Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsgebühr. Anrechnung. Verfahrensgebühr
Leitsatz (amtlich)
Zur anteiligen Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 22.1.2008 - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323).
Normenkette
ZPO § 91; RVG VV Anlage 1 Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 4
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 18. Zivilsenats des OLG Frankfurt vom 4.12.2007 - 18 W 342/07 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Gegenstandswert: 290,06 EUR
Gründe
I.
[1] Im vorausgegangenen Erkenntnisverfahren hat der Kläger die Beklagte auf Herausgabe eines von ihr aus der Versteigerung eines Bildes erhaltenen Betrags von 6.292,35 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen. Außerdem hat er als vorgerichtliche Kosten eine halbe Geschäftsgebühr seines Prozessbevollmächtigten von 0,65 nach Nr. 2300 RVG-VV i.H.v. 243,75 EUR zzgl. Postpauschale und Mehrwertsteuer geltend gemacht. Das LG hat den Klageanträgen in vollem Umfang entsprochen und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt.
[2] Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger u.a. eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV von 487,50 EUR angemeldet. Das LG hat ihm wegen der Anrechnungsbestimmung in Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 RVG-VV lediglich eine 0,65-Verfahrensgebühr zuerkannt. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Begehren auf Festsetzung der vollen Verfahrensgebühr weiter.
II.
[3] Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung ist nicht zu beanstanden.
[4] 1. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BGH vermindert sich durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen anwaltlichen Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 RVG-VV auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens nach Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren nach Nr. 3100 RVG-VV anfallende Verfahrensgebühr (BGH, Urt. v. 7.3.2007 - VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049; v. 14.3.2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050; v. 11.7.2007 - VIII ZR 310/06, NJW 2007, 3500; Beschl. v. 22.1.2008 - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323, 1324 Rz. 6). Das ist, wie der VIII. Zivilsenat des BGH nunmehr - nach Erlass des angefochtenen Beschlusses - ebenfalls entschieden hat, wegen § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO auch im Kostenfestsetzungsverfahren ohne Rücksicht darauf zu beachten, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten ist und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist (Beschluss vom 22.1.2008, a.a.O., Rz. 6 ff.). Dem schließt sich der hier zuständige III. Zivilsenat an. Mit den von den abweichenden Auffassungen dagegen vorgebrachten Argumenten, die sich auch die Rechtsbeschwerde zu Eigen macht, hat sich der VIII. Zivilsenat eingehend auseinandergesetzt und sie sämtlich für nicht durchgreifend erachtet. Darauf wird Bezug genommen. Die dadurch bedingte Belastung des Kostenfestsetzungsverfahrens mit materiell-rechtlichen Fragen in manchen Fällen ist angesichts der eindeutigen Fassung des Gesetzes ebenso hinzunehmen wie Einschränkungen der Kostenerstattungsansprüche von Beklagten ggü. der früheren Praxis, die die Anrechnungsvorschriften gegen deren Wortlaut im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht angewendet hatte.
[5] 2. Mit Recht haben hiernach die Vorinstanzen die vom Kläger zur Festsetzung angemeldete 1,3-Verfahrensgebühr unter Teilanrechnung der unstreitig wegen desselben Gegenstandes entstandenen Geschäftsgebühr auf die Hälfte vermindert. Dass der Kläger im Erkenntnisverfahren lediglich eine halbe vorgerichtliche Geschäftsgebühr eingeklagt hatte, steht dem nach den vorstehenden Ausführungen nicht entgegen. Eine Ausnahme von der gesetzlichen Anrechnung auf die Verfahrensgebühr ist entgegen der Rechtsbeschwerde auch nicht in "Übergangsfällen", in denen nach bisheriger Übung klageweise nur die Hälfte der Geschäftsgebühr geltend gemacht worden war, geboten. Für einen Vertrauensschutz besteht dabei schon deswegen kein Bedürfnis, weil es dem Kläger frei steht, die zweite Hälfte der ihn belastenden anwaltlichen Geschäftsgebühr nachträglich gegen die Beklagte gerichtlich geltend zu machen.
Fundstellen