Rz. 6

Im Überblick lassen sich die verschiedenen Anfechtungsgründe wie folgt darstellen:[9]

 
Anfechtungsgrund Relevante Norm
Stillschweigende Annahme (§ 1943 BGB) in Unkenntnis des Ausschlagungsrechts[10] (arg. ex. § 1956 BGB) § 119 Abs. 1 BGB
Irrtum über Verhalten, das als stillschweigende Annahme verstanden wurde § 119 Abs. 1 BGB
Versäumung der Anfechtungsfrist (arg. § 1956 BGB)[11] § 119 Abs. 1 BGB
Versäumung der Ausschlagungsfrist in irrtümlicher Annahme, diese beginne erst mit Erhalt des Erbscheins[12] § 119 Abs. 1 BGB
Irrtum über die Zuständigkeit des i.R.d. Ausschlagung angegangen Nachlassgerichts (arg. § 1956 BGB) § 119 Abs. 1 BGB
Verwechslung von Erbschaften, Berufungsgründen oder Erbteilen § 119 Abs. 1 BGB
Irrige Vorstellung des unter Beschwerungen als Alleinerbe eingesetzten Pflichtteilsberechtigten, er dürfe die Erbschaft nicht ausschlagen, um seinen Anspruch auf den Pflichtteil nicht zu verlieren[13] § 119 Abs. 1 BGB
Irrtum über die unmittelbaren und wesentlichen Wirkungen der Ausschlagung (z.B. Irrtum über die Wirkung der Ausschlagung bzgl. einer Anwachsung[14] oder des Pflichtteilsanspruchs[15]) § 119 Abs. 1 BGB
Irrtum über Erbteilsquote (arg. §§ 2047 Abs. 1, 2060 BGB)[16] § 119 Abs. 2 BGB
Der Pflichtteilsberechtigte kann wegen Irrtums über Beschränkungen und Beschwerungen die Ausschlagung des Erbteils oder Vermächtnisses anfechten (§§ 2308 Abs. 1, 2306 BGB). § 119 Abs. 2 BGB
Irrtum des Erben über das Bestehen einer Beschränkung des Erbteils durch Vermächtnis, Auflage oder Nacherbfolge (§ 2308 Abs. 1 BGB)[17] § 119 Abs. 2 BGB
Irrige Annahme der Überschuldung des Nachlasses; nach h.M. jedoch nur, wenn Irrtum nicht auf der Bewertung der Nachlassgegenstände beruht, sondern auf der Zugehörigkeit von Nachlassgegenständen (Aktiva) und/oder Nachlassverbindlichkeiten (Passiva) zur Erbschaft als die wertbildenden Faktoren.[18] Es liegt auch ein Irrtum der Erben über die verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses vor, wenn nach Durchführung eines Zivilverfahrens feststeht, dass Forderungen entgegen der Vorstellung der Erben nicht verjährt sind und der Nachlass nunmehr überschuldet ist.[19] Die Anfechtung der ausdrücklichen Ausschlagung des Nachlasses unabhängig von der "Höhe des Erbteils" ist aber dann nicht mehr möglich, wenn erst im Nachhinein werthaltige Gegenstände des Nachlasses bekannt werden.[20] § 119 Abs. 2 BGB
Irrtum über die Zugehörigkeit bestimmter Rechte zum Nachlass (z.B. Bestehen eines Schmerzensgeldanspruchs eines bei einem Flugzeugabsturz getöteten Fluggastes)[21] § 119 Abs. 2 BGB
Irrtum über das Bestehen und nicht bloß über die Bewertung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen gegen den Nachlass, z.B. nach LAG oder Steuerrecht[22] § 119 Abs. 2 BGB
Irrtum über die Existenz eines weiteren Miterben bzw. die Zusammensetzung der Erbengemeinschaft und damit über das Bestehen von etwaigen Zustimmungspflichten,[23] unbeachtlich aber der Irrtum über bloße Eigenschaften eines Mit-, Nach- oder Ersatzerben § 119 Abs. 2 BGB
Irrige Annahme des Nacherben, durch seine Ausschlagung entfalle die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft insgesamt und die Vorerbin erlange die unbeschränkte Stellung als Vollerbin[24] unbeachtlicher Motivirrtum
Ausdrückliche Annahme bei Irrtum über das Bestehen des Ausschlagungsrechts[25] unbeachtlicher Motivirrtum
Irrtum des Ausschlagenden über die Bereitschaft zur Annahme der Erbschaft durch den nachfolgenden Erben[26] unbeachtlicher Motivirrtum
Irrtum über erbschaftsteuerliche, pflichtteilsrechtliche oder güterrechtliche Folgen der Annahme oder Ausschlagung;[27] z.T. wird § 119 Abs. 1 BGB angewandt, wenn der Ausschlagende annahm, dass Pflichtteilsansprüche erwachsen würden unbeachtlicher Motivirrtum
Irrtum über politische und rechtliche Entwicklungen in Bezug auf Nachlassgegenstände,[28] bzgl. der ehemaligen DDR[29] unbeachtlicher Motivirrtum
Irrtum über den späteren Wegfall der Überschuldung des Nachlasses[30] unbeachtlicher Motivirrtum
Irrtum über die Eigenschaften bzw. die Eignung des Testamentsvollstreckers oder eines Nacherben ("wie" der Person); dagegen ist der Irrtum darüber, wer diese Person ist, nach § 119 Abs. 2 BGB beachtlich ("ob" der Person); die Abgrenzung ist problematisch und im Einzelfall str. unbeachtlicher Motivirrtum
Irrtum darüber, dass die Ausschlagung einer Erbschaft vor dem 3.10.1990 auch Vermögen auf dem Gebiet der damaligen DDR erfasst[31] unbeachtlicher Motivirrtum
Ausschlagender geht zutreffend davon aus, es trete die gesetzliche Erbfolge ein, irrt sich aber über die vom Gesetz nächstberufene Person;[32] der Irrtum über die Person des Nächstberufenen wird z.T. auch nach § 119 Abs. 1 BGB behandelt (sehr str.), wenn der Ausschlagende seinen Erbteil auf einen bestimmten Miterben übertragen wollte (zweifelnd) unbeachtlicher Motivirrtum
Irrtum über den Wert des Erbteils, eines Nachlassgegenstandes oder des Nachlasses[33] unbeachtlicher Motivirrtum
Irrtum über die Zahlung einer Abfindung oder Entschädigung für die Ausschlagung oder über die Wirksamkeit des E...

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