Leitsatz (amtlich)
- Die Veräußerung von Ferienwohnrechten als Haustürgeschäft im Genossenschaftsmodell fällt nicht unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 HTürGG, sondern nur unter § 5 HTürGG, sofern durch die genossenschaftliche Gestaltung lediglich verdeckt wird, daß die Erbringung entgeltlicher Leistungen vereinbart wird.
- Verpflichtet sich die Genossenschaft, dem Mitglied ein jährlich während eines bestimmten Zeitraums auszuübendes Ferienwohnrecht gegen Entgelt einzuräumen, so sind mit der Aufnahme des Mitglieds sowie seiner Eintragung in die von der Genossenschaft geführte “Wohnregisterrolle” und mit der Bezahlung des Preises für das Ferienwohnrecht die beiderseits versprochenen Leistungen nicht i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 4 HTürGG vollständig erfüllt.
Normenkette
HTürGG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 4, § 5
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 29.03.1996) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. März 1996 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die beklagte eingetragene Genossenschaft hat den satzungsmäßigen Zweck, ihre Mitglieder bei der Beschaffung, dem Erwerb und der Erhaltung von Ferienwohnrechten wirtschaftlich zu fördern und zu betreuen. Zu diesem Zweck erwirbt sie das Eigentum oder das langfristige Nießbrauchsrecht an Ferienimmobilien und unterhält und verwaltet diese Anlagen. Die Mitgliedschaft in der Beklagten ist an den Erwerb mindestens eines Ferienwohnrechts gebunden. Dieses bezieht sich auf ein bestimmtes Ferienappartement für eine bestimmte Woche des Jahres. Der Preis für den Erwerb dieses Ferienwohnrechts enthält die Kosten für den Genossenschaftsanteil (1.000,– DM für jedes Ferienwohnrecht), für den “Kauf des Nießbrauchsrechts”, die Gebühren für die “Clubaufnahme”, die Kosten für die Einschaltung eines Treuhänders, für den Vertrieb und die für die Eintragung der bei der Beklagten geführten “Wohnregisterrolle”, ferner den Clubbeitrag und die Verwaltungsumlage für das erste Jahr sowie fünf Jahresbeiträge für die Mitgliedschaft in dem Club, über den der Wohnrechtsinhaber sein Ferienwohnrecht nach Zeit und Ort umbuchen kann. An jährlichen Kosten entsteht ein sog. “Clubbeitrag”, den der Vorstand und der Aufsichtsrat der Beklagten festsetzen und aus dessen Aufkommen u.a. die Verwaltungs- und Reparaturkosten, Steuern und Abgaben, Wasser- und Energiekosten, Versicherungsprämien sowie die Nutzungsgebühren für die Gemeinschaftsanlagen bestritten werden. Für jeden Tag, an dem das Ferienwohnrecht ausgeübt wird, wird außerdem ein “Servicebeitrag” erhoben.
Der Kläger wurde am 22. März 1990 von dem Versicherungsvermittler E.… unaufgefordert in seiner Wohnung aufgesucht. Bei dieser Gelegenheit unterschrieb er vorgedruckte Erklärungen, nach welchen er der beklagten Genossenschaft beitrat und sich mit zwei Geschäftsanteilen an ihr beteiligte und das “mit der Mitgliedschaft” in der Beklagten “und der nebenstehenden Beitrittserklärung verbundene Feriendauerwohnrecht (Nutzungsrecht)” für ein nicht näher bezeichnetes Appartement beantragte sowie sich zur Zahlung von 31.200,– DM verpflichtete. Nach der Liste der Beklagten entspricht dies dem Preis für zwei Ferienwohnrechte für ein Vier-Personenappartement in der “Top-Hochsaison” (5.–13. und 24.–37. Woche). Eine Widerrufsbelehrung enthielt das dem Kläger vorgelegte Formular nicht. Da der Kläger nicht über die erforderlichen Mittel verfügte, unterzeichnete er an demselben Tag zusammen mit seiner Ehefrau einen Antrag auf Gewährung eines Bankdarlehens von 30.000,– DM, auf das zwölf Jahre lang monatlich 360,– DM zu zahlen waren. Die Beklagte leitete diesen Darlehensantrag an die finanzierende Bank weiter und nahm den Kläger, nachdem der vereinbarte Preis mit Hilfe des ausgezahlten Darlehens beglichen war, in die Genossenschaft auf.
In den Jahren 1991 bis 1993 hat der Kläger – teilweise im Wochentausch – sein Ferienwohnrecht wahrgenommen. Er bemühte sich aber bereits seit Ende 1992 darum, das Wohnrecht wieder zu verkaufen. Die Beklagte wies ihn auf die Möglichkeit der Kündigung der Mitgliedschaft hin, die allerdings zum entschädigungslosen Rückfall des Ferienwohnrechts an die Genossenschaft führe, und teilte ihm im übrigen mit, daß er seinen Genossenschaftsanteil an einen Dritten veräußern könne, den er allerdings selbst suchen müsse, da die Beklagte vorrangig die noch nicht veräußerten Wohnrechte an neue Mitglieder verkaufen müsse; im übrigen sei sie gehalten sicherzustellen, daß aus einem etwaigen Erlös zunächst das Darlehen zurückgeführt werde.
Der Kläger, der die Gesamtvereinbarung für sittenwidrig, gegen das AGBG verstoßend und nach dem HTürGG für widerrufbar hält, hat von der Beklagten Zahlung von 32.470,– DM nebst Zinsen gefordert. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 31.200,– DM zuzüglich Zinsen mit der Begründung stattgegeben, der Vertrag sei sittenwidrig und nichtig; die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Im Ergebnis mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die am 22. März 1990 von dem Kläger abgegebenen Erklärungen nach dem HTürGG wirksam widerrufen worden sind und daß die Beklagte nach § 3 HTürGG zur Rückgewähr der empfangenen 31.200,– DM nebst Prozeßzinsen verpflichtet ist.
Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet es allerdings, daß das Berufungsgericht gemeint hat, die von dem Kläger abgegebenen Erklärungen betreffend den Beitritt zu der Beklagten und die Beteiligung an ihr mit zwei mit dem Erwerb von zwei Ferienwohnrechten verbundenen Genossenschaftsanteilen unterfielen dem § 1 Abs. 1 Nr. 1 HTürGG. Ebensowenig wie der Beitritt zu einem Verein ist auch die auf Aufnahme in eine Genossenschaft gerichtete Erklärung auf den Abschluß eines Vertrages über eine entgeltliche Leistung gerichtet und fällt deswegen nicht in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HTürGG. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes belegt zweifelsfrei, daß dies auch die Absicht des Gesetzgebers gewesen ist, der sich ausdrücklich gegen weitergehende Vorschläge (§ 2 Abs. 2 des von der SPD-Fraktion eingebrachten Entwurfs – BT-Drucks. 10/584) im Gesetzgebungsverfahren gewandt hat, die darauf hinausgelaufen wären, daß jede auf Begründung einer Vereinsmitgliedschaft gerichtete Erklärung bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des Gesetzes widerrufbar gewesen wäre (vgl. BT-Drucks. 10/2876 S. 9). Nach der Beurteilung der gesetzgebenden Organe war indessen ein derart weitgehender – auch z.B. den Beitritt zu einer Gewerkschaft oder einer politischen Partei erfassender -Schutz des Kunden nach der Zielsetzung des HTürGG nicht erforderlich. Soweit dagegen durch den Vereinsbeitritt lediglich verschleiert werde, daß die Erbringung entgeltlicher Leistungen vereinbart wird, soll die Umgehungsvorschrift des § 5 HTürGG ausreichen, um den Gesetzeszweck sicherzustellen (vgl. BT-Drucks. 10/2876 aaO; Münch. Komm. z. BGB/Ulmer, 3. Aufl., § 1 HausTWG RdNr. 12; Erman/Klingsporn, BGB, 9. Aufl., § 1 HausTWG RdNr. 5c; Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 1 HausTWG RdNr. 6; speziell für “Time-Sharing” Verträge: Hildenbrand, NJW 1994, 1992, 1995).
Die Mitgliedschaft in einem Verein oder einer Genossenschaft steht allerdings der Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HTürGG nicht schlechthin entgegen. Voraussetzung dafür ist dann jedoch, daß ein Haustürgeschäft zwischen dem Mitglied und der Genossenschaft vereinbart wird, welches Leistungen betrifft, die nicht schon aufgrund der Mitgliedschaft beansprucht werden können (Münch. Komm. z. BGB/Ulmer aaO, § 1 HausTWG RdNr. 12). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Vielmehr ergibt sich das Ferienwohnrecht des Klägers unmittelbar aus seiner Stellung als Genosse der Beklagten und ist – wie das Berufungsgericht im übrigen zutreffend angenommen hat – satzungsrechtlich als Sonderrecht im Sinne von § 35 BGB verankert und ausdrücklich an die Mitgliedschaft in der Beklagten gebunden.
In der Rechtsprechung (vgl. z.B. OLG München NJW 1996, 263 m.N.) wird allerdings zum Teil angenommen, jener Wille des Gesetzgebers sei überholt und unbeachtlich, weil das HTürGG gemeinschaftskonform auszulegen sei und die HTürGG- Richtlinie vom 20. Dezember 1985 (ABIEG Nr. L 372/31 – abgedruckt bei Münch.Komm. z. BGB/Ulmer aaO, Anh. zum HausTWG) keinen entgeltlichen Vertrag voraussetze, sondern allgemein für Verträge zwischen Verbrauchern und Gewerbetreibenden und für Verpflichtungserklärungen von Verbrauchern gelte. Ob dem zu folgen ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn jedenfalls für Haustürverträge, die auf den Erwerb von Ferienwohnrechten gerichtet sind, findet die HTürGG-Richtlinie keine Anwendung, vielmehr sind derartige Geschäfte allein nach dem HTürGG zu beurteilen, weil die Richtlinie nach ihrem Art. 3 Abs. 2 lit. a u.a. außer für Verträge über die Miete von Immobilien auch nicht für Rechtsgeschäfte ”über andere Rechte an Immobilien” gilt, um die es sich bei den von der Beklagten eingeräumten Ferienwohnrechten handelt.
Ungeachtet dieser unzutreffenden rechtlichen Beurteilung des mit einer Genossenschaftsbeteiligung verbundenen Erwerbs eines Ferienwohnrechts durch das Berufungsgericht hat die Revision keinen Erfolg. Denn in der Sache hat das Oberlandesgericht mit Recht entschieden, daß ein Fall der Umgehung im Sinne von § 5 HTürGG vorliegt und der Kläger über das nach § 2 Abs. 1 Satz 2 HTürGG bestehende Widerrufsrecht zu belehren war, sollte die Widerrufsfrist in Lauf gesetzt werden. Die Beklagte hat sich lediglich der Form des Beitritts zu einer Genossenschaft bedient, um Interessenten ein Ferienwohnrecht zu verkaufen. Um dem Kläger ein Ferienwohnrecht auf Dauer verschaffen zu können, bedurfte es nicht der genossenschaftsrechtlichen Konstruktion, vielmehr hätte die Beklagte aufgrund ihrer Stellung als Nießbraucherin bzw. Eigentümerin der Hotelanlage wochenweise auszuübende Ferienwohnrechte gegen Entgelt in gleicher Weise auch an außenstehende Dritte übertragen können. Ebenso wie aus dem Umstand, daß der weit überwiegende Teil des von dem Kläger entrichteten Entgelts auf den Erwerb des Ferienwohnrechts mitsamt den für seine Wahrnehmung entstehenden fixen Kosten gezahlt worden ist, wird auch daran deutlich, daß nicht die Mitgliedschaft in der Genossenschaft, sondern der Erwerb des Nutzungsrechts im Vordergrund steht. Bei einer solchen die Vereinbarung einer entgeltlichen Leistung – objektiv (vgl. Münch. Komm. z. BGB/Ulmer aaO, § 5 HausTWG RdNr. 5 und 7) – verschleiernde Vertragsgestaltung bedarf der Erwerber nach § 5 HTürGG des von dem Gesetz beabsichtigten Schutzes.
Da der Kläger über das ihm zustehende Widerrufsrecht nicht belehrt worden ist, konnte er die Widerrufserklärung auch noch im Rechtsstreit abgeben. Entgegen der Ansicht der Revision ist das Widerrufsrecht nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 4 HTürGG erloschen. Zutreffend hat vielmehr das Berufungsgericht angenommen, daß weder der Kläger noch die Beklagte die versprochenen Leistungen vollständig erbracht haben. In der Einräumung des Ferienwohnrechts und der Eintragung des Klägers in die von der Beklagten geführte “Wohnregisterrolle” einerseits und der Zahlung des versprochenen Betrages von 31.200,– DM andererseits erschöpfen sich die Leistungspflichten der Parteien nicht. Vielmehr obliegt es der Beklagten, auch künftig die Hotelanlage instandzuhalten und zu pflegen und zu gewährleisten, daß der Kläger in der ihm zugewiesenen Zeit sein Ferienwohnrecht tatsächlich in der zugesagten Weise ausüben kann (vgl. allg. Hildenbrand, NJW 1994, 1992, 1996 m.N.). Nach § 5 Abs. 1 der Satzung der Beklagten besteht das Ferienwohnrecht auch nur, solange der Kläger Mitglied der Genossenschaft ist und er seinen satzungsmäßigen Zahlungspflichten nachkommt. Zu diesen – unabhängig von der tatsächlichen Wahrnehmung des Ferienwohnrechts – jährlich anfallenden, seit dem Beitritt des Klägers im übrigen beträchtlich erhöhten Zahlungen gehört in erster Linie der “Clubbeitrag”, aus dessen Aufkommen u.a. die Verwaltungsund Reparaturkosten, die Steuern und Abgaben, die Wasserund Energiekosten, die Versicherungsprämien und die Nutzungsgebühren der Gemeinschaftsanlagen bestritten werden. Daß insbesondere für die Beklagte mit der Aufnahme des Klägers und der Eintragung in die Wohnregisterrolle die eingegangenen Verpflichtungen nicht vollständig erfüllt sind, ergibt sich ferner aus den Bestimmungen der Satzung (vgl. § 9 Abs. 1 lit. c und § 10 Abs. 4), nach denen schon die Pfändung des Ferienwohnrechts durch einen Gläubiger des Genossen zu einem entschädigungslosen Verlust dieses Rechts führen kann.
Da der Kläger seine Vertragserklärungen wirksam widerrufen hat, kommt es – wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat – nicht darauf an, ob das Vertragswerk sittenwidrig und nichtig ist (vgl. BGHZ 125, 218, 226 ff.) und der Kläger auch aus diesem Gesichtspunkt Rückgewähr der von ihm erbrachten Leistung fordern kann.
Unterschriften
Röhricht, Dr. Henze, Dr. Goette, Dr. Kapsa, Dr. Kurzwelly
Fundstellen
Haufe-Index 1368866 |
NJW 1997, 1069 |
NWB 1997, 966 |
ZIP 1997, 511 |
MDR 1997, 440 |