Leitsatz (amtlich)
1. Für das Zwangsmittelverfahren nach § 33 FGG kann gem. § § 14 FGG, 114 ZPO Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Be der Beurteilung der Erfolgsaussicht kommt es nicht entscheidend auf den konkret gestellten Antrag an.
2. Die streitige Rechtsfrage, ob der Umgang mit dem umgangsunwilligen Elternteil zwangsweise durchgesetzt werden kann, darf im Prozesskostenhilfeverfahren nicht zu Lasten des bedürftigen Beteiligten beantwortet werden.
Normenkette
FGG §§ 14, 33; ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Eberswalde (Beschluss vom 09.06.2005; Aktenzeichen 3 F 263/04) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. § § 14 FGG, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Antragstellerin kann Prozesskostenhilfe nicht aus den vom AG angeführten Gründen versagt werden. Die Sache ist entsprechend § 572 Abs. 3 ZPO an das AG zurückzuverweisen, da dort noch Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob und ggf. in welchem Umfang die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen, § 114 ZPO (vgl. auch Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 197; Keidel/Sternal, FGG, 15. Aufl., § 25, Rz. 21). Denn bislang liegt lediglich eine Erklärung der Antragstellerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 21.6.2004 vor. Das AG wird die Antragstellerin auffordern, eine aktuelle Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen einzureichen. Auf dieser Grundlage wird das AG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats prüfen, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § § 14 FGG, 114 ZPO gegeben sind und danach erneut über den Antrag der Antragstellerin entscheiden.
Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe im Rahmen eines Zwangsmittelverfahrens nach § 33 FGG. Auch für ein solches Verfahren kann Prozesskostenhilfe grundsätzlich bewilligt werden (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 119 Rz. 34).
Dem Begehren der Antragstellerin, den Antragsgegner mit Zwangsmitteln zu belegen, kann die hinreichende Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden. Dabei ist es zunächst ohne Bedeutung, dass der ausdrückliche Antrag der Antragstellerin darauf gerichtet ist, dem Antragsgegner wegen Zuwiderhandlung gegen die bestehende Umgangsregelung vom 27.4.2004 ein Zwangsgeld anzudrohen, obwohl das AG Bad Freienwalde, als es die Umgangsvereinbarung der Eltern familiengerichtlich genehmigt hat, bereits ein Zwangsgeld angedroht hat. Denn bei dem Verfahren nach § 33 FGG handelt es sich um ein Amtsverfahren, das einen Antrages nicht bedarf. Angesichts dessen, dass ein Zwangsgeld bereits angedroht, dem Erfordernis des § 33 Abs. 3 S. 1 FGG somit schon Genüge getan worden ist, kommt vorliegend bereits die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Betracht. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht insoweit.
Die Antragstellerin möchte den Antragsgegner durch Zwangsmittel dazu anhalten, Umgang mit dem gemeinsamen Kind zu pflegen. Für die Frage, ob dieses Begehren hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht, kommt es zunächst darauf an, ob die Vollstreckung gegen den unwilligen Umgangsberechtigten mit den Mitteln des § 33 FGG möglich ist (OLG Celle v. 21.11.2000 - 19 UF 253/00, MDR 2001, 395 = OLGReport Celle 2001, 18; Oelkers, FuR 2002, 433 [435]) oder ob dies abzulehnen ist, weil ein erzwungener persönlicher Umgang sinnlos und entwürdigend ist (so Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., § 1684, Rz. 33; vgl. auch Familienrechtsreformkommentar/Rogner, § 1684, Rz. 4; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., Teil III, Rz. 298 sowie zum speziellen Fall eines erzwungenen Umgangs im Beisein eines Sachverständigen (BVerfG v. 20.5.2003 - 1 BvR 2222/01, FamRZ 2004, 523). Diese streitige Rechtsfrage darf im Prozesskostenhilfeverfahren nicht zu Lasten der Antragstellerin beantwortet werden.
Soweit es bei der Frage, ob für das Begehren der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei hinreichende Erfolgsaussicht besteht, um die Rechtslage geht, reicht es aus, dass der Standpunkt des Antragstellers zumindest vertretbar ist. Um die Chancengleichheit der bedürftigen und der bemittelten Partei zu wahren, dürfen schwierige Rechtsfragen nicht bereits im Prozesskostenhilfeverfahren zu Lasten des Antragstellers entschieden werden. Denn auch der Bedürftige muss die Chance haben, die Frage obergerichtlich klären zu lassen. Das gilt insb. dann, wenn es sich um eine Sache von grundsätzlicher Bedeutung handelt, derentwegen die Revision oder die Rechtsbeschwerde zugelassen werden müsste (BVerfG v. 13.3.1990 - 2 BvR 94/88, NJW 1991, 413; BGH v. 9.9.1997 - IX ZB 92/97, NJW 1998, 82; OLG Brandenburg v. 17.2.2000 - 10 UF 45/99, OLGReport Brandenburg 2000, 430 = FamRZ 2000, 1033 [1035]; Zöll...