oktober 2012 - V ZB 2/12, BGHZ 195, 120, Rn. 16; Beschluss vom 13. Juni 2013 - V ZB 94/12, ZWE 2013, 402 Rn. 10; Beschluss vom 2. Juni 2016 - V ZB 3/14, DNotZ 2016, 934 Rn. 11; Beschluss vom 10. Februar 2022 - V ZB 87/20, NJW-RR 2022, 1241 Rn. 30; zur Berücksichtigung von Erfahrungssätzen im Grundbuchverfahren Senat, Beschluss vom 15. Juni 2023 - V ZB 12/22, NZM 2023, 641 Rn. 20).
Rz. 13
(2) Die durch einen Dritten - etwa einen gesetzlichen Erben - aufgestellte schlichte Behauptung oder Vermutung, der Erblasser sei testierunfähig gewesen, begründet für sich genommen keine Zweifel an der Testierfähigkeit, macht keine weiteren Ermittlungen erforderlich und kann daher das Verlangen nach einem Erbschein oder Testamentsvollstreckerzeugnis nicht rechtfertigen. Anderenfalls wäre die durch § 35 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 (i.V.m. Abs. 2 Hs. 2) GBO eröffnete Möglichkeit, die Erbfolge bzw. Verfügungsbefugnis durch die genannten Unterlagen nachzuweisen, faktisch entwertet (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Februar 2022 - V ZB 14/21, WM 2023, 396 Rn. 11 f., 18). Zudem ist der Grundsatz, dass die Störung der Geistestätigkeit und damit die Testierunfähigkeit die Ausnahme und die Testierfähigkeit die Regel ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2011 - IV ZR 49/11, ZEV 2012, 100 Rn. 21), auch im grundbuchrechtlichen Antragsverfahren zu beachten. Deswegen darf das Grundbuchamt einen Erbschein bzw. ein Testamentsvollstreckerzeugnis nur verlangen, wenn konkrete, durch Tatsachen untermauerte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Erblasser bei der Errichtung des Testaments testierunfähig war. Solchen Anhaltspunkten nachzugehen und weitere Ermittlungen zur Testierfähigkeit des Erblassers anzustellen, ist nicht Aufgabe des Grundbuchamtes im Verfahren über einen Eintragungsantrag. Bestehen konkrete, auf Tatsachen gestützte Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers bei der Errichtung des Testaments, kann eine abschließende Klärung nur durch das Nachlassgericht erfolgen, namentlich in einem Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, oder - hier nicht relevant - durch das Zivilgericht in einem Erkenntnisverfahren, in dem die Unwirksamkeit des Testaments geltend gemacht wird.
Rz. 14
cc) Ist ein nachlassgerichtliches Verfahren anhängig, in dem das Nachlassgericht Zweifeln an der Testierfähigkeit des Erblassers bei Errichtung des Testaments oder sonstigen Einwänden gegen die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung nachgeht, muss das Grundbuchamt die beantragte Eintragung der durch eine Verfügung des Testamentsvollstreckers bewirkten Rechtsänderung davon abhängig machen, dass dessen Verfügungsbefugnis durch ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder ein Europäisches Nachlasszeugnis nachgewiesen wird.
Rz. 15
(1) Sieht sich das Nachlassgericht in einem bei ihm anhängigen Verfahren, etwa - wie hier - über den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins mit einer von dem Testament abweichenden Erbfolge, veranlasst, Ermittlungen zur Testierfähigkeit des Erblassers oder zur Wirksamkeit einer erklärten Anfechtung der letztwilligen Verfügung anzustellen, entspricht es der Verteilung der Aufgaben und funktionellen Zuständigkeiten zwischen Nachlassgericht und Grundbuchamt, dass dieses, wenn es Kenntnis von dem nachlassgerichtlichen Verfahren und den dort erhobenen Einwänden erlangt, dessen Ausgang und die damit verbundene Klärung der Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung abwartet.
Rz. 16
(a) Wird im Erbscheinsverfahren die Testierunfähigkeit des Erblassers eingewandt, hat das Nachlassgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht aus § 26 FamFG nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu befinden, ob hinreichende Anhaltspunkte für die Testierunfähigkeit bestehen und welche Ermittlungsansätze ggf. am ehesten Erfolg versprechen (zutreffend OLG Karlsruhe, FamRZ 2015, 1926, 1927; BeckOK FamFG/Burschel/Perleberg-Kölbel [1.8.2023], § 26 Rn. 19c; vgl. zum Betreuungsrecht BGH, Beschluss vom 29. Juli 2020 - XII ZB 106/20, NJW 2021, 63 Rn. 14). Nichts Anderes gilt im Verfahren über die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, auf das nach § 2368 Satz 2 Hs. 1 BGB, § 354 FamFG die Regelungen über das Erbscheinsverfahren Anwendung finden. Auch in diesem Verfahren ist die Gültigkeit der Verfügung von Todes wegen, mit der die Testamentsvollstreckung angeordnet wurde, zu prüfen, namentlich auch die Wirksamkeit einer erklärten Anfechtung nach den §§ 2078ff. BGB sowie bei konkreten Anhaltspunkten auch die Testierfähigkeit (vgl. MüKoBGB/Grziwotz, 9. Aufl., § 2368 Rn. 12).
Rz. 17
(b) In dem Verfahren über den Antrag auf Vornahme einer Eintragung in das Grundbuch (vgl. § 13 GBO) gilt § 26 FamFG hingegen nicht (vgl. Demharter, GBO, 33. Aufl., § 1 Rn. 66; KEHE/Volmer, Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 13 GBO Rn. 18; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., Einl. C Rn. 95). Das Grundbuchamt ist - wie oben dargestellt (Rn. 12) - zu eigenen Ermittlungen weder verpflichtet noch berechtigt. Es hat demzufolge auch die Entscheidungen des Nachlassgerichts über das Ob und Wie der Sachaufklärung in Bezug auf die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung nicht zu überprüfen. Das Grundbuchamt hat namentlich nicht etwa zu hinterfragen, ob das Nachlassgericht zu Recht entschieden hat, ein schriftliches Sachverständigengutachten zur Testierfähigkeit des Erblassers einzuholen, dem Sachverständigen nach Vorlage des Gutachtens ergänzende Fragen vorzulegen oder Zeugen zu der Frage zu vernehmen, ob der Erblasser über den Inhalt seiner letztwilligen Verfügung im Irrtum war oder zu der Verfügung widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist. Vielmehr muss das Grundbuchamt dem Antragsteller in diesem Fall im Wege der Zwischenverfügung (§ 18 GBO) aufgeben, zum Nachweis der Erbfolge einen Erbschein bzw. - wie geschehen - zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers ein Testamentsvollstreckerzeugnis vorzulegen. Dem Antragsteller steht es sodann frei, ob er dem nachkommt oder den Ausgang des nachlassgerichtlichen Verfahrens und die damit verbundene Klärung der Wirksamkeit des Testaments abwartet.
Rz. 18
Wartet der Antragsteller den Ausgang des nachlassgerichtlichen Verfahrens ab, gibt die abschließende Entscheidung des Nachlassgerichts sodann die Richtung für das weitere Antragsverfahren beim Grundbuchamt vor. Versagt das Nachlassgericht die Erteilung des Erbscheins mit einer von dem Testament abweichenden Erbfolge, weil es das Testament für wirksam hält, kommt dieser Entscheidung zwar nicht der öffentliche Glaube zu, der dem Erbschein nach den §§ 2366, 2367, 2368 Satz 2 Hs. 1 BGB beiwohnt; die Entscheidung entfaltet keine unmittelbare Bindungswirkung für das Grundbuchverfahren. Regelmäßig werden die Zweifel an der Testierfähigkeit aber auch für das Grundbuchamt ausgeräumt sein und kann die Eintragung auf der Grundlage der letztwilligen Verfügung vorgenommen werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 GBO). Erteilt das Nachlassgericht den Erbschein hingegen abweichend von dem Testament, weil es dieses für unwirksam hält, entfaltet die Entscheidung jedenfalls Tatbestandswirkung für das Grundbuchverfahren (vgl. Bauer/Schaub/Bauer, 5. Aufl., GBO § 13 Rn. 90 mwN). Die Eintragung einer Rechtsänderung, die auf einer Verfügung der testamentarischen Erben oder des im Testament bestimmten Testamentsvollstreckers beruht, kommt dann aufgrund der anderweitig festgestellten Erbfolge bzw. der Unwirksamkeit des Testaments nicht mehr in Betracht.
Rz. 19
Entsprechendes gilt in dem Verfahren auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses. Wird es erteilt und beim Grundbuchamt eingereicht, erfolgt die Eintragung auf dieser Grundlage (§ 35 Abs. 2 Hs. 1 GBO). Das Grundbuchamt ist an die Feststellungen in dem Zeugnis gebunden und zu einer eigenen Prüfung sowie zu einer ergänzenden oder berichtigenden Auslegung der Verfügung von Todes wegen nicht berechtigt (zutreffend BayObLG, NJW-RR 1990, 844, 845; OLG München, ZEV 2011, 195; KG, NJW-RR 2023, 162 Rn. 12 mwN; BeckOK GBO/Wilsch [1.8.2023], § 35 Rn. 140; Meikel/Krause/Weber, GBO, 12. Aufl., § 35 Rn. 179; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 3463; DNotI-Report 2011, 135, 136; siehe auch schon KG, OLGZ 16, 172, 173). Wird die Erteilung des Zeugnisses rechtskräftig versagt, weil das Nachlassgericht die Anordnung der Testamentsvollstreckung in der letztwilligen Verfügung für unwirksam hält, steht aufgrund der Tatbestandswirkung einer solchen Entscheidung, wenn sie dem Grundbuchamt in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO vorgelegt wird, für das Grundbuchverfahren fest, dass der Testamentsvollstrecker zur Verfügung nicht befugt war. Infolgedessen ist die beantragte Eintragung abzulehnen (vgl. KG, OLGZ 16, 172, 174; NJW-RR 2015, 787 Rn. 16 zur Feststellung der Beendigung der Testamentsvollstreckung durch das Nachlassgericht; Meikel/Krause/Weber, GBO, 12. Aufl., § 35 Rn. 188). Ist die Entscheidung des Nachlassgerichts noch nicht rechtskräftig, so ist das Grundbuchamt nicht verpflichtet, von der Ablehnung abzuweichen und kann die Beteiligten darauf verweisen, die Entscheidung des Nachlassgerichts im Instanzenweg anzufechten und ihm im Erfolgsfall das dann erlangte Zeugnis vorzulegen (vgl. KG, OLGZ 16, 172, 174; Güthe/Triebel, GBO, 6. Aufl. [1936], Bd. 1, § 35 Rn. 71).
Rz. 20
Dies gilt ebenso in dem hier gegebenen Fall, dass das Nachlassgericht eine Entscheidung - im Erbscheinsverfahren - noch nicht getroffen hat und weitere Ermittlungen tatsächlicher Art zur Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung anstellt. Auch dann ist das Grundbuchamt berechtigt, die Beteiligten darauf zu verweisen, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten oder - was (wie hier) im Wege der Zwischenverfügung aufgegeben werden kann - ein Testamentsvollstreckerzeugnis vorzulegen, welches ggf. in einem gesonderten nachlassgerichtlichen Verfahren zu erwirken wäre.
Rz. 21
(2) Gegen die Annahme, dass das Grundbuchamt verpflichtet ist, vor der Entscheidung des Nachlassgerichts die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung und der darin getroffenen Anordnung der Testamentsvollstreckung eigenständig zu prüfen und bejahendenfalls die beantragte Eintragung vorzunehmen, spricht auch, dass dann absehbar widersprüchliche Entscheidungen des Grundbuchamtes und des Nachlassgerichts entstehen könnten, die es möglichst zu vermeiden gilt.
Rz. 22
(a) So läge es etwa, wenn das Grundbuchamt, wie von der Rechtsbeschwerde befürwortet, das in dem Erbscheinsverfahren gehaltene und ihm zur Kenntnis gebrachte Vorbringen - hier des Bruders der Erblasserin - zur Testierunfähigkeit für nicht hinreichend konkret hielte, und die beantragte Eigentumsumschreibung auf der Grundlage der letztwilligen Verfügung vornähme, das Nachlassgericht aber nach - ggf. umfangreicher - Beweisaufnahme zu der Feststellung gelangte, dass die letztwillige Verfügung und die darin getroffene Anordnung der Testamentsvollstreckung unwirksam sind. Solche sich widersprechenden Entscheidungen des Nachlassgerichts und des Grundbuchamts sind nach Möglichkeit zu vermeiden (vgl. KG, OLGZ 16, 172, 174; Meikel/Krause/Weber, GBO, 12. Aufl., § 35 Rn. 188).
Rz. 23
(b) Besonders deutlich wird dies in der - hier nicht gegebenen - Konstellation, dass die Bedenken gegen die Testierfähigkeit nicht in einem Erbscheinsverfahren, sondern in dem Verfahren über die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses nach § 2368 BGB erhoben werden und das Nachlassgericht in diesem Verfahren Beweis erhebt. Dann würde dieses Verfahren regelrecht umgangen, wenn das Grundbuchamt in einem Antragsverfahren nach § 13 GBO das Testament als hinreichenden Nachweis für die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers ansehen müsste und die Beteiligten nicht darauf verweisen dürfte, den Ausgang des nachlassgerichtlichen Verfahrens abzuwarten.
Rz. 24
dd) Das Grundbuchamt durfte folglich schon im Hinblick auf das laufende nachlassgerichtliche Erbscheinsverfahren von Zweifeln an der Wirksamkeit des Testaments ausgehen und die begehrte Eintragung von der Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses abhängig machen. Auf die Frage, ob - was im Rechtsbeschwerdeverfahren ohnehin nur eingeschränkt überprüfbar wäre - der dem Grundbuchamt zur Kenntnis gelangte anwaltliche Schriftsatz des Bruders der Erblasserin aus dem Erbscheinsverfahren für sich genommen hinreichend konkrete Tatsachen enthielt, um das Verlangen des Grundbuchamts nach einem Testamentsvollstreckerzeugnis zu rechtfertigen, kommt es somit nicht an.
Rz. 25
c) Der Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers war auch nicht deshalb entbehrlich, weil im Grundbuch ein Testamentsvollstreckervermerk gemäß § 52 GBO eingetragen ist.
Rz. 26
aa) Dieser Vermerk ist für sich genommen nicht geeignet, die Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1 über das Grundstück gegenüber dem Grundbuchamt nachzuweisen.
Rz. 27
(1) Durch den im Grundbuch eingetragenen Vermerk gemäß § 52 GBO wird verlautbart, dass das Grundstück der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers unterliegt und das Verfügungsrecht des Erben darüber ausgeschlossen oder beschränkt ist (§ 2211 Abs. 1 BGB). Der Vermerk soll lediglich negativ die Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Erben kundtun und auf diese Weise verhindern, dass ein Dritter in Unkenntnis der Testamentsvollstreckung das Eigentum an dem Grundstück gutgläubig von dem oder den Erben erwirbt (§ 2211 Abs. 2 BGB, § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB; vgl. Bauer/Schaub/Schaub, GBO, 5. Aufl., § 52 Rn. 1; BeckOK GBO/Zeiser, [1.8.2023], § 52 Rn. 2; Burandt/Rojahn/Egerland, GBO, 4. Aufl., § 52 Rn. 1; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 52 Rn. 2; Meikel/Böhringer, GBO, 12. Aufl., § 52 Rn. 4; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 3465).
Rz. 28
Der Testamentsvollstreckervermerk nach § 52 GBO hat somit eine rein negative Wirkung und ist deshalb nach zutreffender - und wohl einhelliger - Ansicht nicht geeignet, gegenüber dem Grundbuchamt den nach § 35 Abs. 2 GBO erforderlichen Nachweis der Befugnis des Testamentsvollstreckers zur Verfügung über das Nachlassgrundstück zu erbringen (BayObLG, NJW-RR 1999, 1463 f.; BeckOK GBO/Wilsch [1.8.2023], § 35 Rn. 139; Burandt/Rojahn/Egerland, GBO, 4. Aufl., § 35 Rn. 18; KEHE/Volmer, Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 35 GBO Rn. 129; Kroiß/Horn/Solomon/Imre, Nachfolgerecht, 2. Aufl., § 35 GBO Rn. 81; Meikel/Krause/Weber, GBO, 12. Aufl., § 35 Rn. 173; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 3462; sowie schon Güthe/Triebel, GBO, 6. Aufl. [1936], Bd. 1, § 35 Rn. 70 und § 52 Rn. 2).
Rz. 29
(2) Dies folgt - neben dem Wortlaut von § 35 Abs. 2 Hs. 1 GBO („nur“) -auch daraus, dass als Inhalt des Vermerks nur die Tatsache eingetragen wird, dass Testamentsvollstreckung angeordnet ist, nicht aber der Name des Testamentsvollstreckers und der Umfang seiner Verfügungsbefugnis (vgl. hierzu Bauer/Schaub/Schaub, GBO, 5. Aufl., § 52 Rn. 24; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 52 Rn. 12; Kroiß/Horn/Solomon/Imre, Nachfolgerecht, 2. Aufl., § 52 GBO Rn. 20; Meikel/Böhringer, GBO, 12. Aufl. § 52 Rn. 29; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 3467). Etwaige Beschränkungen ergeben sich allein aus der letztwilligen Verfügung bzw., wenn an deren Wirksamkeit - wie hier - Zweifel bestehen, aus dem Testamentsvollstreckerzeugnis, auf dessen Vorlage das Grundbuchamt somit als Nachweis der Verfügungsbefugnis nicht verzichten kann.
Rz. 30
bb) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, hat das Grundbuchamt die beantragte Eintragung auch nicht deshalb ohne Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses vorzunehmen, weil der Beteiligte zu 2 aufgrund des eingetragenen Testamentsvollstreckervermerks hinsichtlich der Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1 über das Grundstück gutgläubig war und die zu seinen Gunsten eingetragene Auflassungsvormerkung deshalb gutgläubig erworben hat.
Rz. 31
(1) Es kann dahinstehen, ob das Grundbuchamt verpflichtet wäre, den Beteiligten zu 2 als neuen Eigentümer in das Grundbuch einzutragen, wenn in der Form des § 29 GBO nachgewiesen oder offenkundig wäre, dass er die für ihn eingetragene Auflassungsvormerkung unabhängig von der Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1 als Testamentsvollstrecker gutgläubig erworben hat. Denn dies ist nicht der Fall, weil der Testamentsvollstreckervermerk dem Beteiligten zu 2 keinen guten Glauben an die Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 1 vermitteln konnte und andere Gründe bzw. Nachweise für den guten Glauben nicht in Rede stehen. Der in dem Grundbuch eingetragene Testamentsvollstreckervermerk nach § 52 GBO vermittelt keinen guten Glauben an das Bestehen oder Fortbestehen der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers über das Nachlassgrundstück (allg. Meinung, vgl. BeckOGK/Hertel, BGB [15.4.2021], § 891 Rn. 12; BeckOK BGB/H.-W. Eckert [1.8.2023], § 892 Rn. 16; Erman/Artz, BGB, 17. Aufl., § 892 Rn. 40; Grüneberg/Herrler, BGB, 82. Aufl., § 892 Rn. 16; Jauernig, BGB, 19. Aufl., § 891 Rn. 3; MüKoBGB/H. Schäfer, 9. Aufl., § 892 Rn. 64; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 891 Rn. 7; Staudinger/Picker, BGB [2019], § 892 Rn. 238; Wilhelm, Sachenrecht, 7. Aufl., Rn. 704; Wiegand, JuS 1975, 205, 207). Wie soeben erläutert (Rn. 27), hat der Vermerk nur die Funktion, den gutgläubigen Erwerb des Dritten von dem nicht verfügungsbefugten Erben zu verhindern, nicht aber die Funktion, die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers positiv zu verlautbaren, deren Umfang auch nicht Inhalt des Vermerks ist. Da auch der Name des Testamentsvollstreckers nicht eingetragen wird, kann der Dritte - hier der Beteiligte zu 2 - zudem aus dem Vermerk selbst keinen guten Glauben dahin entwickeln, dass just die Person des Verfügenden - hier der Beteiligte zu 1 - zur Verfügung über das Nachlassgrundstück befugt ist.
Rz. 32
(2) Die Rechtsbeschwerde erkennt insoweit an, dass der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers sich mangels Angabe des Namens nicht allein auf den Vermerk nach § 52 GBO stützen kann, meint aber, der gutgläubige Erwerb vom „Scheintestamentsvollstrecker“ sei jedenfalls dann zuzulassen, wenn dieser seine Verfügungsbefugnis nach Maßgabe von § 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 GBO nachgewiesen habe. Hierbei werden zwei Aspekte miteinander vermengt. Der gutgläubige Erwerb eines Rechts oder einer Vormerkung vom „Scheintestamentsvollstrecker“ könnte sich nur aufgrund des im Grundbuch eingetragenen Testamentsvollstreckervermerks vollziehen, dem aber - wie gezeigt und von der Rechtsbeschwerde letztlich konzediert - keine positive Publizität im Hinblick auf die Verfügungsbefugnis eines bestimmten Testamentsvollstreckers zukommt. Der Nachweis der Verfügungsbefugnis nach § 35 GBO ist indes gegenüber dem Grundbuchamt zu führen. Hierfür reichen die letztwillige Verfügung nebst Eröffnungsprotokoll und Amtsannahme nach dem oben Gesagten nicht aus, wenn - wie hier - Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments bestehen.
Rz. 33
2. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die somit rechtsfehlerfrei ergangene Zwischenverfügung des Grundbuchamts nicht deshalb aufgehoben hat, weil das zwischenzeitlich vom Nachlassgericht eingeholte Sachverständigengutachten nicht zweifelsfrei die Testierunfähigkeit der Erblasserin bei Errichtung des Testaments ergeben hatte.
Rz. 34
a) Dieser, dem Beschwerdegericht zur Kenntnis gelangte Umstand war zwar als neue Tatsache im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen (§ 74 GBO). Das Beschwerdegericht hat aber angenommen, dass es sich insoweit nur um einen Zwischenstand handelt und das nachlassgerichtliche Verfahren nicht abgeschlossen ist. Das Nachlassgericht habe Anlass gesehen, weitere Nachforschungen anzustellen, insbesondere zur Anfechtung des Testaments durch den Bruder der Erblasserin nach § 2078 BGB wegen Irrtums und Drohung. Namentlich sollte auch der Ausgang eines Strafverfahrens gegen eine testamentarische Erbin wegen gewerbsmäßiger Untreue in 105 Fällen abgewartet werden.
Rz. 35
b) Dies lässt keine Rechtsfehler erkennen. Auch das Beschwerdegericht darf den Abschluss des Verfahrens beim Nachlassgericht abwarten, in dem die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung abschließend geklärt wird. Eine eigene Würdigung, ob das Vorbringen des Dritten - hier des Bruders der Erblasserin - die Fortsetzung des nachlassgerichtlichen Verfahrens und die weitere Beweisaufnahme rechtfertigt, ist ihm nicht abzuverlangen und steht ihm grundsätzlich auch nicht zu, weil die funktionelle Zuständigkeit hierfür beim Nachlassgericht liegt. Auch insoweit gilt, dass einander widersprechende Entscheidungen der Gerichte im Grundbuchantrags- und im nachlassgerichtlichen Verfahren nach Möglichkeit vermieden werden müssen.
IV.
Rz. 36
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 61 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 36 Abs. 1, §§ 46, 47 GNotKG. Der Senat hält es mit dem Beschwerdegericht für angemessen, als Gegenstandswert den hälftigen Grundstückswert anzusetzen.
Brückner |
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Haberkamp |
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Hamdorf |
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Malik |
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Laube |
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Fundstellen
Haufe-Index 16153148 |
NJW 2024, 580 |
NJW 2024, 8 |
FuR 2024, 342 |
FGPrax 2024, 5 |
MittBayNot 2024, 445 |
WM 2024, 1233 |
ZEV 2024, 162 |
ZEV 2024, 6 |
DNotZ 2024, 138 |
JZ 2024, 84 |
ErbR 2024, 440 |
RENOpraxis 2024, 213 |
RNotZ 2024, 242 |
ZNotP 2024, 151 |