Verfahrensgang
LG Potsdam (Entscheidung vom 02.02.2004) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Potsdam vom 2. Februar 2004 im Rechtsfolgenausspruch mit den dazu gehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Potsdam zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und 6 Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Berufung sowie die des Nebenklägers blieben erfolglos; die Strafkammer hat mit dem angefochtenen Urteil die Berufungen verworfen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die zulässige Revision des Angeklagten, der die Verletzung materiellen Rechts rügt.
II.
Das gemäß § 333 StPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsmittel hat in der Sache vorläufig Erfolg.
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III.
Der Rechtsfolgenausspruch kann von Rechts wegen nicht bestehen bleiben, denn die Strafzumessung ist lückenhaft.
Da nach gefestigter Rechtsprechung die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatrichters ist, weil er allein in der Lage ist, sich auf Grund der Hauptverhandlung einen umfassenden Eindruck von Tat und Täter zu verschaffen, kann das Revisionsgericht nur eingreifen, wenn Rechtsfehler vorliegen, insbesondere wenn der Strafrichter von einem falschen Strafrahmen ausgegangen ist (BGH NStZ-RR 2003, 52; BGHSt 17, 35; 29, 319jeweils m.w.N.).
Die dem Rechtsfolgenausspruch zugrunde liegenden Feststellungen zu einer eventuellen verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten infolge Alkoholgenusses sind lückenhaft bzw. unzulänglich; sie lassen deshalb die Prüfung nicht zu, ob die Strafe dem richtigen Strafrahmen entnommen wurde und rechtsfehlerfrei festgesetzt worden ist.
Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht wie folgt ausgeführt:
"....Die Voraussetzungen für die Herabsetzung des Strafrahmens gemäß § 21 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB liegen ebenfalls nicht vor. Zwar hat der in der Berufungsverhandlung hinzugezogene Sachverständige ......in gut nachvollziehbarer Weise bekundet, dass die Rückrechnung des bei der Blutentnahme festgestellten Blutalkoholwertes zu einer Blutalkoholkonzentration führte, die zur Tatzeit zwischen 2,35 und 2,72 Promille betragen habe. Vor diesem Hintergrund seien auch die vom Angeklagten geschilderten Trinkmengen glaubwürdig. Allerdings hat der Sachverständige auch mitgeteilt, dass die bei der Blutentnahme festgestellten Untersuchungsbefunde nur eine geringe Beeinträchtigung der Steuerung körperlicher Funktionen ergebe. Dies steht im Einklang mit den Bekundungen der Zeugin......, die beim Angeklagten keine Veränderungen der Sprache und nur ein leichtes Schwanken im Gang festgestellt hat. Auch der Zeuge .......hat bekundet, der Angeklagte habe sich im Gespräch "normal" verhalten und sein Gang sei nicht auffällig gewesen. Eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung im Sinne von § 20 StGB, die zu einem Ausschluss der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit geführt hätte, lag nicht vor. Beruht jedoch eine etwaige erhebliche Verminderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit sowie Herabsetzung der Hemmschwelle des Täters auf einer verschuldeten Trunkenheit, so kommt eine Strafrahmenverschiebung nach § 21 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB regelmäßig nicht in Betracht (BGH, NJW 2003, 2396). So liegt der Fall hier. Der Angeklagte ist nicht alkoholabhängig und hat seine Alkoholisierung selbst verschuldet, so dass es bei dem Regelstrafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB verbleibt...."
Das Landgericht hat vorliegend zu Recht geprüft, ob die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des alkoholisierten Angeklagten bei Begehung der Tat beeinflusst gewesen ist, denn diese Frage ist bei einer Blutalkoholkonzentration ab 2,0 Promille - bei schweren Gewalthandlungen ab 2,2 Promille - stets zu prüfen (BGH, StV 1997, 73).
In diesem Zusammenhang hat das Landgericht festgestellt, dass bei dem Angeklagten eine tiefe Bewusstseinsstörung im Sinne des § 20 StGB, die zu einem Ausschluss der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit geführt hätte, nicht vorgelegen habe, ohne sich allerdings festzulegen, ob die Voraussetzungen des Vorliegens der verminderten Schuldfähigkeit auszuschließen, anzunehmen oder nicht auszuschließen sind. Aus der Tatsache, dass das Landgericht diese Frage offen gelassen hat, kann auch nicht geschlussfolgert werden, dass es eine erhebliche Verminderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit verneint hat.
Auf die Feststellung, dass die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt unbeeinträchtigt oder gemäß § 21 StGB erheblich vermindert war oder dies zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, durfte das Landgericht jedoch nicht verzichten.
Unabhängig davon, ob eine mögliche verminderte Schuldfähigkeit zu einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 Abs. 1 StGB führt, ist die...