Verfahrensgang

BGH (Beschluss vom 10.10.1996; Aktenzeichen IX ZR 132/95)

OLG München (Urteil vom 26.01.1995; Aktenzeichen 19 U 3726/94)

LG München I (Urteil vom 07.04.1994; Aktenzeichen 6 O 23575/93)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Tatbestand

I.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen ein landgerichtliches und ein oberlandesgerichtliches Urteil sowie gegen einen Nichtannahmebeschluß des Bundesgerichtshofs, die einen Rechtsstreit über Ansprüche im Zusammenhang mit Umschuldungsmaßnahmen betreffen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Verfassungsbeschwerde erfüllt nicht die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG. Sie hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Die angesprochenen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schon geklärt (vgl. insbesondere BVerfGE 54, 277). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, weil sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

  • Soweit die Beschwerdeführerin die Urteile des Land- und des Oberlandesgerichts angreift, ist ihr Vorbringen unzulässig. Es genügt nicht dem Begründungserfordernis des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 und des § 92 BVerfGG. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwieweit diese Entscheidungen sie in Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzen sollen.
  • Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den auf § 554b Abs. 1 ZPO gestützten Nichtannahmebeschluß des Bundesgerichtshofs wendet, ist sie unbegründet. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 oder Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vor.

    a) Zwar kann auch die Auslegung und Anwendung von Verfahrensrecht im Einzelfall gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Eine nur fragwürdige oder sogar fehlerhafte Auslegung des einfachen Rechts reicht hierfür jedoch grundsätzlich nicht aus. Hinzukommen muß vielmehr die Feststellung, daß die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich deshalb der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 42, 64 ≪74≫; BVerfG, 2. Kammer des Zweiten Senats, NJW 1998, S. 369). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

    Der Bundesgerichtshof hat die Annahme der Revision unter Beachtung der verfassungsrechtlich gebotenen Auslegung des § 554b Abs. 1 ZPO (vgl. BVerfGE 54, 277 ≪285 ff.≫) abgelehnt, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung und die Revision keine Erfolgsaussicht habe. Seine Auffassung, daß der Rechtsfrage, ob die vertragliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten zur Ausübung eines Ankaufsrechts für ein Grundstück gemäß § 313 Satz 1 BGB der notariellen Beurkundung bedarf, grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 554b Abs. 1, § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO nicht zukomme, läßt einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht erkennen.

    Für die Bejahung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache wird in Rechtsprechung und Literatur unter anderem verlangt, daß die vom Revisionsgericht zu entscheidende Rechtsfrage klärungsbedürftig ist (vgl. Albers, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 56. Aufl. 1998, § 546 Rn. 10, § 554b Rn. 3; Walchshöfer, in: Münchener Kommentar zur ZPO, Bd. 2, 1992, § 546 Rn. 36, § 554b Rn. 11; jeweils m.w.N.). Der Begründung des Bundesgerichtshofs ist zu entnehmen, daß er die Klärungsbedürftigkeit der genannten Rechtsfrage verneint hat, weil die vertragliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten zur Ausübung eines Ankaufsrechts nach dem Wortlaut des § 313 Satz 1 BGB und im Hinblick auf den Zweck der notariellen Beurkundung, auch die Entschließungsfreiheit zum Erwerb von Grundstücken sicherzustellen, zweifelsfrei beurkundet werden müsse. Das ist nachvollziehbar und zumindest vertretbar. Gegenmeinungen sind dazu, abgesehen von der des Privatgutachters der Beschwerdeführerin (vgl. Wolf, DNotZ 1995, S. 179 ≪188≫), offenbar nicht vertreten worden. Anhaltspunkte für eine willkürliche Beurteilung durch den Bundesgerichtshof sind deshalb nicht erkennbar.

    b) Soweit die Beschwerdeführerin Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG für verletzt hält, ist unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. dazu BVerfGE 81, 22 ≪27≫ m.w.N.) schon zweifelhaft, ob ihr Vorbringen zulässig ist; ausweislich der Verfahrensakten hat sie vor dem Bundesgerichtshof eine fehlende Zuständigkeit des IX. Zivilsenats nicht geltend gemacht. Doch mag das auf sich beruhen.

    Die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist jedenfalls unbegründet. Der Anspruch der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter wäre dann verletzt, wenn der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs den Geschäftsverteilungsplan des Gerichts willkürlich ausgelegt und angewendet oder Bedeutung und Tragweite des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hätte (vgl. BVerfGE 87, 282 ≪284 f.≫ m.w.N.). Dafür ist jedoch nichts ersichtlich. Der IX. Zivilsenat hat seine Zuständigkeit, wie der Verfahrensakte entnommen werden kann, offensichtlich auf Abschnitt A I. IX Nr. 3 des Geschäftsverteilungsplans gestützt. Danach war er zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung für Rechtsstreitigkeiten über Bürgschaften (§§ 765 ff. BGB) zuständig, sofern nicht nur der Bestand der Hauptverbindlichkeit den Gegenstand des eigentlichen Streits bildete. Darunter den Revisionsrechtsstreit der Beschwerdeführerin zu fassen, war nicht erkennbar sachfremd. Zum Bürgschaftsrecht gehört auch der Kreditauftrag gemäß § 778 BGB. Die Erteilung eines solchen Auftrags war zwischen den Parteien umstritten und auch Gegenstand der Entscheidungen des Land- und des Oberlandesgerichts. Die Zahlungsansprüche aus der “Verpflichtungserklärung” vom 4. April 1990, auf die sich der Revisionsrügen bezogen, standen damit in engem Zusammenhang.

  • Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

    Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Papier, Grimm, Hömig

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1276185

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