Prof. Dr. Eberhard von Olshausen
Rn 15
Schon in §§ 751 Satz 2, 1258 Abs. 2 Satz 2, 2044 Abs. 1 Satz 2 BGB findet sich der Grundsatz, dass vertragliche oder testamentarische Beschränkungen des Anspruchs auf Auseinandersetzung einer Gemeinschaft den Gläubiger eines Gemeinschaftsmitglieds im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung nicht binden oder beschränken. Mit § 84 Abs. 2 wird dieser Grundsatz auch auf die Gesamtvollstreckung zugunsten aller Gläubiger im Insolvenzverfahren übertragen. Nach Satz 1 haben Vereinbarungen innerhalb einer Bruchteilsgemeinschaft, nach denen ein Auseinandersetzungs- bzw. Aufhebungsanspruch dauerhaft oder für bestimmte Zeit ausgeschlossen werden soll oder hierfür eine Kündigungsfrist bestimmt ist, im Verfahren keine Wirkung. Gleiches gilt für eine entsprechende Anordnung, die ein Erblasser für die nach seinem Ableben entstehende Erbengemeinschaft getroffen hat (Satz 2 Fall 1). In § 84 Abs. 2 Satz 2 Fall 2 schließlich wird "klargestellt", dass auch eine Vereinbarung der Miterben, durch die der Anspruch eines Miterben auf Aufhebung der Erbengemeinschaft (§ 2042 Abs. 1 BGB) beschränkt wird, im Insolvenzverfahren nicht beachtet werden muss. Alle diese vertraglichen oder testamentarischen Beschränkungen entfalten also während der Dauer des Insolvenzverfahrens keine Wirkung und hindern daher den Insolvenzverwalter nicht, nach den ansonsten für den Schuldner geltenden gesetzlichen Vorschriften die Auseinandersetzung bzw. Teilung zu verlangen. Dies gilt bei Miteigentum an einem Grundstück auch dann, wenn die Auseinandersetzungsbeschränkung im Grundbuch eingetragen ist; § 1010 Abs. 1 BGB wirkt nicht auch gegen den Insolvenzverwalter eines Miteigentümers. Die Regelungen des Abs. 2 dienen nur zum Schutz der Insolvenzgläubiger, so dass sich die übrigen Gemeinschaftsmitglieder bzw. Mitgesellschafter ihrerseits nicht auf § 84 Abs. 2 berufen und eine vorzeitige Auseinandersetzung verlangen können.
Rn 16
Auf gesellschaftsvertragliche Klauseln, durch die der Abfindungsanspruch eines ausscheidenden Gesellschafters ausgeschlossen oder eingeschränkt wird (z. B. Abfindung zum bloßen Buchwert), ist § 84 Abs. 2 nicht anwendbar; es handelt sich ja weder um eine Bruchteilsgemeinschaft noch um die Beschränkung des Rechts zur Aufhebung der Gemeinschaft. Für die Insolvenzmasse des ausscheidenden Gesellschafters sind solche Abfindungsklauseln aber mindestens so gravierend wie die in § 84 Abs. 2 behandelten Beschränkungen des Aufhebungsanspruchs. Die Frage nach der Maßgeblichkeit solcher Klauseln beantwortet sich nach allgemeinem Zivilrecht wie folgt: Vereinbarungen, die den Abfindungsanspruch nur für den Fall der Vollstreckung durch einen Gläubiger des Gesellschafters und für den Fall der Insolvenz des Gesellschafters ausschließen oder beschränken, sind wegen Gläubigerbeeinträchtigung nach § 138 BGB unwirksam. Bei nicht auf diese Fälle begrenzten Vereinbarungen muss der Insolvenzverwalter Abfindungsbeschränkungen dann hinnehmen, wenn sie auch gegenüber dem Gesellschafter selbst wirksam wären.
Unberührt von § 84 Abs. 2 bleiben die gesetzlichen Auseinandersetzungsbeschränkungen, wie sie sich beispielsweise aus § 11 Abs. 2 WEG bei der Wohnungseigentümergemeinschaft, aus § 1066 Abs. 2 und § 1258 Abs. 2 Satz 1 BGB bei der Belastung eines Miteigentumsanteils mit einem Nießbrauch bzw. mit einem Pfandrecht, aus § 2043 BGB bei Unbestimmbarkeit der Erbteile und § 2045 BGB während der Dauer eines Aufgebotsverfahrens oder des Laufs der Anmeldefrist für Nachlassgläubiger ergeben. Sie schließen auch das Recht eines Insolvenzverwalters aus, überhaupt oder allein oder sofort die Aufhebung bzw. Auseinandersetzung zu verlangen.