Leitsatz (amtlich)
a) Ein Klageantrag, der auf die Unterlassung gerichtet ist, daß „Preise herabsetzend und/oder ironisch vergleichend gegenübergestellt werden”, genügt nicht den Bestimmtheitserfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
b) Zur Frage der Herabsetzung oder Verunglimpfung eines Mitbewerbers durch Aushang einer Zeitungswerbung dieses Konkurrenten (überschrieben: „PC Sonderaktion – Solange der Vorrat reicht!”) im eigenen Schaufenster mit dem Hinweis, dieselbe beworbene Ware sei in diesem Geschäft „normal” zu einem bestimmten, günstigeren Preis erhältlich.
Normenkette
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; UWG §§ 1, 2 Abs. 2 Nr. 5
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) |
OLG Naumburg |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 23. Februar 1999 wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Klageantrag zu 1 als unzulässig statt als unbegründet abgewiesen wird.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien stehen in E. im Einzelhandel mit Geräten der Büro- und Computertechnik im Wettbewerb.
Im Juli 1997 erschien in der örtlichen Presse eine Werbeanzeige der Klägerin, mit der sie unter der Überschrift „PC Sonderaktion – Solange der Vorrat reicht!” für ein näher beschriebenes Computergerät zum Preis von 1.999 DM warb. Zwei Tage nach Veröffentlichung der Anzeige hängte die Beklagte diese – leicht vergrößert – in ihrem eigenen Schaufenster aus und versah sie mit dem handschriftlichen Hinweis „Dieser PC wird bei unsnormal für 1.850 DM verkauft!”:
Die Klägerin hat dies als wettbewerbswidrig (§ 1 UWG) beanstandet. Sie hat geltend gemacht, die Werbung der Beklagten sei unzulässig, weil sie die eigenen Preise kritisierend und herabwürdigend mit denen der Klägerin vergleiche.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr, insbesondere zu Wettbewerbszwecken, eigene Waren und/oder deren Preise dadurch hervorzuheben und/oder herauszustreichen, daß Waren und/oder Preise von Waren, die durch die Klägerin angeboten werden, mit der eigenen Ware und/oder deren Preise herabsetzend und/oder ironisch vergleichend gegenübergestellt werden,
- die Beklagte insbesondere zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken auf eine Werbeaktion der Klägerin unter Hervorhebung eines Verkaufspreises dahingehend zu reagieren, daß die Beklagte darauf hinweist, daß das gleiche Produkt bei der Beklagten „normal” für weniger Geld verkauft wird.
Das Landgericht hat den Klageantrag zu 1 als unzulässig abgewiesen. Dem Klageantrag zu 2 hat es ohne den Zusatz „insbesondere” entsprochen.
Das Berufungsgericht hat die Klage unter Zurückweisung der gegen die Abweisung des Klageantrags zu 1 gerichteten Berufung der Klägerin auf die – selbständige – Anschlußberufung der Beklagten auch im übrigen abgewiesen.
Mit der (zugelassenen) Revision verfolgt die Klägerin ihre ursprünglichen Klageanträge weiter. Die ordnungsgemäß geladene Beklagte war im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht nicht vertreten. Die Klägerin beantragt, durch Versäumnisurteil zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
I. Über die Revision der Klägerin ist, obwohl die Revisionsbeklagte im Verhandlungstermin vor dem Senat nicht vertreten war, nicht durch Versäumnisurteil, sondern durch streitiges Urteil (unechtes Versäumnisurteil) zu entscheiden, da sie sich auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens als unbegründet erweist (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.1993 – XII ZR 239/91, NJW 1993, 1788; Urt. v. 13.3.1997 – I ZR 215/94, NJW 1998, 156, 157).
II. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Unterlassungsansprüche für unbegründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
Bei der beanstandeten Schaufensterwerbung der Beklagten handele es sich um vergleichende Werbung. Diese sei im Anschluß an die „Testpreis-Angebot”-Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 5. Februar 1998 (BGHZ 138, 55) aber grundsätzlich als zulässig anzusehen, sofern die in Art. 3a Abs. 1 lit. a bis h der Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Die Wettbewerbshandlung der Beklagten sei gemäß Art. 3a Abs. 1 lit. e der Richtlinie 97/55/EG nur dann als unzulässig anzusehen, wenn sie die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder Verhältnisse der Klägerin herabsetze oder verunglimpfe. Dafür sei im Streitfall nichts ersichtlich. Die kritische Befassung mit der Ware oder der Leistung bestimmter Mitbewerber liege im schutzwürdigen Interesse des Werbenden; an einer sachlich und wahrheitsgemäß unterrichtenden Werbung bestehe zudem ein allgemeines Interesse der Verbraucher. Die sich daraus möglicherweise für den betroffenen Mitbewerber ergebenden Nachteile müsse dieser als wettbewerbseigen hinnehmen, wenn die Angaben über seine Waren und Dienstleistungen – wie hier – wahr seien und nicht über das Maß hinausgingen, das nötig sei, um die Vorzüge der eigenen Ware in das richtige Licht zu rücken. Diesen an eine zulässige vergleichende Werbung zu stellenden Anforderungen genüge die beanstandete Werbung der Beklagten. Eine abfällige Beurteilung der Leistungen der Klägerin – etwa der Vorwurf (generell) überhöhter Preise – lasse sich der angegriffenen Schaufensterwerbung auch nicht mit Blick auf die doppelte Unterstreichung des Wortes „normal” entnehmen. Die Beklagte habe insoweit lediglich ihr eigenes Leistungsvermögen besonders hervorgehoben.
III. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
1. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsurteil sei hinsichtlich der Abweisung des Klageantrags zu 1 nicht mit Gründen versehen (§ 551 Nr. 7 ZPO).
Das Berufungsgericht hat diesen Klageantrag – ohne auf die vom Landgericht verneinte Bestimmtheit einzugehen – ersichtlich aus denselben Erwägungen, die es hinsichtlich des Klageantrags zu 2 für durchgreifend erachtet hat, als unbegründet abgewiesen. Damit liegt ein absoluter Revisionsgrund nach § 551 Nr. 7 ZPO nicht vor, auch wenn die gegebene Begründung unrichtig, unzureichend oder unvollständig sein sollte (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 551 Rdn. 8).
Letzteres ist hier aber nicht einmal der Fall. Das Fehlen von Ausführungen zur Zulässigkeit des Klageantrags zu 1 läßt die Entscheidungsgründe weder unrichtig noch unzureichend oder unvollständig erscheinen (vgl. BGH, Urt. v. 10.12.1998 – I ZR 141/96, GRUR 1999, 509, 510 = WRP 1999, 421 – Vorratslücken, m.w.N.) und wirkt sich im Streitfall auf das Ergebnis der Entscheidung auch nicht aus, weil eine Zulässigkeitsprüfung ebenfalls zur Abweisung des betreffenden Klageantrags – wenn auch als unzulässig – geführt hätte.
Die Annahme des Landgerichts, der Klageantrag zu 1 genüge nicht den Bestimmtheitserfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, erweist sich – wie der Senat selbst beurteilen kann, weil es sich um eine von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeitsfrage handelt und weiterer Sachvortrag hierzu nicht zu erwarten ist – als zutreffend.
Ein Klageantrag darf – worauf das Landgericht zu Recht abgestellt hat – nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 5.6.1997 – I ZR 69/95, GRUR 1998, 489, 491 = WRP 1998, 42 – Unbestimmter Unterlassungsantrag III; Urt. v. 15.7.1999 – I ZR 204/96, GRUR 1999, 1017 = WRP 1999, 1035 – Kontrollnummernbeseitigung; Urt. v. 26.10.2000 – I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 454 = WRP 2001, 400 – TCM-Zentrum). Die Klägerin begehrt den Ausspruch des Verbots, eigene Waren oder deren Preise dadurch hervorzuheben, daß sie den Waren oder Preisen der Klägerin herabsetzend und/oder ironisch vergleichend gegenübergestellt werden. Mit Recht hat das Landgericht die Begriffe einer herabsetzenden und ironisch vergleichenden Gegenüberstellung von Waren und Preisen als nicht hinreichend bestimmt angesehen.
Die Verwendung mehrdeutiger Begriffe im Klageantrag kann zwar zulässig sein, wenn deren Bedeutung im Einzelfall nicht zweifelhaft ist. Anders liegt es aber dann, wenn die Bedeutung der verwendeten Begriffe fraglich bleibt und damit der Inhalt und der Umfang des Unterlassungsgebotes nicht eindeutig feststehen (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.1990 – I ZR 35/89, GRUR 1991, 254, 256 = WRP 1991, 216 – Unbestimmter Unterlassungsantrag I; BGH GRUR 2001, 453, 454 – TCM-Zentrum). So verhält es sich hier.
Die Parteien streiten vorliegend im Kern um die Frage, ob in der konkret angegriffenen Werbemaßnahme eine unzulässige Herabsetzung der Klägerin oder ein wettbewerbsrechtlich nicht hinzunehmender ironisierender Vergleich liegt. Wo dabei die Grenze zu einer wettbewerbsrechtlich unbedenklichen vergleichenden Preisgegenüberstellung verläuft, ist weder generell ersichtlich noch ergibt sich dies aus dem zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehenden Vorbringen der Klägerin, das sich nur mit der beanstandeten Wettbewerbshandlung, nicht aber mit anderen denkbaren Preisvergleichen auseinandersetzt. Eine Verurteilung zur Unterlassung von herabsetzenden und ironisch vergleichenden Preisgegenüberstellungen würde demgemäß für die Beklagte eine nicht erträgliche Unsicherheit bedeuten, weil dann erst das Vollstreckungsgericht entscheiden müßte, wie weit das Unterlassungsgebot reicht.
2. In der Sache hat das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß angenommen, daß in der angegriffenen Werbung kein gemäß § 1 UWG unzulässiger herabsetzender oder verunglimpfender Preisvergleich liegt.
Für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch, um den es hier allein geht, ist nunmehr von dem während des Revisionsverfahrens am 14. September 2000 in Kraft getretenen § 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG auszugehen, der in dem hier fraglichen Regelungsbereich inhaltlich Art. 3a Abs. 1 lit. e der Richtlinie 97/55/EG entspricht (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/2959, S. 12 = WRP 2000, 555, 561).
a) Nach dieser Bestimmung verstößt vergleichende Werbung gegen die guten Sitten im Sinne von § 1 UWG, wenn der Vergleich die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft. Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht unter den Umständen des hier zu beurteilenden Falles mit Recht als nicht erfüllt angesehen.
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die angegriffene Werbung der Beklagten unter den Begriff der vergleichenden Werbung fällt, weil sie einen Mitbewerber – die Klägerin – und die von ihm angebotenen Waren unmittelbar erkennbar macht (vgl. § 2 Abs. 1 UWG). Die Annahme einer gemäß § 1 UWG unzulässigen herabsetzenden oder verunglimpfenden vergleichenden Werbung (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG) scheitert jedoch daran, daß die beanstandete Preisgegenüberstellung keine abwertenden und unsachlichen Elemente enthält, die die Klägerin über die mit jedem Preisvergleich verbundenen negativen Wirkungen hinaus unangemessen scharf, abfällig, verächtlich oder zu Unrecht verallgemeinernd kritisieren.
Die in der Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG enthaltene Gleichstellung von Herabsetzung und Verunglimpfung macht deutlich, daß nicht jede herabsetzende Wirkung, die einem kritischen Werbevergleich immanent ist, ausreicht, um den Vergleich nach § 1 UWG unzulässig erscheinen zu lassen (vgl. zu Art. 3a Abs. 1 lit. e der Richtlinie 97/55/EG: BGHZ 139, 378, 385 – Vergleichen Sie). Werbung erfüllt ihren Zweck nur, wenn sie das Angebot des werbenden Unternehmens anpreisend herausstellt, womit naturgemäß eine Abgrenzung gegenüber dem Angebot der Mitbewerber verbunden ist (BGHZ 138, 55, 66 – Testpreis-Angebot). Es liegt im Wesen eines Preisvergleichs, der die eigenen Erzeugnisse als preisgünstiger herausstellt, daß er zu Lasten derjenigen Mitbewerber geht, die ihre Produkte zu einem höheren Preis anbieten. Das weiß der Verkehr, der aus der täglichen Werbung an unterschiedliche Preise für vergleichbare Erzeugnisse gewöhnt ist. Er sieht in einem Preisvergleich allein noch keine Herabsetzung oder Verunglimpfung der Mitbewerber, die ihre Produkte teurer anbieten, sondern empfindet ihn als Ausdruck eines funktionierenden Preiswettbewerbs. Es müssen deshalb über die mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen hinaus besondere Umstände hinzutreten, die den Vergleich in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen (vgl. BGHZ 139, 378, 385 f. – Vergleichen Sie, m.w.N.; Eck/Ikas, WRP 1999, 251, 269; Plaß, WRP 1999, 766, 770). An solchen Umständen fehlt es hier.
aa) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die angegriffene Schaufensterwerbung sei herabsetzend, weil sie den Eindruck hervorrufe, daß das Leistungsangebot der Beklagten generell gleichwertig oder sogar besser sei als das der Klägerin und die Waren der Klägerin generell überteuert seien.
Nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts läßt sich der beanstandeten Werbung der Vorwurf generell überhöhter Preise nicht entnehmen. Die Preisgegenüberstellung der Beklagten bezieht sich deutlich erkennbar auf ein Einzelangebot, nämlich ein bestimmtes Computergerät mit konkret bezeichneten Ausstattungsmerkmalen. Gerade im Bereich des Computerhandels sind aber, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, wechselseitige Preisunterbietungen üblich geworden, so daß mit Preisunterschieden zu rechnen ist. Die Annahme, der Verkehr ziehe aus dem Ergebnis eines einzelnen Preisvergleichs noch nicht den Schluß, daß die Waren der Klägerin generell überteuert seien, ist nicht erfahrungswidrig und läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Auch wenn der vorgenommene Preisvergleich die Beklagte als die günstigere Anbieterin erscheinen läßt und demgemäß geeignet ist, den Verkehr in dem Sinne zu beeinflussen, daß dieser – mittelbar – geneigt ist, auch in anderen Fällen die Beklagte für die potentiell preisgünstigere Mitbewerberin zu halten, läßt sich daraus nicht ableiten, die Klägerin biete sämtliche Waren zu einem höheren Preis an. Hätte die Beklagte dies zum Ausdruck bringen wollen, hätte es nahe gelegen, daß sie auch diesen Gesichtspunkt in ihrer Werbung erwähnt und weitere Beispiele hierfür anführt, um die eigene Werbung wirksamer und anziehender zu gestalten. Ein einzelner Preisvergleich vermag dem Verkehr daher ohne weitere Anhaltspunkte noch nicht die Vorstellung zu vermitteln, die Waren der Klägerin seien schlechthin überteuert.
Etwas anderes ergibt sich – entgegen der Ansicht der Revision – auch nicht daraus, daß die Beklagte durch die doppelte Unterstreichung des Wortes „normal” den dauerhaften Charakter ihrer Preisgestaltung für das betreffende Computergerät besonders hervorhebt. Der Umstand, daß der dauerhaft verlangte Normalpreis der Beklagten niedriger ist als der von der Klägerin im Rahmen einer Sonderaktion geforderte Preis, läßt zwar vermuten, daß der Beklagten unter Umständen in der Tendenz eine attraktivere Preisgestaltung möglich ist als der Klägerin. Dabei handelt es sich aber – wie dem Verkehr bewußt ist – nicht um eine Werbebehauptung der Beklagten, sondern um eine weiterführende Schlußfolgerung, für deren Richtigkeit die Beklagte, die ihren Preisvergleich ausdrücklich nur auf den Einzelfall bezogen hat, nicht einzustehen hat. Ein bloßer sich aus der Werbeaussage und der darin enthaltenen Information ergebender reflexartiger Effekt genügt grundsätzlich nicht für die Annahme, der Werbende selbst wolle den Bezug zu weiteren, über den Inhalt der Werbung hinausgehenden Sachverhalten herstellen (vgl. BGH, Urt. v. 25.3.1999 – I ZR 77/97, GRUR 1999, 1100, 1101 f. = WRP 1999, 1141 – Generika-Werbung). Mit Recht hat das Berufungsgericht daher eine Herabsetzung der Klägerin durch den Vorwurf generell überhöhter Preise verneint.
bb) Auch der weitere Einwand der Revision, wonach allein schon die Herausstellung des Wortes „normal” durch eine doppelte Unterstreichung eine unangemessene Herabsetzung der Klägerin bedeute, greift nicht durch. Die Beklagte darf wahrheitsgemäß auf den Dauercharakter ihres Computerangebots hinweisen und dem Ausnahmecharakter des Angebots der Klägerin gegenüberstellen. Dies dient der sachlichen Unterrichtung der angesprochenen Verbraucher, die ein schutzwürdiges Interesse daran haben zu erfahren, wie lange das preisgünstigere Angebot der Beklagten gilt. In diesem Zusammenhang ist es – entgegen der Ansicht der Revision – auch nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte in ihrer Werbung diesen ihr Angebot gegenüber dem der Klägerin besonders vorteilhaft erscheinen lassenden Aspekt durch eine augenfällige Unterstreichung und ein Ausrufungszeichen besonders herausstellt und betont.
cc) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe zu Unrecht die Erforderlichkeit der Art der Darstellung des Preisvergleichs nicht geprüft, geht ebenfalls fehl.
Entgegen der Auffassung der Revision kommt diesem Merkmal nicht mehr dieselbe – selbständige – Bedeutung zu, wie dies vor der durch die Richtlinie 97/55/EG vom 6. Oktober 1997 geänderten Rechtslage der Fall war. Vor allem ist nicht zu prüfen, ob es notwendig gewesen wäre, den von dem Preisvergleich betroffenen Mitbewerber erkennbar zu machen. Denn nach dem eindeutigen Willen des Richtliniengebers und des deutschen Gesetzgebers ist vergleichende Werbung, die den betroffenen Mitbewerber (unmittelbar oder mittelbar) erkennen läßt, grundsätzlich als zulässig anzusehen, solange die Grenze zur Herabsetzung und Verunglimpfung nicht überschritten ist (vgl. BGHZ 138, 55, 59 – Testpreis-Angebot; 139, 378, 381 – Vergleichen Sie; BGH, Urt. v. 23.4.1998 – I ZR 2/96, GRUR 1999, 69, 71 = WRP 1998, 1065 – Preisvergleichsliste II; Urt. v. 23.11.2000 – I ZR 195/98, GRUR 2001, 350, 351 – OP-Lampen). Dies ist nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts hier nicht der Fall.
Der beanstandete Werbevergleich stellt die Angebote der Parteien nicht auf unangemessene Weise abfällig, abwertend oder unsachlich gegenüber. Dies gilt auch für die konkrete Verletzungsform, die die Klägerin zwar nicht ausdrücklich zum Gegenstand des Klageantrags zu 2 gemacht hat, die aber jedenfalls als Minus in der abstrakten Umschreibung – Reaktion auf eine Werbeaktion der Klägerin unter Hervorhebung eines Verkaufspreises durch den Hinweis darauf, daß das gleiche Produkt bei der Beklagten „normal” für weniger Geld verkauft werde – enthalten ist.
Die Art der Darstellung des Preisvergleichs entbehrt allerdings nicht einer gewissen Ironie. Indem die Beklagte die Werbeanzeige der Klägerin in ihrer konkreten Gestaltung vollständig – leicht vergrößert – abbildet und diese mit dem handschriftlichen Kommentar versieht, daß dasselbe Computergerät bei der Beklagten „normal” für einen geringeren Preis erhältlich sei, benutzt sie die Werbung der Klägerin als Vorspann für ihr eigenes Angebot. Durch die Bezugnahme auf die Werbung der Klägerin macht die Beklagte darauf aufmerksam, daß sie den von der Klägerin augenscheinlich nur für kurze Zeit verlangten und als solchen in einer Werbeanzeige eigens beworbenen „Sonderpreis” dauerhaft unterbietet. Die sich in dieser Art der Darstellung äußernden – leicht – ironisch kritisierenden und zur Schau stellenden Elemente beinhalten aber nach den gesamten Umständen noch keine Herabsetzung oder Verunglimpfung der Klägerin im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG.
Mit der vollständigen Wiedergabe der Werbung der Klägerin knüpft die Beklagte mit der größtmöglichen Authentizität an das zum Gegenstand des Vergleichs gemachte Preisangebot des Mitbewerbers an. Darin liegt nichts Unsachliches. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wird daher ohne – hier nicht ersichtliche – besondere Anhaltspunkte die wörtliche Wiedergabe oder Abbildung des konkurrierenden Angebots vom Verkehr regelmäßig nicht als herabsetzend oder verunglimpfend empfunden. Wollte man dagegen dem Vergleichenden abverlangen, das Konkurrenzangebot inhaltlich zusammenzufassen und mit eigenen Worten wiederzugeben, so würde man ihm das Risiko einer etwaigen Fehlinterpretation der Werbeanzeige auferlegen, was jedenfalls im Regelfall nicht sachgerecht erscheint.
Ebensowenig wirkt der handschriftlich hinzugefügte Kommentar der Beklagten in unangemessener Weise abfällig oder abwertend, weil der eigentliche Kern der Kritik in der – rein sachlichen – Gegenüberstellung von einem dauerhaft preisgünstigen Normalangebot und einem zeitlich begrenzten preislich höheren „Sonderangebot” liegt. In diesem – neutralen – Sachverhalt ist bereits die Wurzel für eine leise Ironie angelegt. Die Art und Weise der Darstellung, die diesen Sachverhalt aufgreift und leicht ironisierend sichtbar macht, ist daher nicht als wettbewerbswidrig zu beanstanden. Sie beruht zu einem großen Teil bereits auf dem schlichten Vergleichsergebnis, das mit dem zulässigen Maß an Kritik in einer Art Wechselbeziehung steht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß Werbung zu einem nicht unerheblichen Teil von Humor und Ironie lebt und begleitet wird (vgl. Eck/Ikas, WRP 1999, 251, 269). Wo genau die Grenze zwischen leiser Ironie und nicht hinnehmbarer Herabsetzung verläuft, bedarf dabei stets einer sorgfältigen Prüfung im Einzelfall (vgl. Tilmann, GRUR 1997, 790, 797). Solange der Werbende mit ironischen Anklängen – wie hier – lediglich Aufmerksamkeit und Schmunzeln erzielt, mit ihnen aber keine Abwertung des Mitbewerbers verbunden ist, liegt darin noch keine unzulässige Herabsetzung oder Verunglimpfung (vgl. Eck/Ikas, WRP 1999, 251, 270). Im Streitfall kommt daher auch eine eingeschränkte, nur auf die konkrete Verletzungsform bezogene Verurteilung zur Unterlassung nicht in Betracht.
IV. Danach war die Revision der Klägerin auf ihre Kosten (§ 97 Abs. 1 ZPO) mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Klageantrag zu 1 nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abgewiesen wird.
Unterschriften
Erdmann, v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant, Schaffert
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 12.07.2001 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 645016 |
NJW 2002, 376 |
BGHR 2001, 923 |
BGHR |
GRUR 2002, 72 |
Nachschlagewerk BGH |
MDR 2002, 532 |
WRP 2001, 1441 |