Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietzahlung. zur Aufrechnung gestellte Gegenforderungen. Primäraufrechnung. Klärungsbedürftige Frage
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache.
Normenkette
ZPO § 574
Verfahrensgang
Gründe
I. Das Amtsgericht hat der Klage, soweit sie auf Zahlung restlicher Miete gerichtet war, in Höhe von 578,24 EURO stattgegeben und sie im übrigen als unbegründet abgewiesen. Die von der Beklagten gegen die unstreitige Mietforderung zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen hat es für unbegründet gehalten. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), da die Beschwer lediglich 578,24 EURO betrage. Bei der hier allein gegebenen Primäraufrechnung sei die Beklagte durch das der Klage stattgebende Urteil nur in Höhe des Betrages beschwert, zu dessen Zahlung sie verurteilt worden sei. Gegen diesen Beschluß des Landgerichts richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.
II. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die von der Rechtsbeschwerde allein aufgeworfene Frage, in welchem Umfang ein Beklagter beschwert ist, wenn er gegen die unstreitige Klageforderung primär aufgerechnet hat und der Klage stattgegeben wurde, ist in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt. Danach ist der Beklagte in den Fällen, in denen er gegen eine unbestrittene Gegenforderung aufrechnet, nur in Höhe des Betrages beschwert, zu dessen Zahlung er verurteilt worden ist (BGHZ 57, 301; Senatsbeschluß vom 1. Februar 1995 - XII ZR 218/94 - NJW-RR 1995, 508, BGH Beschlüsse vom 17. Mai 1990 - IX ZR 276/89 - BGHR ZPO § 4 Abs. 1 - Rechtsmittelinteresse 1 -; vom 24. Oktober 1991 - VIII ZR 95/91 - NJW-RR 1992, 314; vom 14. Juli 1999 - VII ZR 70/99 - NJW-RR 1999, 1736; zustimmend: MünchKomm/Rimmelspacher ZPO 2. Aufl. § 511 a Rdn. 28, Stein/Jonas/Grunsky ZPO § 511 a Rdn. 17, Zöller ZPO 24. Aufl. vor § 511 Rdn. 26; zur unterschiedlichen Rechtslage bei der Hilfsaufrechnung: BGH Beschlüsse vom 6. November 1991 - VIII ZR 294/90 - NJW 1992, 912; vom 12. Juli 2000 - VIII ZR 2/99 - EWiR 2000, 1043). Die Rechtsbeschwerde verkennt dies nicht, ist jedoch der Ansicht, die Frage sei deshalb klärungsbedürftig, weil sich der Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen nicht mit den Argumenten der in der Literatur vertretenen Gegenmeinung auseinandergesetzt habe.
Allein dadurch, daß im Schrifttum Gegenmeinungen zu einer ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestehen, wird eine Frage nicht zu einer klärungsbedürftigen im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Bundesgerichtshof hat sich im übrigen schon in seiner Entscheidung vom 24. November 1971 (BGHZ 57 aaO., 302) mit dem von der Rechtsbeschwerde vorgetragenen Gegenargument, das Urteil entscheide sowohl über die Klage als auch über die zur Aufrechnung gestellte Forderung mit Rechtskraftwirkung (Musielak/Ball ZPO 3. Aufl. § 511 Rdn. 35), auseinandergesetzt. Er ist jedoch zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beschwer des Rechtsmittelklägers nicht formal, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten sei. An dieser Rechtsauffassung hat der Bundesgerichtshof in der Folgezeit festgehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 2962015 |
FamRZ 2004, 1714 |
WuM 2004, 492 |