Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeitsbestimmung: Zuständiges Gericht bei der Unterbringung eines Jugendlichen in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie

 

Normenkette

FamFG §§ 4, 5 Nr. 5, § 111 Nr. 2, § 151 Nr. 6, § 167 Abs. 1 S. 1, § 312 Nr. 1, § 314; BGB § 1631b; GVG § 23a Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Neuruppin

 

Tenor

Zuständig ist das AG Neuruppin - Familiengericht.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und zu 2) sind die Eltern des am ... 8.1997 geborenen Kindes R. T. Die Familie lebt in Oranienburg.

Durch Beschluss des AG Oranienburg vom 20.1.2011 wurde die vorläufige Unterbringung des Kindes in einer geschlossenen Einrichtung der Kinder- und Jugendpsychiatrie bis zum 3.3.2011 familiengerichtlich genehmigt. Die Maßnahme erfolgte ohne vorherige Anhörung des Jugendlichen. Seit dem 20.2.2011 befindet sich R. in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der ... Kliniken. Unter dem 22.2.2011 wurden die Akten dem AG Neuruppin übersandt zwecks Anhörung des Jugendlichen im Wege der Rechtshilfe. Dieses lehnte mit Beschluss vom 25.2.2011 das Rechtshilfeersuchen ab. Durch Beschluss vom 1.3.2011 hat das AG Oranienburg sodann das Unterbringungsverfahren gem. § 314 FamFG an das AG Neuruppin abgegeben, hilfsweise um Anhörung des Jugendlichen ersucht, auch zu einer Verlängerung der Unterbringungsmaßnahme. Am 2.3.2011 beantragten die Beteiligten zu 1) und zu 2) zu Protokoll des AG Oranienburg, die Verlängerung der Unterbringung familiengerichtlich zu genehmigen. Sie legten eine fachärztliche Stellungnahme vor. Das AG Oranienburg übermittelte den Verlängerungsantrag nebst fachärztlicher Stellungnahme dem AG Neuruppin, das mit Beschluss vom 2.3.2011 die Übernahme des vorläufigen Unterbringungsverfahrens wie auch das erneute Rechtshilfeersuchen abgelehnt, jedoch gleichwohl am selben Tag den Jugendlichen durch das AG Neuruppin angehört hat.

Das AG Neuruppin hat am 3.3.2011 das Brandenburgische OLG gem. § 5 FamFG ersucht, die Zuständigkeit für das Unterbringungsverfahren zu bestimmen.

II. Der Zuständigkeitsstreit ist gem. § 5 Nr. 5 FamFG i.V.m. §§ 4, 314 FamFG durch das Brandenburgische OLG - Familiensenat - zu entscheiden, weil dieses das nächsthöhere gemeinsame Gericht ist und eine Familiensache vorliegt.

Bei der gerichtlichen Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen nach § 1631b BGB handelt es sich um eine Kindschaftssache gem. § 151 Nr. 6 FamFG und damit eine Familiensache nach § 111 Nr. 2 FamFG, für die nach § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG das AG - Familiengericht - zuständig ist.

Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung nach § 5 Nr. 5 FamFG sind gegeben. Beide AG - Familiengerichte - können sich nicht darüber einigen, ob eine Abgabe aus wichtigem Grund nach § 314 FamFG geboten ist. Das AG Oranienburg hat durch Beschluss vom 1.3.2011 das Unterbringungsverfahren gem. § 314 FamFG an das AG Neuruppin abgegeben, um eine kurzfristige Anhörung des Jugendlichen - auch im Hinblick auf eine mögliche Verlängerung der Unterbringung - sicherzustellen. Das AG Neuruppin hat mit Beschluss vom 2.3.2011 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt, weil diese nicht zweckmäßig sei.

Das AG - Familiengericht - Neuruppin ist für das vorliegende Unterbringungsverfahren als das zuständige Gericht zu bestimmen, weil hierfür ein wichtiger Grund gegeben ist.

Gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 FamFG sind in Verfahren nach § 151 Nr. 6 FamFG (Genehmigung der geschlossenen Unterbringung eines Minderjährigen nach §§ 1631b, 1800 und 1915 BGB) - wie vorliegend - die für Unterbringungssachen nach § 312 Nr. 1 FamFG geltenden Vorschriften anzuwenden, also die Vorschriften über die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Betreuten oder einer freiheitsentziehenden Unterbringung durch einen Bevollmächtigten. Nach § 331 FamFG kann das Familiengericht durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Unterbringung genehmigen. § 333 Satz 1 FamFG. Satz 2 der Vorschrift eröffnet die Möglichkeit einer Verlängerung bis zur Gesamtdauer von drei Monaten (§ 333 Satz 4 FamFG). Die örtliche Zuständigkeit ist in § 312 Abs. 1 FamFG geregelt. Nach § 312 Abs. 1 Nr. 2 FamFG ist zunächst das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das ist hier das AG Oranienburg, weil der Jugendliche mit seinen Eltern im Bezirk dieses Gerichts seinen Lebensmittelpunkt hat.

Gemäß § 314 FamFG kann das Gericht die Unterbringungssache abgeben, wenn der Betroffene sich im Bezirk des anderen Gerichts aufhält und die Unterbringungsmaßnahme dort vollzogen werden soll, sofern sich dieses zur Übernahme des Verfahrens bereit erklärt hat. Die Abgabe an das AG des Unterbringungsorts ist gerechtfertigt, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt, wobei vorrangig auf das Wohl des Betroffenen abzustellen ist (Bumiller/Harders, FamFG Freiwillige Gerichtsbarkeit, 9. Aufl., § 314 FamFG Rz. 7 f.; Prütting/Helms/Roth, FamFG, § 314 FamFG Rz. 4). Vorliegend ist die Abgabe an das für den Unterbringungsort zuständige Familiengericht, das AG Neuruppin, gerech...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge