Tenor
Die Sache wird gemäß § 137 GVG zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dem Großen Senat für Zivilsachen zur Entscheidung folgender Fragen vorgelegt:
- Stellt es einen ersatzfähigen Vermögensschaden dar, wenn der Eigentümer einer von ihm selbst genutzten Sache, insbesondere eines von ihm selbst bewohnten Hauses, infolge eines deliktischen Eingriffs in das Eigentum die Sache vorübergehend nicht benutzen kann, ohne daß ihm hierdurch zusätzliche Kosten entstehen oder Einnahmen entgehen?
- Falls ein ersatzfähiger Nutzungsausfallschaden zu bejahen sein sollte: Wie ist dieser Schaden der Höhe nach zu berechnen?
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das auf dem S. in A. gelegen und mit einem 260 qm Wohnfläche umfassenden, komfortabel ausgestatteten Wohnhaus bebaut ist. Unterhalb davon errichteten die Beklagten auf ihrem Grundbesitz, einem steil abfallenden Hanggrundstück, Reihenhäuser. Dabei wurde ein Teil des Hanges unsachgemäß abgegraben und hierdurch die Standsicherheit des oberen Anwesens vorübergehend beeinträchtigt. Deswegen untersagte die Stadt A. der Klägerin, ihr Wohnhaus in der Zeit vom 12. August bis zum 16. September 1981 zu nutzen. Zur Beseitigung von Rissen an der Fassade wandte die Klägerin insgesamt 5.851,75 DM und für die Ausbesserung von Schäden im Inneren des Hauses 340 DM auf. Neben dem Ersatz dieser Wiederherstellungskosten nebst Zinsen verlangt sie in Höhe von 3.000 DM nebst Zinsen einen Ausgleich dafür, daß sie und ihr Ehemann während des Nutzungsverbots nicht in ihrem Haus, sondern in ihrem in der Nähe des Grundstücks abgestellten Campingbus gewohnt hätten.
Das Landgericht hat Wiederherstellungskosten in Höhe von 5.998,29 DM nebst Zinsen zugesprochen und im übrigen die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es bei den Reparaturkosten einen Abzug „neu für alt” vorgenommen und den der Klägerin zuerkannten Schadensersatzanspruch auf 3.334,90 DM nebst Zinsen gekürzt.
Mit der – vom Oberlandesgericht zugelassenen – Revision verfolgt die Klägerin nach Teilrücknahme des Rechtsmittels im übrigen nur noch den Anspruch auf Ersatz der entgangenen Gebrauchsvorteile in Hohe von 3.000 DM nebst Zinsen weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Das Berufungsgericht unterstellt gemäß dem – bestrittenen – Klagevortrag, die Klägerin und ihr Ehemann hätten wegen des ordnungsbehördlichen Nutzungsverbots ihr Haus in der Zeit vom 12. August bis zum 16. September 1981 nicht bewohnt und stattdessen in ihrem „mit allen erforderlichen Einrichtungen versehenen Campingbus” gelebt. Auch dann hat die Klägerin nach Ansicht des Berufungsgerichts durch den vorübergehenden (vollständigen) Verlust der Gebrauchsmöglichkeit ihres selbstgenutzten Wohnhauses keinen Vermögensschaden, sondern nur einen nicht ersatzfähigen immateriellen Schaden erlitten.
III.
Der V. Zivilsenat teilt diese Auffassung, mißt aber der Frage grundsätzliche Bedeutung bei und möchte eine Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen herbeiführen, weil dies nach seiner Auffassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 137 GVG).
IV.
Die Rechtsprechung von fünf Senaten des Bundesgerichtshofes zur Frage des Schadensersatzes wegen entgehender Nutzungsmöglichkeit von beweglichen, aber auch von unbeweglichen Sachen ist uneinheitlich.
1. Am Anfang jener Rechtsprechung stehen die Urteile des III. und des VI. Zivilsenats zum unfallbedingten vorübergehenden Nutzungsausfall von Kraftfahrzeugen (vgl. zu dieser Rechtsprechung die Übersichten von Steffen, BGB-RGRK 12. Aufl. § 823 Rdn. 445 ff und von Weber, KVR von A bis Z, „Nutzungsausfall”).
a) Seit BGHZ 40, 345 (III. ZS) und BGHZ 45, 212; 56, 214 (VI. ZS) ist im Grundsatz anerkannt, daß der Eigentümer eines bei einem Unfall beschädigten Kraftfahrzeugs, insbesondere auch eines privat genutzten Personenkraftwagens, der ihm während der Reparaturdauer nicht zur Verfügung steht, auch dann einen (pauschalierungsfähigen) Vermögensschaden erleidet, wenn er sich keinen Ersatzwagen beschafft und ihm hierdurch weder zusätzliche Kosten entstehen noch Gewinne entgehen (so zuletzt BGHZ 89, 60, 63).
b) Um einer Ausuferung der Schadensersatzpflicht entgegenzuwirken, werden insoweit dem Grunde und der Höhe nach zahlreiche Einschränkungen gemacht. Eine Entschädigung in Geld (§ 251 BGB) wird nur gewährt, wenn Gebrauchsentbehrung für den Geschädigten „fühlbar” ist (BGHZ 40, 345, 353; 89, 60, 62). Einen ersatzfähigen Vermögensschaden begründen hiernach weder die Vereitelung einer nur abstrakten Nutzungsmöglichkeit (BGHZ 45, 212, 219) noch die Beeinträchtigung der Dispositionsbefugnis (BGHZ 55, 146, 150 – Jagdpachtfall; BGH Urt. v. 16. Oktober 1973, VI ZR 96/72, VersR 1974, 171); vielmehr sind nach dieser Rechtsprechung Nutzungsmöglichkeit und Nutzungswille Voraussetzungen eines Vermögensschadens (BGHZ 45, 212, 219; BGH Urt. v. 26. März 1985, VI ZR 267/83, NJW 1985, 2471 – Krankentransportwagen der Bundeswehr). Selbst wenn der Eigentümer sein Fahrzeug während der Reparaturzeit nur deswegen nicht selbst nutzen kann, weil er bei dem Unfall zugleich körperlich verletzt worden ist, wird insoweit ein ersatzfähiger Nutzungsausfallschaden verneint (BGH Urteile v. 7. Juni 1968, VI ZR 40/67, NJW 1968, 1778 und v. 19. September 1974, III ZR 73/72, VersR 1975, 37, 40).
Unterausnahmen werden für den Fall gemacht, daß das Fahrzeug zwar nicht vom Eigentümer selbst, wohl aber von seinen Familienangehörigen (BGH Urt. v. 16. Oktober 1973,VI ZR 96/72, NJW 1974, 33) oder von seiner Verlobten (BGH Urt. v. 28. Januar 1975, VI ZR 143/73, NJW 1975, 922) bestimmungsgemäß benutzt worden wäre.
Abgelehnt wurde eine Entschädigung für Nutzungsausfall in einem Falle, in dem der Geschädigte über ein zweites Fahrzeug verfügte, das er nicht anderweitig benötigte und dessen ersatzweiser Gebrauch ihm zuzumuten war (BGH Urt. v. 14. Oktober 1975, VI ZR 255/74, NJW 1976, 286 = VersR 1976, 170 – Nutzfahrzeug). In anderen Fällen ist für den Einsatz eines Reservefahrzeugs Ersatz von dessen Vorhaltekosten zugesprochen worden (BGHZ 32, 280, 284 – Bremer Straßenbahn; BGHZ 70, 199, 201 – Bremer Linienbus; vgl. auch BGH Urt. v. 26. März 1985, VI ZR 267/83, NJW 1985, 2471).
Hat der Geschädigte für die Reparaturdauer ein einfacheres Ersatzfahrzeug gemietet, so darf er über die konkrete Berechnung nach den entstehenden Mietkosten hinaus nicht noch einen Betrag wegen der Differenz der Nutzungswerte verlangen (BGH Urt. v. 2. Dezember 1966, VI ZR 72/65, NJW 1967, 552); doch bleibt es ihm unbenommen, anstelle der konkreten Berechnung nach den Mietwagenkosten eine pauschale Abgeltung der entgangenen Gebrauchsvorteile insgesamt zu fordern (BGH Urt. v. 17. März 1970, VI ZR 108/68, NJW 1970, 1120).
Ist der Eigentümer nur aus persönlichen Gründen, z.B. infolge unrechtmäßiger Sicherstellung seines Führerscheins, gehindert, seinen Kraftwagen zu nutzen, so besteht nach Ansicht des III. Zivilsenats kein Grund, einen erstattungsfähigen Schaden anzuerkennen (BGHZ 63, 203, 205 ff; 65, 170, 173 ff). Dagegen liegt ein objektbezogener Eingriff – mit der Folge grundsätzlicher Ersatzfähigkeit entgehender Gebrauchsvorteile – nach der Rechtsprechung auch vor, wenn – ohne Substanzbeschädigung – auf das Kraftfahrzeug (rechtlich oder tatsächlich) in einer Weise eingewirkt wird, die seine Benutzung objektiv verhindert (vgl. BGHZ 85, 11, 15/16; der dort angeführte Fleet-Fall – BGHZ 55, 153, 159 betrifft allerdings nicht pauschalierten Nutzungsausfall, sondern entgangenen Gewinn i.S.d. § 252 BGB). Der III. Zivilsenat hat hierzu – beiläufig – die Fälle gezählt, in denen die Kraftfahrzeugpapiere dem Halter vorenthalten werden (BGHZ 40, 345, 351) oder eine Garageneinfahrt blockiert wird (BGHZ 63, 203, 206).
c) Bei der Bemessung des pauschalierten Nutzungsausfallschadens ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ebenfalls um eine Beschränkung der Ersatzpflicht bemüht. Der VI. Zivilsenat hat bei der Schadensberechnung den Brutto- Mietpreis für einen gleichwertigen Ersatzwagen zur Gewinnabwehr von allen Kostenanteilen bereinigt, die ein gewerblicher Vermieter auf den „eigentlichen Gebrauchswert” aufschlägt (BGHZ 45, 212, 220; 56, 214, 218 f, 221); außerdem hat er einen Abzug für Eigenersparnis als berechtigt angesehen und die fiktiven Mietkosten für ein vergleichbares Fahrzeug nur noch als „Anhaltspunkt” bezeichnet (vgl. etwa BGH NJW 1970, 1120). Schließlich hat er einen Betrag als ausreichend erachtet, der die gebrauchsunabhängigen Gemeinkosten (Vorhaltekosten) „maßvoll übersteigt” (BGHZ 56, 214, 216 f). Im Ergebnis liegt der Tagessatz bei 25 bis 35 v.H. der Mietkosten eines gleichwertigen Fahrzeugs. Die Einzelheiten ergeben sich aus Tabellen, die für die Praxis der Haftpflichtversicherer und der Gerichte erstellt und vom Bundesgerichtshof als rechtsfehlerfrei gebilligt worden sind (vgl. die Tabellen von Sanden und Danner, jeweils in der neuesten Fassung abgedruckt bei Palandt/Heinrichs, BGB Anhang zu § 249).
2. Der VIII. Zivilsenat hat diese Rechtsprechung auf den Fall des Schuldnerverzuges mit der Übergabe des (Kraftfahrzeuges oder des) Kraftfahrzeugbriefes ausgedehnt (BGHZ 88, 11; vgl. auch schon BGHZ 85, 11, 15 f) und damit in den Bereich der Vertragshaftung übertragen. In jenem Falle hatte das Berufungsgericht für 50 Tage einen Nutzungsausfallschaden von täglich 21,50 DM festgestellt und insgesamt 1.075 DM zugesprochen.
3. Bei anderen beweglichen Sachen als Kraftfahrzeugen ist der vorübergehende Ausfall der Nutzungsmöglichkeit in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bisher nicht als Vermögensschaden beurteilt worden.
Im Pelzmantel-Fall (BGHZ 63, 393) verlangte der Käufer im Rahmen des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung u.a. 1.700 DM dafür, daß der Pelzmantel wegen wiederholter vergeblicher Nachbesserungsversuche vier Jahre lang nicht habe benutzt werden können; der VIII. Zivilsenat verneinte einen Vermögensschaden.
Im Wohnwagen-Fall (BGHZ 86, 128, 130) verlangte die Eigentümerin Schadensersatz in Höhe von 15 DM täglich (insgesamt 4.665 DM) dafür, daß der beklagte Besitzer eines Campingplatzes ihren Wohnwagen, den sie auf einem gepachteten Einstellplatz dort abgestellt hatte, wegen angeblichen Verzuges mit der Zahlung des Pachtzinses für den Einstellplatz 311 Tage lang nicht herausgab. Der VIII. Zivilsenat verneinte wiederum einen Vermögensschaden.
Im Motorsportboot-Fall (BGHZ 89, 60) hatte das bei einem Straßenverkehrsunfall beschädigte Boot dem Eigentümer während seines Urlaubs und an den darauffolgenden Wochenenden nicht zur beabsichtigten Nutzung zur Verfügung gestanden. Der Kläger verlangte für insgesamt 40 Tage eine pauschalierte Nutzungsentschädigung von 154 DM pro Tag (insgesamt 6.160 DM), berechnet nach einem Mietpreis von 280 DM täglich für vergleichbare Bootstypen. Der VI. Zivilsenat erblickte im zeitweiligen Verlust der Nutzungsmöglichkeit des Bootes nur eine „individuelle Genußschmälerung” und damit einen „nichtvermögensrechtlichen Schaden”.
4. Bei unbeweglichen Sachen ist der vorübergehende Verlust der Gebrauchsmöglichkeit oder die vorübergehende Nutzungsbeeinträchtigung ebenfalls unterschiedlich beurteilt worden.
a) Der III. Zivilsenat hat durch Urteil vom 11. Juli 1963, III ZR 55/62, NJW 1963, 2020 = LM BGB § 906 Nr. 17 einem Grundstückseigentümer, der von übermäßigen Geräuschund Geruchsimmissionen aus einem hoheitlich betriebenen Clubhaus der Stationierungsstreitkräfte betroffen wurde, zwar keinen Vermögensschadensersatz, wohl aber eine Entschädigung für die Einbuße zugebilligt, die „der monatliche Nutzungswert des Grundstücks” erlitt. In jenem Falle hatte der Eigentümer sein Haus weiter bewohnt und es auch nicht zu einem Minderpreis veräußert. In BGHZ 91, 20, 28 hat der III. Senat im Ergebnis hieran festgehalten und dem Eigentümer eines von ihm selbst genutzten Wohnhauses für Geruchsimmissionen durch eine gemeindliche Kläranlage eine Entschädigung wegen enteignenden Eingriffs zugesprochen. Zur Höhe der Entschädigung hat der Senat als rechtsfehlerfrei gebilligt, daß der Tatrichter sich an der hypothetischen Minderung des monatlichen Mietzinses im Falle der Vermietung orientiert hatte.
b) Der VIII. Zivilsenat hat durch Urteil vom 14. Juni 1967, VIII ZR 268/64, NJW 1967, 1803 = LM BGB § 906 LM BGB § 556 Nr. 2 = WM 1967, 749 einem Hauseigentümer Schadensersatz für abstrakten Nutzungsausfall zuerkannt, weil infolge nachvertraglichen Verschuldens der Mieterin die Heizungsanlage unbrauchbar und hierdurch das Haus zeitweise unbenutzbar geworden war. Ob der Eigentümer während der Zeit der Unbewohnbarkeit das Haus sonst in irgendeiner Weise genutzt hätte, erklärte der Senat für unerheblich. Wie der Fall nach Deliktsrecht zu beurteilen gewesen wäre, ließ er offen.
c) Im Rahmen der Beurteilung vertraglicher Verzugsschäden hat der V. Zivilsenat zweimal einen Vermögensschaden verneint. In BGHZ 66, 277 war der Besteller eines noch zu errichtenden Wohnhauses aus einem von seinem Vertragspartner zu vertretenden Grund erst knapp sieben Monate später als vereinbart in den Besitz des Hauses gelangt und war solange in seiner alten (kleineren) Wohnung geblieben. Dem nach einem monatlichen Mietwert von 2.000 DM berechneten Nutznngsausfall sprach der Senat die Qualität eines Vermögensschadens ab. Ebenso entschied er in BGHZ 71, 234 über die Schadensersatzklage des Bestellers einer noch zu errichtenden Eigentumswohnung; dabei sprach er zugleich aus, ein zu ersetzender Vermögensschaden liege auch weder in den Aufwendungen für den auf den Verzugszeitraum (acht Monate) entfallenden Kapitaldienst (für die – fristgerecht gezahlte – Vergütung) noch in den zeitanteiligen umlagefähigen Gemeinschaftskosten.
d) Der VII. Zivilsenat ließ im Schwimmbad-Fall (BGHZ 76, 179) offen, ob dem V. Senat allgemein darin gefolgt werden könne, daß kein Vermögensschaden entstehe, wenn nur die Gebrauchsmöglichkeit eines Hauses oder einer Eigentumswohnung vorübergehend beeinträchtigt werde. Im Ergebnis erblickte aber auch er keinen Vermögensschaden darin, daß ein fehlerhaft geplantes, zu einer größeren Wohnanlage gehöriges privates Schwimmbad während der (achtmonatigen) Mängelbeseitigung nicht benutzt werden konnte.
Dagegen bejahte der VII. Senat im Tiefgaragen-Fall durch urteil vom 10. Oktober 1985, VII ZR 292/84 (zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) nach Werkvertragsrecht einen Vermögensschaden, weil eine zu mehreren Eigenheimen gehörende Tiefgarage mit sechs Einstellplätzen infolge unzureichender Mängelbeseitigung 22 Monate lang unbenutzbar geworden war.
e) Für einen Fall deliktischer Haftung vertrat der V. Zivilsenat im Sprengschaden-Fall (BGHZ 75, 366, 370 ff) den Standpunkt, daß jedenfalls eine bloße Beeinträchtigung des Gebrauchs eines Grundstücks, die nicht bis zum völligen Verlust der Nutzungsmöglichkeit gesteigert sei, keinen ersatzfähigen Vermögensschaden darstelle. In jenem Falle hatte die Ordnungsbehörde wegen Einsturzgefahr vorübergehend die Benutzung eines Hauses untersagt, die Eigentümerin hatte sich jedoch im Kellergeschoß einen Schlafraum eingerichtet und war dort sowie in einer Hälfte des Erdgeschosses trotz des Nutzungsverbots wohnen geblieben.
V.
Die vorstehend wiedergegebene uneinheitliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Frage des Schadensersatzes für entgehende Gebrauchsvorteile ist nicht geeignet, Rechtssicherheit zu schaffen. Sie läßt weder in der theoretischen Abgrenzung von Vermögens- und Nichtvermögensschäden (§ 253 BGB) noch in der Bildung einschlägiger Fallgruppen eine klare Linie erkennen; auch die Frage etwa unterschiedlicher Beurteilung im Vertragsrecht einerseits und im Deliktsrecht andererseits ist ungeklärt. Die Unsicherheit der – voneinander vielfach abweichenden – Begründungen schlägt sich auch in unterschiedlichen Maßstäben zur Ermittlung der Schadenshöhe nieder.
Das Fachschrifttum übt an dieser praktisch nicht mehr überschaubaren Rechtsprechung – wenn auch von zahlreichen unterschiedlichen Standpunkten aus und mit unterschiedlicher Zielrichtung – ungewöhnlich heftige Kritik (vgl. etwa Jahr, AcP 183, 725, 735 Fn. 68: „Difficile est satiram non scribere”; Dunz, JZ 1984, 1010, 1014: „Tragikomödie der Rechtsprechung”). Gemessen an seinen starken Worten leistet es selbst aber nur einen bescheidenen Beitrag zur Bewältigung des Problems und bietet insgesamt der Rechtsprechung keine brauchbare Orientierungshilfe (vgl. etwa auch Littbarski, Rechtstheorie Bd. 15, 1984, S. 203).
VI.
1. Die Frage, ob ein ersatzfähiger Vermögensschaden vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Ansatz nach der sogenannten Differenztheorie zu entscheiden; in erster Linie maßgeblich ist danach ein Vergleich, der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte (vgl. etwa BGHZ 27, 181, 183/184; BGH Urt. v. 4. März 1977, V ZR 236/75, NJW 1978, 262 = LM BGB § 852 Nr. 59; BGHZ 75, 366, 371; 86, 128, 130; zum Vertragsrecht BGHZ 2, 310, 313/314; 3, 16, 26; 20, 338, 343; 87, 156, 158 f m.w.N.).
Ohne eine rechnerische Vermögensdifferenz hat der Bundesgerichtshof einen ersatzfähigen Vermögensschaden aufgrund wertender Betrachtungsweise in bestimmten Fällen mit Beteiligung eines Dritten (versagte Vorteilsanrechnung, Drittschadensliquidation) anerkannt, um dem Sinn und Zweck der Beziehung zwischen dem in seinen Rechtsgütern Verletzten und dem Dritten Rechnung zu tragen und eine – hieran gemessen – zweckwidrige Entlastung des Verletzers (Schädiger) zu vermeiden (vgl. etwa BGHZ 54, 45, 51 m.w.N.). Darüber hinaus hat er – namentlich in den hier interessierenden – Fällen auch ohne Beteiligung Dritter ausnahmsweise einen Vermögensschaden ohne Vermögensdifferenz für möglich gehalten, wenn es sich um die Verletzung eines einzelnen Vermögensguts handelt und sich das Maß der Beeinträchtigung nach objektiven, im Verkehr anerkannten Maßstäben geldlich bewerten läßt (BGHZ 54, 45, 49/50 m.w.N.; 63, 393, 397; 76, 179, 184 f m.w.N.). Einer solchen wertenden Betrachtungsweise, bei der die Bewertungsmaßstäbe allen in Betracht kommenden Vorschriften zu entnehmen sein können (BGHZ 74, 231, 233), hat er aber – besonders in jüngerer Zeit – enge Grenzen gesetzt, weil sonst die im Gesetz bewußt gezogene Grenze zwischen ersatzfähigen Vermögens- und nicht ersatzfähigen Nichtvermögensschäden (§ 253 BGB) verwischt und einer unkontrollierten, gesetzwidrigen Ausuferung der Schadensersatzpflicht Vorschub geleistet würde (vgl. etwa BGHZ 75, 366, 372 m.w.N.; 86, 128, 131; 89, 60, 63).
2. Nach der Differonzhypothese ist ein Vermögensschaden hier zu verneinen.
Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind der Klägerin durch das Wohnen im Campingbus weder zusätzliche Kosten entstanden (§ 251 BGB) noch Einnahmen entgangen (§ 252 BGB). Auch wenn sie ohne die Einsturzgefährdung und das Nutzungsverbot nach ihrem Vorbringen den Campingbus hätte vermieten können, hat sie doch nicht behauptet, daß sie ihn dann auch tatsächlich vermietet hätte. Daß etwa der Verkehrswert ihres Hausgrundstücks trotz ordnungsgemäß ausgeführter Reparaturen (noch) geschmälert wäre, macht die Klägerin selbst nicht geltend.
3. Gründe, die dazu zwängen oder es auch nur ermöglichten, schon allein im Verlust von Gebrauchsvorteilen einen ersatzfähigen Vermögensschaden zu erblicken, sind nicht ersichtlich.
a) In dem erwähnten, eine abstrakte Nutzungs-Entschädigung für die vorübergehende Unbenutzbarkeit eines selbstgenutzten Hauses zusprechenden Urteil vom 14. Juni 1967, VIII ZR 268/64, NJW 1967, 1803 hat der VIII. Zivilsenat an das – ebenfalls bereits erwähnte – Urteil des III. Zivilsenats vom 11. Juli 1963, III ZR 55/62, NJW 1963, 2020 (Clubhaus-Fall) angeknüpft, das aber die – analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu beurteilende – Frage einer Entschädigung für zu duldende (hoheitliche) Geräusch- und Geruchsimmissionen betraf. In jener Entscheidung hatte der III. Zivilsenat die These vertreten, bei unbefugten Eingriffen in Ausschließlichkeitsrechte (wie z.B. das Eigentum) sei eine „Schadensberechnung auf hypothetischer Grundlage” zulässig, „auch wenn sich beim Verletzten eine konkrete Vermögensminderung nicht feststellen läßt”. Diese – aus der Rechtsprechung zu Eingriffen in Immaterialgüterrechte verallgemeinernd abgeleitete – These hat der III. Zivilsenat inzwischen als zu weitgehend aufgegeben (BGHZ 91, 20, 29 im Anschluß an BGHZ 75, 366, 372 f). Der Versuch von Jahr (AcP 183, 725, 760 f), die These dogmatisch zu untermauern, ist fehlgeschlagen:
aa) Wie der von ihm für seine Ansicht in Anspruch genommene I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in BGHZ 57, 116, 118 überzeugend dargelegt und in BGHZ 60, 206, 209 wiederholt hat, folgen die Gründe, die bei ausschließlichen Immaterialgüterrechten zur Anerkennung einer Schadensberechnung nach der entgangenen Lizenz und nach dem Verletzergewinn geführt haben, „aus dem Wesen dieser Immaterialgüterrechte mit ihrer besonderen Verletzlichkeit und dem sich daraus ergebenden besonderen Schutzbedürfnis des Verletzten”. Diese Rechtsprechung dient der Abschöpfung von unrechtmäßig, nämlich unter Verletzung bestimmter Ausschließlichkeitsrechte mit Zuweisungsgehalt erlangten, Vermögensvorteilen. Ihr liegt die Billigkeitserwägung zugrunde, daß niemand durch den Eingriff in solche unkörperlichen Rechtsgegenstände „bessergestellt werden soll, als er im Fall einer ordnungsgemäß nachgesuchten und erteilten Erlaubnis durch den Rechtsinhaber gestanden hätte” (BGHZ 57, 116, 119; 60, 206, 209). Ziel und Begründung jener Rechtsprechung bieten keinen Anknüpfungspunkt dafür, über die Fälle einer konkurrierenden Eingriffskondiktion hinaus eine „abstrakte Nutzungsentschädigung” auch dann zuzusprechen, wenn die Gebrauchsvorteile zwar dem Rechtsinhaber entgangen, aber dem Eingreifenden nicht zugute gekommen sind.
bb) Für diese Fälle verstieße die Zuerkennung eines ersatzfähigen Nutzungsausfallschadens u.a. gegen die in § 252 BGB zum Ausdruck kommende spezielle schadensrechtliche Wertung des Gesetzes. § 252 Satz 2 BGB bringt zwar eine Beweiserleichterung für den zu ersetzenden entgangenen Gewinn (BGHZ 74, 221, 224; zuletzt BGH Urt. v. 29. November 1982, II ZR 80/82, WM 1983, 172), läßt aber den Beweis des Gegenteils zu. Wollte der Betroffene die vorübergehend nicht nutzbare Sache (z.B. gewerblich genutztes Fahrzeug) während dieser Zeit gewinnbringend einsetzen, so ist ihm der gesetzlich vermutete Gewinn zu ersetzen, sofern nicht der Schädiger beweist, daß der Gewinn auch ohne das haftungsbegründende Ereignis ausgeblieben wäre. Das Gesetz knüpft den Schadensersatz in Geld dann nicht schon an den Verlust der abstrakten Nutzungsmöglichkeit, sondern an den nach den besonderen Umständen wahrscheinlichen Eintritt einer Vermögensdifferenz (vgl. auch BGHZ 70, 199, 203; Thiele, Festschrift für Felgentraeger, 1969, S. 393 ff, 404; BGB-RGRK (Steffen) 12. Aufl. § 823 Rdn. 446 m.w.N.; Weber, KVR von A bis Z, „Nutzungsausfall”, C I m.w.N.). Der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit ist nur eine potentielle Schadensquelle, nicht aber schon selbst ein Vermögensschaden (Hermann/Lange, Schadensersatz § 6 VII 4 b m.w.N.). Nach der Wertung des Gesetzes darf dem „Schädiger” nicht der Hinweis abgeschnitten werden, daß die geplante konsumtive Verwendung nicht die Mehrung des Vermögens, sondern den Verzehr der Vermögensressource zur Folge gehabt hätte (zur Bewertung der Eigennutzung von Sachen als Vermögensverzehr vgl. etwa Köndgen, AcP 177, 1, 30; Tolk, Der Frustrierungsgedanke und die Kommerzialisierung immaterieller Schäden, 1976, S. 99; Ströfer, Schadensersatz und Kommerzialisierung, S. 72; Brinker, Die Dogmatik zum Vermögensschadensersatz, 1982, S. 288 ff, 294 f). Anderenfalls würde die konsumtive Verwendungsplanung gegenüber der produktiven schadensrechtlich privilegiert. Für ein solches wertungswidersprüchliches Ergebnis ist ein Anhalt im positiven Recht nicht erkennbar. Eine abstrakte Schadensberechnung läßt das Gesetz nur in bestimmten Ausnahmefällen zur typisierenden Vereinfachung der Abwicklung bestimmter – meist vertraglicher – Schuldverhältnisse zu (vgl. § 376 Abs. 2 und 3 HGB).
cc) Die Vorschriften der §§ 557 Abs. 1, 987 Abs. 2 BGB betreffen Fälle, in denen der Haftpflichtige (Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses oder unrechtmäßiger Besitzer nach Rechtshängigkeit) den Besitz der Sache und damit wenigstens die Nutzungsmöglichkeit behält; sie lassen keine gesetzlichen Wertungen für die hier allein interessierenden Fälle erkennen, in denen der Eingreifende nicht im Besitz der Sache ist oder bleibt und daher nicht einmal die Möglichkeit hat, sie selbst zu nutzen.
dd) Aus § 849 BGB läßt sich die Ersatzfähigkeit entgehender Gebrauchsvorteile ebenfalls nicht ableiten. Diese – den §§ 288, 290 BGB nachgebildete – Bestimmung nimmt in den dort gezogenen engen Grenzen dem Geschädigten nur die Beweislast dafür ab, welchen Schaden er durch die Einbuße an Nutzbarkeit der (entzogenen oder beschädigten) Sache erlitten hat, indem er ihm ohne Nachweis eines konkreten Schadens als pauschalierten Mindestbetrag des Nutzungsentgangs Schadensersatz in Form von Zinszahlungen zuerkennt (BGHZ 87, 38, 40/41 m.w.N. mit Anm. Steffen in LM BGB § 849 Nr. 4). Diese Regelung setzt eine (auf Ersatz des Sachwerts oder der Wertminderung gerichtete) Geldforderung bereits voraus und knüpft hieran eine Beweiserleichterung für einen Zinsausfall als Mindestschaden. Dies rechtfertigt sich aus der problemlosen Möglichkeit, aus einer dem Gläubiger zustehenden Geldsumme wenigstens Nutzungen in Höhe des gesetzlichen Zinsfußes zu ziehen. Im Unterschied dazu geht es hier nicht um den Folgeschaden einer Geldentbehrung, sondern um die Vortrage, ob auch für den Nutzungsausfall anderer Vermögensgüter überhaupt Wertersatz zu leisten ist.
ee) Nach alledem bieten die dem Gesetz zu entnehmenden Interessenbewertungen keine Grundlage, um – mit Jahr – bei Eingriffen in absolut geschützte Rechtsgüter mit Zuweisungsgehalt ohne weiteres eine abstrakte Nutzungsentschädigung – noch dazu in Höhe des fiktiven Mietwerts – zuzuerkennen. Ein so weitgehender Rechtssatz wird in der gesamten neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht mehr postuliert und würde im übrigen alle Bestrebungen der beteiligten Senate unterlaufen, die Ersatzpflicht für Nutzungsausfallschäden einzudämmen (vgl. zu diesen Bestrebungen oben IV 1 b sowie 3 und 4).
b) Der VIII. Zivilsenat hat sich in seinem mehrfach erwähnten Urteil vom 11. Juli 1963 auch auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Nutzungsausfall von Kraftfahrzeugen berufen. Die dazu entwickelten Begründungen sind jedoch schon für den speziellen Bereich der Abwicklung von Kraftfahrzeugunfällen dogmatisch fragwürdig, jedenfalls aber nach der billigenswerten Tendenz neuerer Entscheidungen mehrerer Senate des Bundesgerichtshofes nicht über jenen Lebensbereich hinaus ohne weiteres verallgemeinerungsfähig (BGHZ 86, 128, 131 – Wohnwagen; 89, 60, 62 ff – Motorsportboot; noch zurückhaltender bereits BGHZ 66, 277, 279 ff: „Schon die dogmatischen Grundlagen der Rechtsprechung für die entgehenden Gebrauchsmöglichkeiten eines Kraftfahrzeugs sind noch nicht endgültig gesichert, so daß eine Übertragung ihrer Ergebnisse auf andere Sachverhalte bedenklich erscheint.”
aa) Schon in BGHZ 45, 212, 216 lag der Schwerpunkt der Begründung („vor allem”) auf dem Billigkeitsargument, daß es ein „unerfreuliches Ergebnis” wäre, wenn sich die Schädiger (und ihre Haftpflichtversicherer) durch unberechtigte Ablehnung des (transitorischen) Anspruchs auf Stellung eines Ersatzfahrzeugs oder auf Vorlage der Mietkosten (Naturalrestitution nach § 249 Satz 1 bzw. Satz 2 BGB) von jeglicher Verpflichtung zum Schadensersatz wegen entgehender Gebrauchsvorteile befreien konnten. Dabei wird aber die entgegenstehende Grundentscheidung des Gesetzgebers übersehen: Im Gegensatz zur primären Rechtsverfolgung durch Naturalrestitution (§ 249 BGB), die nicht auf den Ersatz von Vermögensschäden beschränkt ist und auch sonst einen weitergehenden Schutz bietet, schließt der sekundäre Rechtsschutz durch Geldkompensation (§§ 251, 252 BGB) einen Ersatz immaterieller Schäden im Grundsatz ausdrücklich aus (§ 253 BGB) und tritt lediglich subsidiär an die Stelle der Naturalrestitution. Etwaige Unterschiede im Umfang von Naturalrestitution und Geldkompensation sind deshalb nach geltendem Recht als Konsequenzen der vom Gesetzgeber bewußt unterschiedlich ausgestalteten Regelung hinzunehmen.
Seit BGHZ 56, 214, 216 schwingt in der Rechtsprechung zum Nutzungsausfallschaden das weitere Billigkeitsargurnent mit, der Verzicht des Geschädigten auf die Annehmlichkeit eines Ersatzwagens dürfe nicht dem Schädiger zugute kommen. Dem steht jedoch die gesetzgeberische Entscheidung entgegen, daß ein Ausgleich (oder eine Genugtuung, vgl. BGHZ 18, 149, 154 ff) für bloße Unannehmlichkeiten und Unbequemlichkeiten nur in den Ausnahmefällen der §§ 847, 1300 BGB geschaffen werden solle (vgl. in diesem Sinne neuerdings auch § 651 f BGB und hierzu etwa Littbarski, Rechtstheorie Bd. 15, S. 171, 181 ff sowie Ströfer, Schadensersatz und Kommerzialisierung, bes. S. 225 ff). Das Billigkeitsargument würde in den Fällen einer verschuldensunabhängigen Schadensersatzpflicht, wie z.B. aufgrund der Gefährdungshaftung des Kraftfahrzeughalters nach § 7 StVG, ohnehin an Überzeugungskraft verlieren. Im übrigen würde es allen Versuchen der Rechtsprechung widersprechen, der Höhe nicht den vollen fiktiven Mietpreis eines Ersatzwagens, sondern nur die maßvoll erhöhten gebrauchsunabhängigen Gemeinkosten zuzusprechen (vgl. dazu näher unten VII 1 a); denn auch dies „begünstigt” Schädiger/Versicherer in dem mißbilligten Sinne.
bb) Nicht tragfähig ist des weiteren der sogenannte Kommerzialisierungsgedanke (führend BGH Urt. v. 7. Mai 1955, III ZR 243/54, NJW 1956, 1234 – Seereise-Fall; ihm folgend u.a. BGHZ 40, 345, 349 f; vgl. auch BGHZ 60, 214, 216; 63, 98, 101 – Pelzmantel). Nach ihm stellen ein Genuß oder eine Annehmlichkeit schon dann keinen rein immateriellen Wert, sondern ein (selbständiges) Vermögensgut dar, wenn sie regelmäßig nur durch entsprechende Vermögensaufwendungen „erkauft” werden können und damit „kommerzialisiert” seien; die Beeinträchtigung des Genusses enthalte dann zugleich eine Beeinträchtigung des mit den gemachten Vermögensaufwendungen erstrebten – Vermögenswerten – Äquivalents. Im Schrifttum ist hieran mit Recht kritisiert worden, es fehle an einer Begründung für die Prämisse, daß die Beeinträchtigung alles dessen, was „kommerzialisiert” sei, einen Vermögensschaden darstelle (Schiemann, Argumente und Prinzipien bei der Fortbildung des Schadensrechts, 1981, S. 53). In der neueren Rechtsprechung wird der Kommerzialisierungsgedanke schon deswegen skeptisch beurteilt und – mindestens – als nicht allein tragfähig angesehen, weil sich Genußmöglichkeiten heute so weitgehend erkaufen lassen, daß sich daraus allein kein sachgerechtes Merkmal zur Abgrenzung von Vermögens- und Nichtvermögensschäden herleiten lasse (BGHZ 66, 273, 279; 75, 366, 373 f; 76, 179, 184 f; 86, 128, 131; 89, 60, 64; vgl. auch Weber, VersR 1985, 110, 115). An diesen Bedenken hält der Senat im Anschluß an BGHZ 66, 273, 279 fest (vgl. im übrigen zu weiteren grundsätzlichen Einwänden die Nachweise in BGHZ 76, 179, 184 sowie aus jüngster Zeit Jahr, AcP 183, 725, 769 – zu Fn. 205 –, 778 ff, 784, 786: „Zirkelschluß”; Schiemann, a.a.O. bes. S. 277 ff; Hagen, JZ 1983, 833, 835 m.w.N.; Dunz, JZ 1984, 1010, 1014: „Denkfehler”; dagegen Weber, VersR 1985, 110, 114 li.).
cc) Als entscheidender Prüfstein für die Vermögensqualität eines Gutes und zugleich als allein noch tragfähiger Geltungsgrund für die Ersatzfähigkeit entgehender Gebrauchsvorteile von Kraftfahrzeugen sowie neuerdings auch von anderen – beweglichen oder unbeweglichen – Sachen, wird in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes überwiegend (offengelassen im Urteil des V. Zivilsenats BGHZ 66, 277, 279) eine dahingehende Einschätzung durch die Verkehrsanschauung angesehen. Schon für den III. Zivilsenat (in BGHZ 40, 345, 349), noch deutlicher aber für den VI. Zivilsenat (BGHZ 45, 212, 215; 55, 146, 149; 56, 215, 216) ist die Erwägung ausschlaggebend gewesen – und gibt noch immer den Ausschlag –, „daß nach der heutigen Verkehrsauffassung der vorübergehende Verlust der Nutzungsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs deshalb als wirtschaftlicher Schaden zu werten ist, weil die Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs innerhalb und außerhalb des Erwerbslebens geeignet ist, Zeit und Kraft zu sparen, so daß die durch die Verfügbarkeit des Kraftfahrzeugs gewonnenen Vorteile als ‚'Geld’ zu betrachten sind” (BGHZ 89, 60, 63). Im Zuge der Bemühungen, einer Ausuferung der Ersatzpflicht entgegenzuwirken, haben die beteiligten Senate des Bundesgerichtshofs durch – nicht näher belegte – Verneinung einer einschlägigen Verkehrsanschauung in den meisten Fällen einen Vermögensschaden verneint (BGHZ 63, 393, 397 – Pelzmantel; 76, 179, 186 – Schwimmbad einer Wohnanlage; 86, 128, 131 f – Wohnwagen; 89, 60, 63 f – Motorsportboot). In seinem Urteil vom 10. Oktober 1985, VII ZR 292/84, ist jedoch nunmehr der VII. Zivilsenat davon ausgegangen, daß die Verkehrsauffassung den jahrelangen Ausschluß der (werkvertraglich gewährleisteten) Gebrauchsmöglichkeit einer Tiefgarage als Vermögensschaden werte: Der Eigentümer bzw. Halter eines Kraftfahrzeuges sehe in der Garage in erster Linie eine jederzeit verfügbare und sichere, vor Diebstahl oder Beschädigungen schützende Abstellmöglichkeit, welche die Nutzung seines Kraftfahrzeugs und damit deren wirtschaftlichen Wert wesentlich gewährleiste. Daneben hat der VII. Senat den selbständigen Vermögenswert einer solchen Nutzungsmöglichkeit allerdings „auch und vor allem” aus der normativen Wertung des Gesetzgebers in der Ausgestaltung des werkvertraglichen Gewährleistungsrechts abgeleitet. In der Rechtsprechung des VI., VII. und VIII. Zivilsenats zeichnet sich die Linie ab, eine Verkehrsanschauung zu unterstellen, derzufolge Nutzungsmöglichkeiten mit selbständigem Vermögenswert von Gebrauchsmöglichkeiten ohne einen solchen danach abzugrenzen seien, ob sie unentbehrlichen allgemeinen und alltäglichen Bedürfnissen dienen (dann Nutzungsausfall als selbständiger Vermögensschaden) oder ob sie „Luxusbedürfnisse” befriedigen (dann Nichtvermögensschaden; vgl. zu dieser Abgrenzung BGHZ 76, 179, 186 f; 86, 128, 133; 89, 60, 62). Im Gegensatz dazu hält der V. Zivilsenat auch nach erneuter Prüfung die Verkehrsanschauung grundsätzlich für kein geeignetes Merkmal, um Vermögensschäden von Nichtvermögensschäden abzugrenzen. Insbesondere erachtet er die konkrete schadensrechtliche Differenzierung zwischen der Beeinträchtigung von Gütern des täglichen Bedarfs einerseits und „Luxusgütern” andererseits als mit dem geltenden Recht nicht vereinbar, als der tatsächlichen Verkehrsanschauung nicht entsprechend und als nicht praktikabel.
Schon grundsätzlich ist einzuwenden, daß die Verkehrsanschauung keine Rechtsquelle ist. Deshalb ist nicht ersichtlich, daß ihr im außervertraglichen Bereich ohne weiteres rechtserzeugende Kraft zukommen könnte, solange sie nicht zu Gewohnheitsrecht erstarkt ist. Die rechtliche Bedeutung der Verkehrsanschauung (und der Verkehrssitte) liegt wesentlich im Vertragsrecht. Im Bereich der Privatautonomie treten Rechtsfolgen prinzipiell deswegen ein, weil sie gewollt sind. Vertragsparteien steht es grundsätzlich frei, auch immaterielle Interessen zum Gegenstand ihrer primären Leistungspflichten zu machen und dementsprechend auch für die (sekundären) Schadensersatzpflichten im Falle von Leistungsstörungen die Schranke des § 253 BGB für den Ersatz von Nichtvermögensschäden im Wege der Vereinbarung abzubauen (vgl. zu diesem Ansatz – allerdings schon grundsätzlich gegen die Anwendbarkeit des § 253 BGB im Vertragsrecht – Ströfer, Schadensersatz und Kommerzialisierung – Grundprobleme der Grenzbereiche von materiellem und immateriellem Schaden unter besonderer Berücksichtigung des Vertragsrechts, 1982, bes. S. 134 ff und hierzu die Besprechung von Hagen, AcP 182, 573 ff; zur Abdingbarkeit des § 253 vgl. Staudinger/Medicus, BGB 12. Aufl. § 253 Rdn. 12 m.w.N. zum Streitstand). Deshalb kann der Verkehrsanschauung als Indiz für die (typische) Bedeutung einer Willenserklärung aus der (maßgeblichen) Sicht des Erklärungsempfängers entscheidende Bedeutung auch für die Frage der Abdingung des § 253 BGB im Rahmen vertraglicher Beziehungen zukommen. Im Rahmen der außervertraglichen Ausgleichsordnung aber treten Rechtsfolgen ein, weil sie von der Rechtsordnung gewollt sind. Die Verkehrsanschauung ist hier von untergeordneter Bedeutung. Weicht sie wirklich von dem bisherigen Ergebnis der Gesetzesauslegung ab, so mag und wird dies dem Richter Anlaß geben, sein bisheriges Gesetzesverständnis unter Ausschöpfung aller anerkannten Auslegungs- und ggf. Rechtsfortbildungsgrundsätze zu überdenken. Auch dann aber darf er sich nicht auf die Verkehrsanschauung als alleinigen oder auch nur tragenden Grund seiner neuen Gesetzesauslegung oder -fortbildung zurückziehen; er erliegt sonst einem Zirkelschluß. Nicht zuletzt sind der rechtskonkretisierenden oder gar rechtsfortbildenden Kraft der Verkehrsanschauung dort Grenzen gesetzt, wo sie – wie hier – mit erkennbaren Wertungen des Gesetzgebers in Widerspruch gerät.
In tatsächlicher Hinsicht ist bedenklich, daß die Verkehrsanschauung meist nicht empirisch festgestellt, sondern von den jeweils entscheidenden Richtern nur unterstellt wird. Die empirisch nicht abgesicherte Berufung auf die Verkehrsauffassung mag oft nur als Kurzformel dafür dienen, daß eine bestimmte Lösung nach der Wertauffassung des jeweils entscheidenden Spruchkörpers richtig sei (Schiemann, a.a.O. S. 153/154). Sie kann zu nicht hinnehmbarer Rechtsunsicherheit führen (vgl. etwa auch Littbarski, Rechtstheorie Bd. 15, 171, 194 f, 198; Schacht, NJW 1981, 1350, 1351; Hommelhoff, JR 1981, 17) und hat dies in der Frage der Ersatzfähigkeit entgehender Gebrauchsvorteile auch schon getan. Wollte die Rechtsprechung aber tatsächlich jeweils die einschlägige Verkehrsanschauung ermitteln, so würde dies die Gerichte in unvertretbar weitem und auch kaum praktikablem Umfang von demoskopischen Umfragen abhängig machen.
Die Frage, ob die Benutzbarkeit einer Sache einen eigenen Vermögenswert besitzt (und der zeitweilige Nutzungsausfall daher schon als solcher einen ersatzfähigen Vermögensschaden begründet), ist nach alledem keine Frage der Verkehrsanschauung, sondern eine Frage des objektiven Rechts. Sie kann nur aufgrund von Wertungskriterien entschieden werden, die entweder im Gesetz angelegt oder mindestens mit dem Gesetz vereinbar sind. Ein Abstellen auf die Verkehrsauffassung ist – anders als in §§ 157, 242 BGB – in den §§ 249 ff DGB nicht vorgesehen. Der Rückgriff auf sie würde es ermöglichen, entgegen der widerleglichen Vermutung des § 252 Satz 2 BGB und dem Ausnahmecharakter zulässiger abstrakter Schadensberechnung (vgl. § 376 Abs. 2 und 3 HGB, §§ 288 Abs. 1 Satz 1, 290, 849 BGB) für den Nutzungsausfall bestimmter Gegenstände (oder gar allgemein) eine unwiderlegliche Schadensvermutung zu begründen. Das widerspricht dem Gesetz.
Abzulehnen ist insbesondere die sich in der Rechtsprechung mehrerer Senate des Bundesgerichtshofes abzeichnende, auf die Unterstellung dahingehender Verkehrsanschauungen gestützte, schadensrechtliche Grenzlinie zwischen dem Ausfall der Gebrauchsmöglichkeiten von Gütern des täglichen Bedarfs einerseits und von „Luxusgütern” andererseits. Sie würfe zum einen die Frage auf, nach dem Konsumverhalten welcher Einkommensklasse der Luxuscharakter oder die Alltäglichkeit der Nutzungen einer Sache beurteilt werden solle. Eine solche Frage würde in das Schadensrecht eine Differenzierung hineintragen, die dem geltenden Recht fremd ist; denn dieses unterscheidet aus gutem Grund nur im Vollstreckungsschutzrecht (vgl. § 811 ZPO sowie die Pfändungsfreigrenzen nach §§ 850 ff ZPO) nach dem Kriterium, wie dringend der Schuldner die ihm durch Pfändung zu entziehenden Gegenstände benötigt. Eine Abgrenzung nach der Bewertung einer Gebrauchsmöglichkeit als „Luxus” müßte – ganz abgesehen von der ohnehin zu bemängelnden Unschärfe dieses Begriffs – zudem in Zeiten steigenden oder fallenden Wohlstandes zu immer neuen Abgrenzungsschwierigkeiten und damit zu fortdauernder Rechtsunsicherheit führen.
dd) In der soeben erörterten zentralen Argumentation der Rechtsprechung zum Nutzungsausfall von – auch nicht gewerblich genutzten – Kraftfahrzeugen klingt der Rechtsgedanke an: „Zeit ist Geld” (so etwa auch Dunz, JZ 1984, 1010, 1012 re. und Weber, KVR von A bis Z „Nutzungsausfall” B I 2 a). Ein solches Schlagwort ist dem geltenden Recht aber fremd und würde zu einer weiteren Verwischung der Grenzlinie zwischen Vermögens- und Nichtvermögensschäden führen. Gemäß § 252 BGB kann ein dem Schädiger zurechenbarer Zeitverlust je nach den Dispositionen des Geschädigten zu einem Gewinnentgang und damit zu einem ersatzfähigen Vermögensschaden führen; anderenfalls aber liegt ein Vermögensschaden nicht vor.
ee) Mit dem geltenden Schadensrecht unvereinbar ist auch die von mehreren Senaten des Bundesgerichtshofes getroffene – einschränkende – Unterscheidung nach der „Fühlbarkeit” der Gebrauchsentbehrung.
Bereits in BGHZ 40, 345, 353 hat der III. Zivilsenat ausgeführt, es gebe Fälle, „in denen der vorübergehende Verlust des Besitzes oder der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftwagens für den Betroffenen überhaupt nicht fühlbar wird, also bei wirtschaftlicher Betrachtung keinen Nachteil enthält”. Der VI. Senat hat das Korrektiv der Fühlbarkeit übernommen (BGHZ 45, 212, 219). Beide Senate haben hieraus eine Reihe von Konsequenzen gezogen, diese allerdings auch zum Teil wieder eingeschränkt (vgl. hierzu die unter IV 1 b mitgeteilten Rechtsprechungsnachweise).
Alle diese Einschränkungen mögen rechtspolitisch erforderlich gewesen sein, um eine Ausuferung des Schadensersatzes bei Kraftfahrzeugunfällen zu verhindern. Dies spricht aber nur zusätzlich dafür, daß die Rechtsprechung zum Nutzungsausfall von Kraftfahrzeugen schon im Ansatz zu weit geht. Jedenfalls ist eine Einschränkung der Ersatzpflicht nach dem Erfordernis der „Fühlbarkeit” des Vermögensnachteils dem Schadensersatzrecht sonst fremd. Ein Millionär, dem ein – geringer – Gewinn entgeht, darf diesen nach dem klaren Wortlaut und der eindeutigen gesetzlichen Wertung des § 252 BGB auch dann als Vermögensschaden ersetzt verlangen, wenn er die Auswirkungen der ausgebliebenen Vermögensmehrung nicht spürt. Umgekehrt erleidet auch ein hoffnungslos Überschuldeter einen ersatzfähigen Vermögensschaden, wenn er mit einer weiteren Verbindlichkeit belastet wird, ohne daß sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse dadurch fühlbar verschlechtern (BGHZ 59, 148, 149 f sowie BGH Urt. v. 10. Oktober 1985, IX ZR 153/84 in Abkehr von der Rechtsprechung des Reichsgerichts). Die Beschränkung des Schadensausgleichs auf fühlbare Gebrauchsentbehrungen verstößt gegen den gesetzlichen Grundsatz der Totalreparation (vgl. auch Hommelhoff, JR 1981, 17).
ff) Nach alledem erscheinen die verschiedenen Begründungen, die – mit wechselnden Akzenten – für die Ersatzfähigkeit des Nutzungsausfalls von Kraftfahrzeugen gegeben worden sind (und die ihnen zugeordneten tatbestandsmäßigen Abgrenzungen) als dogmatisch nicht tragfähig.
Immerhin aber hat sich diese Rechtsprechung in nunmehr 22-jähriger Übung einen festen Platz in der Praxis der (auch versicherungstechnischen) Regulierung von Verkehrsunfällen erobert und mag sich in ihrem fest umrissenen Regelungsbereich eines typischen Massenrisikos bewährt haben (in diesem Sinne schon das Senatsurteil BGHZ 66, 277, 278; ähnlich Schiemann, Argumente und Prinzipien S. 298 f; Hagen, JZ 1983, 833, 836/837 – unter dd –). Es ist deshalb zweifelhaft, ob sie allein wegen der Brüchigkeit ihrer dogmatischen Grundlagen wieder aufgegeben werden sollte oder auch nur aufgegeben werden darf (vgl. etwa Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 298 ff: „… geltendes Recht ohne Gesetzgebungsverfahren und dennoch ohne Legitimation durch Rechtsgründe …” – S. 300; ferner Hagen, JZ 1983, 833, 836/837 – unter dd – mit Hinweis auf spezifisch verkehrshaftpflichtrechtliche Gesichtspunkte; ihm zustimmend Stürner, VersR 1984, 297, 302). Jedenfalls aber erscheint sie – auch nach ihrem Selbstverständnis (BGHZ 89, 60, 63: „… strenger Maßstab …”; vgl. hierzu auch die Urteilsanmerkung von Lepa in LM BGB § 249 (A) Nr. 68 sowie BGB-RGRK (Steffen) 12. Aufl. § 823 Rdn. 444 ff, 449) – allenfalls in sehr engen Grenzen als analogiefähig. Auf den deliktisch verursachten Nutzungsausfall von Grundstücken läßt sie sich nach Ansicht des V. Zivilsenats nicht übertragen.
c) Nach alledem kommt es nicht darauf an, ob sich für die geldmäßige Bemessung einer zeitweiligen Gebrauchsentbehrung Maßstäbe finden ließen, die in gewisser Hinsicht von der Rechtsordnung anerkannt sind (so Hommelhoff, JZ 1981, 17 gegen die Begründung des VII. Zivilsenats in BGHZ 76, 179, 187 – Schwimmbad; vgl. auch BGB-RGRK (Steffen) § 823 Rdn. 444 m.w.N.). Im übrigen spricht zwar das Fehlen solcher Maßstäbe in aller Regel dafür, daß in der Gebrauchsentziehung kein selbständiger Vermögensschaden liegt (BGHZ 63, 393, 397), doch gilt dieser Satz nicht auch im umgekehrten Sinne. Der Gebrauchswert steht nicht selbständig neben dem Substanzwert, sondern ist mit ihm untrennbar im Verkehrswert verbunden. Eine Verminderung des Gebrauchswerts wird in der Regel auch zu einem Absinken des Verkehrswerts führen; mit dem Ausgleich der Differenz des Verkehrswerts ist zugleich die Minderung des Gebrauchswerts ausgeglichen (vgl. auch Dunz, JZ 1984, 1010, 1012).
Als zusätzlicher, gerade auf den Zeitraum des Nutzungsausfalls bezogener Vermögensschaden, der unabhängig von einem etwaigen Nachholen der Nutzung nicht ausgeglichen wird, kommen rein rechnerisch die zeitanteiligen (gebrauchsunabhängigen) Gemeinkosten in Betracht, die erforderlich sind, um den Gebrauch der Sache gerade in dem Zeitraum des Nutzungsausfalls zu ermöglichen (vgl. Larenz, Schuldrecht I 13. Aufl. § 29 II c); dies sind bei Kraftfahrzeugen die Kraftfahrzeugsteuer und die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung. Diese Kosten sind von den individuellen Verhältnissen des Eigentümers unabhängig und spiegeln – anders als die Anschaffungskosten von Gütern ohne Marktpreisbindung – einen für jedermann gleichen, exakt feststellbaren Wert wider, dessen Ausgleich in der Praxis keine Schwierigkeiten bereiten würde.
Dennoch bestehen gegen den Ersatz selbst nur dieser Kosten durchgreifende Bedenken.
Die zeitanteiligen gebrauchsunabhängigen Gemeinkosten werden durch das den Nutzungsausfall herbeiführende Ereignis nicht verursacht (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGHZ 71, 234, 237 ff – „frustrierte” zeitanteilige Gemeinschaftskosten). Grundsätzlich ist die Schadensersatzpflicht aber auf den durch das haftungsbegründende Ereignis verursachten Schaden beschränkt (vgl. auch BGHZ 75, 230, 238 – Fangprämie). Soweit beim Einsatz eines Reservefahrzeugs zur Schadensabwendung die Vorhaltekosten dennoch als ersatzfähig angesehen worden sind (BGHZ 32, 280, 284 f; 70, 199, 201), beruht dies wesentlich auf dem engen Zusammenhang zwischen Schadensabwendung und (gemäß § 254 BGB dem Geschädigten obliegender) Schadensminderung (vgl. (BGHZ 32, 280, 285); im übrigen lassen sich die Ergebnisse dieser Rechtsprechung wohl auch im Rahmen von Kausalitätserwägungen begründen, wenn man auf den durch das haftungsbegründende Ereignis bewirkten Einsatz der Betriebsreserve abstellt (so Thiele, Festschrift für Felgentraeger, 1969, S. 393 ff, 405 f).
Allgemein besteht im Schadensersatzrecht jedenfalls nicht der Grundsatz, daß Aufwendungen erstattet werden müssen, die infolge eines zum Schadensersatz verpflichtenden Ereignisses nutzlos geworden sind (BGHZ 65, 170, 174; 71, 234, 237; näher hierzu Weber, VersR 1985, 110, 112/113 und ders. KVR von A bis Z „Nutzungsausfall” B II 1, jeweils m.w.N.; entschieden gegen eine allgemeine Anerkennung der „Frustrationslehre” auch die herrschende Meinung im Schrifttum – vgl. etwa Staudinger/Medicus, BGB 12. Aufl. § 249 Rdn. 126 ff m.w.N. Rdn. 128 –, die von ihr mit Recht noch stärker als vom Kommerzialisierungsgedanken eine „völlige Aushöhlung des § 253” befürchtet).
Auch wenn man wegen der Kausalitätsbedenken nicht auf die zeitanteiligen Gemeinkosten, sondern auf deren „Äquivalent”, die zeitanteilige Benutzbarkeit der Sache, abstellt und die tatsächlichen Aufwendungen als Maßstab für den Geldwert des Gebrauchsverlustes heranzieht (so jetzt Larenz, Schuldrecht I § 29 II c), führt dies nicht entscheidend weiter. Zwar greift angesichts der genormten Höhe dieser Gemeinkosten (Steuern, Versicherung) nicht der sonst beachtliche Einwand durch, daß ein Gegenstand im allgemeinen weder deshalb Wert hat, weil seine Produktion etwas gekostet hat, noch gerade den Wert hat, der dem Betrag der Herstellungskosten entspricht (so zutreffend Jahr, AcP 183, 725, 786: „Binsenweisheit” entgegen den „naiven ökonomischen ‚objektiven Werttheorien’”). Es bleibt aber das – bereits oben unter VI 3 a, bb abgehandelte – Bedenken einer gesetzwidrigen schadensrechtlichen Privilegierung der konsumtiven Sachnutzung gegenüber einer auf Gewinnerzielung angelegten. Bei einer gewerblichen Nutzung (z.B. eines Mehrfamilienhauses als Renditeobjekt) wirken sich die zeitanteiligen Gemeinkosten gewinnmindernd aus und schmälern daher den – allein in Betracht kommenden – Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns (§ 252 BGB); diese Kosten bleiben dann also in der Risikosphäre des Geschädigten. Dieser gesetzlichen Interessenbewertung würde es widersprechen, wollte man in den Fällen vereitelter konsumtiver Sachnutzung die („frustrierten”) Vorhaltekosten auf den Schädiger überwälzen.
4. Nach alledem vertritt der V. Zivilsenat den Standpunkt, daß in Fällen gesetzlicher Haftung (aus Delikt oder Gefährdungshaftung) der vorübergehende Ausfall der Nutzungsmöglichkeit einer von dem Eingriff betroffenen, vom Eigentümer selbst genutzten Sache, mithin auch eines selbstgenutzten Wohnhauses, keinen Vermögensschaden im Sinne des allgemeinen Schadensrechts (§§ 251, 252 BGB) darstellt.
5. Nicht gestellt wird hier die Frage, ob und unter welchen besonderen Voraussetzungen ein Nutzungsausfallschaden im Rahmen vertraglicher Schadensersatzansprüche nach dem Sinn und Zweck bestimmter Verträge (und der sie ergänzenden Gewährleistungsvorschriften) ersatzfähig sein kann (vgl. etwa BGH Urt. v. 10. Oktober 1985, VII ZR 292/84, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, sowie grundsätzlich Ströfer, Schadensersatz und Kommerzialisierung – Grundprobleme der Grenzbereiche von materiellem und immateriellem Schaden unter besonderer Berücksichtigung des Vertragsrechts, bes. S. 200 ff).
VII.
Für den Fall, daß der Große Senat für Zivilsachen, aus welchen Gründen auch immer, Nutzungsausfallschäden an selbstgenutzten Sachen, insbesondere an selbstgenutzten Wohnhäusern, auch im Rahmen deliktischer Schadensersatzansprüche für ersatzfähig hält, stellt sich die weitere Frage nach der Bemessung dieses Schadens.
1. Soweit der Bundesgerichtshof bisher Nutzungsausfallschäden für ersatzfähig erklärt hat, läßt sich eine einheitliche Linie für die Schadensberechnung nicht erkennen.
a) Für den Nutzungsausfall unfallbeschädigter Kraftfahrzeuge hat der VI. Zivilsenat in keiner Phase seiner Rechtsprechung etwa die fiktiven Mietwagenkosten als ersatzfähigen Betrag angesehen. Zunächst hat er „von oben herunter” gerechnet und den Brutto-Mietpreis für einen gleichwertigen Ersatzwagen von allen Kostenanteilen bereinigt, die ein gewerblicher Vermieter auf den „eigentlichen Gebrauchswert” aufschlägt (BGHZ 45, 212, 220; 56, 214, 218 f, 221), also um den Unternehmergewinn, um allgemeine Betriebskosten und um das Betriebsrisiko; außerdem hat er einen Abzug für Eigenersparnis als berechtigt angesehen und danach die fiktiven Mietkosten für ein vergleichbares Fahrzeug nur noch als „Anhaltspunkt” bezeichnet (BGH Urt. v. 17. März 1970, VI ZR 108/68, NJW 1970, 1120). Seit langem rechnet er jedoch „von unten herauf” und bezeichnet einen Betrag als ausreichend, der die gebrauchsunabhängigen Gemeinkosten (Vorhaltekosten) „maßvoll übersteigt” (BGHZ 56, 214, 216 f).
b) In einem Fall vertraglichen Schadensersatzes wegen verspäteter Übergabe des zu einem verkauften Personenkraftwagen gehörigen Kraftfahrzeugbriefes hat der VIII. Zivilsenat (BGHZ 88, 11, 16) den Einwand zurückgewiesen, daß die kurzfristige zeitliche Verschiebung der Nutzungsmöglichkeit nicht als Vermögensschaden qualifiziert werden könne. Die Schadensberechnung als solche war in der Revisionsinstanz nicht angegriffen. Bei ihr hatte das Berufungsgericht auf Tabellen-Werte der Unfallregulierungspraxis zurückgegriffen und den entsprechenden Tagessatz um – gesondert ausgewiesene – Vorhaltekosten gekürzt, weil diese beim Kläger (Käufer) „praktisch nicht angefallen” seien.
c) Der VII. Zivilsenat hat in seinem Tiefgaragen- Urteil vom 10. Oktober 1985, VII ZR 292/84 (vgl. auch oben unter IV 4 d) ausgeführt, die in jenem Falle für die Bejahung eines Vermögensschadens maßgebliche Gewährleistungsregelung des Werkvertrages bestimme zugleich den Umfang des Vermögensschadens. Grundlage der Schadensberechnung sei die Wertminderung, welche die einzelnen Häuser erfahren hätten, falls die Mängel nicht mehr beseitigt werden könnten, die Garage mithin endgültig unbenutzbar bliebe. Dieser Schaden sei im Verhältnis des Zeitraums zu berücksichtigen, in dem der Wert der Häuser infolge der Nichtbenutzbarkeit der Garage aus Verschulden der Beklagten gemindert worden sei bzw. voraussichtlich noch gemindert sein werde, und der Dauer, für die nach den Verträgen mit der Benutzbarkeit der Garage habe gerechnet werden dürfen; der Mietzins einer sonst verfügbaren Ersatzgarage habe also als alleiniger Berechnungsmaßstab auszuscheiden (Hinweis auf Hommelhoff, JZ 1981, 17, 18), doch könne er bei der Ermittlung der Wertminderung als entscheidender Faktor berücksichtigt werden.
d) Wie zur Abrundung noch angeführt sei, hat der III. Zivilsenat in seinem Immissionsurteil BGHZ 91, 20, 31 (vgl. auch oben unter IV 4 a) keinen Rechtsfehler darin gesehen, daß das Berufungsgericht die Höhe der Entschädigung (wegen enteignenden Eingriffs) für die Nutzungsbeeinträchtigung an der hypothetischen Minderung des monatlichen Mietzinses im Falle einer Vermietung orientiert hatte: die Miete sei das verkehrsübliche Entgelt für die Nutzung eines Hauses (einer Wohnung), so daß es sachgerecht erscheine, den Nutzungsausfall nach der (fiktiven) Mietminderung zu bemessen.
2. Der V. Zivilsenat nimmt zu diesem Stande der Rechtsprechung betreffend die Bemessung des Nutzungsausfallschadens wie folgt Stellung.
a) Dem VI. Zivilsenat ist darin zu folgen, daß die fiktiven Mietkosten für eine Ersatzsache (oder die fiktive Mietminderung im Falle der Nutzungsbeeinträchtigung) nicht unmittelbar als Bemessungsmaßstab in Betracht kommen. Die Nutzung einer Sache durch den Eigentümer selbst ist nicht auf Gewinnerzielung, sondern auf den Konsum der gespeicherten Nutzungsmöglichkeiten angelegt; der vorübergehende Nutzungsausfall (oder die vorübergehende Beeinträchtigung der Nutzung) berührt daher – anders als im Fall gewerblicher Nutzung – keine Gewinnerzielungschancen. Nach dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot muß der fiktive Mietpreis daher von allen auf Gewinnerzielung gerichteten Faktoren bereinigt werden. Danach dürfte der fiktive Mietpreis nicht, wie der VII. Zivilsenat meint, als „entscheidender” Berechnungsfaktor in Betracht kommen (so im Ergebnis auch Hommelhoff, a.a.O., auf den sich der VII. Zivilsenat im übrigen – insoweit aber wohl zu Unrecht – beruft).
b) Am ehesten wäre noch der Ansatz des VI. Zivilsenats, d.h. das Rechnen „von unten herauf”, zu akzeptieren, obwohl auch die zeitanteiligen „leerlaufenden” Gemeinkosten (Steuern, Versicherung u.a.), wie der Vergleich mit dem Nutzungsausfall gewerblich genutzter Sachen gezeigt hat (vgl. oben VI 3 a, bb), nach der Wertung des § 252 BGB nicht zu ersetzen sind. Abzulehnen ist jedenfalls der „maßvolle Aufschlag”, weil sich für ihn erst recht keine tragfähigen dogmatischen Grundlagen nachweisen lassen. Hieran ändert auch der Begründungsversuch von Dunz (JZ 1984, 1010, 1012 ff; gegen ihn Weber, VersR 1985, 110 ff) nichts. Nach Dunz soll der „Zuschlag” nichts anderes sein als „eine widerlegbare Pauschale für typische Folgeschäden” (a.a.O. S. 1012). Soweit Dunz auf den zusätzlichen Aufwand des Geschädigten an Zeit und Kraft abhebt und sich auf die These stützt, „Zeit” sei auch außerhalb des Erwerbslebens „Geld”, trifft dies in dieser Allgemeinheit nach geltendem Recht nicht zu (vgl. hierzu schon oben unter VI 3 b, dd). Soweit er außerdem an zusätzlichen Geldaufwand für Straßenbahnfahrkarten, an Aufmerksamkeiten für unentgeltliche Mitfahrten bei anderen u.a. denkt, wären demgegenüber die (im Zweifel höheren) Einsparungen infolge der Nichtbenutzung des eigenen Pkw (Benzinkosten, Inspektionsanteile, Fahrzeugabnutzung) aufzurechnen. Der „maßvolle Aufschlag” ist ungerechtfertigt und überflüssig.
VIII.
Nach alledem halt der V. Zivilsenat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Beantwortung der in der Beschlußformel gestellten Fragen durch den Großen Senat für Zivilsachen für erforderlich.
Unterschriften
Dr. Thumm, Hagen, Linden, Vogt, Räfle
Fundstellen
Haufe-Index 1237706 |
JZ 1986, 387 |