Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 20. Mai 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Durch Beschluß des Kreisgerichts vom 31. Januar 1992 wurde über das Vermögen der LPG G. das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und der Kläger zum Gesamtvollstreckungsverwalter bestellt.
Im Jahre 1990 vermietete die LPG auf ihrem früher zur Geflügelzucht genutzten Gelände mehrere Gebäudeeinheiten zur gewerblichen Nutzung. Unter anderem vermietete sie durch schriftlichen „Nutzungsvertrag” vom 20. September 1990 an den Beklagten eine Halle zum Handel mit Möbeln. Das Mietverhältnis begann am 1. Oktober 1990 und sollte „mindestens” zehn Jahre dauern. Der monatliche Mietzins betrug 7 DM pro Quadratmeter, insgesamt 7.392 DM. In § 15 des Vertrages wurde dem Beklagten ein Vorkaufsrecht eingeräumt.
Auf Drängen des Landkreises, der die gewerbliche Nutzung zunächst stillschweigend geduldet hatte, beantragte der Vermieter im Dezember 1992 für mehrere vermietete Gebäude, unter anderem für die vom Beklagten gemietete Halle, eine auf eine Nutzungsänderung gerichtete Baugenehmigung. Am 14. März 1995 fand im Bauordnungsamt eine Besprechung statt, in deren Verlauf alle Mieter der LPG, die ein Verkaufsgewerbe betrieben, aufgefordert wurden, ihre dort eingerichteten Betriebe aufzugeben, da sie bauordnungswidrig und nicht genehmigungsfähig seien. Für den Fall, daß die Betriebe nicht freiwillig aufgegeben würden, wurde der Erlaß einer Nutzungsuntersagung angedroht. Mit Bescheid vom 8. Mai 1995 untersagte der Landkreis für vier auf dem Grundstück der LPG stehende Gebäude die Nutzung als Verkaufsstelle, nicht jedoch für die von dem Beklagten angemietete Halle. Warum diese Halle ausgenommen wurde, ist streitig. Der Beklagte macht geltend, dies sei nur darauf zurückzuführen, daß er als einziger auf die Besprechung vom 14. März 1995 hin die Nutzung als Verkaufsstelle freiwillig aufgegeben habe.
Der Beklagte teilte dem Kläger mit, er werde die Halle räumen. Daraufhin legte der Kläger zum 1. Oktober 1995 den Wasseranschluß zur Halle still und schaltete die Heizung ab. Der Beklagte beanstandete dies nicht und zahlte ab 1. Oktober 1995 keine Miete mehr.
Erstmals mit Schreiben vom 13. November 1996 beanstandete der Kläger das Ausbleiben weiterer Mietzinszahlungen. Mit Schreiben vom 12. Dezember 1996 rügte der Beklagte daraufhin Baumängel der Halle und mit Schreiben vom 30. Dezember 1996 erklärte er die Kündigung des Mietvertrages. Die Schlüssel zu der Halle gab der Beklagte bisher nicht zurück.
Mit der Klage verlangt der Kläger den vereinbarten Mietzins für die Zeit von Oktober 1995 bis Dezember 1996. Er behauptet, der Beklagte habe die Halle bis mindestens Mai 1997 als Möbellager genutzt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers hin hat das Berufungsgericht den Beklagten verurteilt, an den Kläger 110.880 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen. Mit der Revision will der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht führt aus, der Nutzungsvertrag sei ursprünglich wegen eines Verstoßes gegen das damals in der DDR geltende Preisrecht unwirksam gewesen. Die Parteien hätten den Vertrag jedoch nach Wegfall der Mietpreisbindung gemäß § 141 BGB bestätigt, indem der Mieter bis September 1995 den vereinbarten Mietzins gezahlt und die Vermieterin die Mietzahlung entgegengenommen habe. Die Parteien hätten den Mietvertrag auch nicht zum 1. Oktober 1995 einvernehmlich aufgehoben. Der Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, daß der Mietzins wegen eines Mangels der Mietsache zu mindern sei, zumal er dem Kläger einen Mangel nicht im Sinne des § 545 Abs. 2 BGB angezeigt habe. Aus dem Umstand, daß der Kläger von Oktober 1995 bis 13. November 1996 das Ausbleiben der Mietzinszahlungen nicht beanstandet habe, könne man nicht herleiten, daß er die Durchsetzung des Mietzinsanspruches verwirkt habe. Der Beklagte habe auch nicht substantiiert dargelegt, daß ihm Gegenansprüche zustünden. Er sei deshalb verpflichtet, den vereinbarten Mietzins für die Zeit von Oktober 1995 bis Dezember 1996 zu zahlen.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
2. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß der Nutzungsvertrag wegen der Höhe des vereinbarten Mietzinses gegen die Regelungen der „Anordnung über die Ermittlung der Mietpreise und Nutzungsentgelte für Gewerberäume und -objekte” vom 23. August 1990 (Gbl. DDR I 1424 f) verstieß. Es ist aber zumindest fraglich, ob dieser Verstoß die Gesamtnichtigkeit des Vertrages zur Folge hatte. Verstöße gegen das Preisrecht führen nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig nur zu einer Reduzierung des vereinbarten Preises auf das zulässige, nach anderer Ansicht das ortsübliche Maß (Staudinger/Sack, BGB Bearbeitung 1996 § 134 Rdn. 269 f m.N.). In der Literatur wird die Meinung vertreten, daß dies auch für auf dem Gebiet der DDR unter Verstoß gegen das dort geltende Preisrecht abgeschlossene Verträge gilt (Horn, Das Zivil- und Wirtschaftsrecht im neuen Bundesgebiet, 2. Aufl. § 9 Rdn. 26 = S. 288). § 68 Abs. 2 Satz 2 ZGB a.F. sah ausdrücklich vor, daß bei Preisverstößen der Vertrag mit dem zulässigen Preis wirksam bleibe. Aus dem Umstand, daß diese Bestimmung durch Gesetz vom 28. Juni 1990 (Gbl. DDR I 524) aufgehoben worden ist, kann man nicht ohne weiteres schließen, daß Preisverstöße von nun an zur Unwirksamkeit führen sollten. Daß § 68 Abs. 2 Satz 2 ZGB aufgehoben wurde, könnte auch damit zusammenhängen, daß gleichzeitig oder nahezu gleichzeitig die bisher bestehenden Preisregulierungen weitgehend außer Kraft gesetzt wurden und die Bestimmung deshalb als überflüssig angesehen worden sein könnte. Es ist jedoch nicht erforderlich, auf diese Frage näher einzugehen. Ebensowenig ist es erforderlich zu prüfen, ob in einem solchen Falle der vereinbarte, ursprünglich unzulässige Mietzins nach Wegfall der Preisvorschriften automatisch wirksam wird bzw. auf welche Weise er in Kraft gesetzt werden kann (vgl. Horn aaO). Jedenfalls für das Revisionsverfahren ist nämlich davon auszugehen, daß der Nutzungsvertrag aus einem anderen Grund von Anfang an unwirksam war und auch nicht später wirksam geworden ist.
3. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß der Nutzungsvertrag in § 15 für den Mieter ein Vorkaufsrecht bezüglich der vermieteten Halle enthält. Ähnlich wie § 313 BGB die Beurkundung sehen die §§ 306 Abs. 1 Satz 2, 67 Abs. 1 ZGB vor, daß die Vereinbarung über ein solches Vorkaufsrecht der Beglaubigung durch ein staatliches Notariat oder ein anderes zuständiges staatliches Organ bedurfte. Der Mangel der Form hat nach § 66 Abs. 2 ZGB (entsprechend § 125 BGB) die Nichtigkeit der Vereinbarung zur Folge. Nach § 68 Abs. 2 ZGB, der inhaltlich dem § 139 BGB entspricht, ist im Zweifel Gesamtnichtigkeit des Vertrages anzunehmen. Auch nach dem ZGB muß derjenige, der geltend machen will, es liege nicht Gesamtnichtigkeit, sondern nur Teilnichtigkeit vor, die tatsächlichen Umstände darlegen und beweisen, aus denen sich dies ergibt (vgl. zu allem Senatsbeschluß vom 4. Mai 1994 – XII ZR 12/93 – Grundeigentum 1994, 1049).
Anhaltspunkte dafür, daß im vorliegenden Fall lediglich Teilnichtigkeit gegeben sein könnte, ergeben sich weder aus den Feststellungen des Berufungsgerichts noch aus dem Vortrag der Parteien. In den Tatsacheninstanzen ist nicht erörtert worden, daß wegen der Vereinbarung eines Vorkaufsrechts eine Formnichtigkeit des Nutzungsvertrages in Betracht kommt.
4. Eine Heilung der Gesamtnichtigkeit des Vertrages nach § 141 BGB kommt nicht in Betracht. Der Umstand allein, daß der Beklagte den in einem unwirksamen Vertrag vereinbarten Mietzins über Jahre gezahlt und die Gemeinschuldnerin ihn entgegengenommen hat, reicht nicht aus, um eine solche Bestätigung anzunehmen. Eine Bestätigung des Rechtsgeschäfts nach den §§ 141 f BGB setzt voraus, daß die bestätigenden Vertragsparteien den Grund der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit gekannt haben oder zumindest Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Vertrages hatten (BGHZ 129, 371, 377 m.N.). Anhaltspunkte dafür, daß auch nur eine der Parteien vor Ende 1996 Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vertrages hatte, ergeben sich nicht aus den Feststellungen des Berufungsgerichts und auch nicht aus dem Vortrag der Parteien. Aus dem Umstand, daß die Parteien jahrelang einen von ihnen für wirksam gehaltenen Mietvertrag erfüllt haben, kann man nicht schließen, daß sie den in Wirklichkeit unwirksamen Vertrag bestätigen wollten.
Im übrigen würden für eine solche Bestätigung dieselben Formvorschriften gelten wie für das ursprüngliche Geschäft. Außerdem würde sich auch für eine Bestätigung in gleicher Weise die Frage ergeben, ob die wegen eines Formmangels unwirksame Bestätigung des Vorkaufsrechts Gesamtnichtigkeit oder Teilnichtigkeit zur Folge hätte.
5. Da jedenfalls für das Revisionsverfahren davon auszugehen ist, daß der Nutzungsvertrag unwirksam ist, kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, selbst abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO). Der Kläger hat unter Beweisantritt vorgetragen, der Beklagte habe die Halle auch noch ab Oktober 1995 jedenfalls als Lager genutzt. Wenn diese Behauptung richtig ist, käme ein Bereicherungsanspruch des Klägers in Frage. Sowohl zum Grund als auch zur Höhe eines solchen Anspruchs hat das Berufungsgericht aber keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Eventuell müßte wegen der Höhe eines solchen Anspruchs auch Beweis erhoben werden über die von dem Beklagten behaupteten erheblichen Mängel. Die Sache muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es die notwendigen tatsächlichen Feststellungen nachholt.
Die Revisionserwiderung verweist zu Recht darauf, daß beide Parteien in den Tatsacheninstanzen an die Möglichkeit, der Nutzungsvertrag könne formunwirksam sein, nicht gedacht und deshalb keine Veranlassung gesehen haben, zur Frage der Gesamt- oder Teilnichtigkeit vorzutragen. Die Zurückverweisung gibt den Parteien Gelegenheit, dies nachzuholen.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Gerber, Weber-Monecke, Wagenitz
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 15.11.2000 durch Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
NZM 2001, 236 |
VIZ 2001, 227 |
NJ 2001, 425 |