Dr. Klaus-Peter Horndasch
Die folgende Lösung wurde schließlich ins Gesetz eingefügt (zunächst § 1616 Abs. 2 BGB, mittlerweile § 1617 Abs. I BGB):
"Führen die Eltern keinen Ehenamen und steht ihnen die Sorge gemeinsam zu, so bestimmen sie durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten den Namen, den der Vater oder die Mutter zur Zeit der Erklärung führt, zum Geburtsnamen des Kindes."
Haben sich die Eltern zu einer Lösung für das Kind durchgerungen, so ist die Namenswahl weder anfechtbar noch widerruflich.
Für die Zeit vor dem 1.4.94 (Inkrafttreten der Namensrechtsreform) galt eine – auf einem BVerfG-Beschluß vom 5.3.1991 basierende – Übergangsregelung, die es den Eltern erlaubte, dem Kind einen aus beiden Elternnamen gebildeten Kombinationsnamen überzustülpen. Das galt auch für nichteheliche, durch Heirat legitimierte Kinder, sofern die Namenswahl in zeitlichem Zusammenhang mit der Eheschließung stand.
Über die Namens-Reihenfolge entschied im Streitfall das Los, und wenn dies nicht beachtet worden ist, kann der Losentscheid heute noch nachgeholt werden. Wer seinem Kind einen Kombinationsnamen gegeben hatte, musste ihn nach Inkrafttreten der Namensrechtsreform am 1.4.1994 nicht wieder kappen.
Allerdings gilt das "Kombinationsnamensprivileg", wenn es denn für die Kinder ein solches ist, nicht für weitere, aus derselben Ehe entstammende Kinder, wenn diese nach dem 1.4.94 geboren worden sind, auch wenn die Eltern damit nur verhindern wollen, dass ihre Kinder abweichende Namen haben, also der eine, noch zur Übergangszeit geborene Säugling einen Kombinationsnamen, der nach dem 1.4.94 zweitgeborene dagegen einen einfachen Namen trägt.
Das "Recht" des – von den Eltern nicht gefragten – Kindes, den Namen beider Eltern als Doppelnamen zu führen, lebt also auch dann nicht wieder auf, wenn ein anderes aus der Ehe hervorgegangenes Kind kraft der oben erörterten Übergangsregelung schon den Doppelnamen trägt.
Allerdings war der Vorstoß der Eltern im Hinblick auf den – durch das Kindschaftsreformgesetz auch schon wieder abgeschafften – § 1616 Abs. 2 Satz 3 BGB keineswegs abwegig, denn dort stand ausdrücklich, dass die Namensbestimmung der Eltern "auch für ihre weiteren Kinder" gilt. Regelungszweck ist also die Namensgleichheit von Geschwistern. Jedoch kann dieser Grundsatz nicht losgelöst von der Gesamtregelung des Familiennachnamensrechts beurteilt werden, und diese Gesamtregelung will eingliedrige Kindesnamen erreichen. Die gelegentliche Nichtübereinstimmung von Geschwisternamen infolge der Divergenz zwischen Übergangsregelung und der Namensrechtsnovelle war auch verfassungskonform.
Wenn dagegen die Frau von der Übergangsregelung in der Weise Gebrauch macht, dass sie ihren Mädchennamen wieder annimmt, den vom Mannesnamen abgeleiteten Familiennamen des Kindes aber unverändert lässt – also ihn nicht in einen Doppelnamen umwandelt – , so ist dieser Familienname auch für die nachgeborenen Geschwister verbindlich. Wollen die Eltern im Anschluss an die Umfirmierung der Frau auch den Namen ihres vor Inkrafttreten der Reform geborenen Kindes neu bestimmen, haben sie nur die Wahl zwischen dem des Vaters und dem (neuen) der Mutter.
Heute gilt:
Die Eltern müssen sich für einen Namen entscheiden, und wenn sie sich binnen Monatsfrist nach der Geburt zu keinem Ergebnis durchringen können, überträgt das Vormundschaftsgericht das Namensbestimmungsrecht auf einen Elternteil, und falls der sich innerhalb einer weiteren, vom Gericht festzusetzenden Frist nicht regt, bestimmt das Gericht den Namen dieses Elternteils zum Geburtsnamen, basta (§ 1617 II BGB). Auf die Gründe für die ausbleibende Reaktion kommt es nicht an. Gegen die Fristversäumung gibt es auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Zuständig ist nicht der Rechtspfleger, sondern der "Namensrichter".
Noch ungeklärt sind die Kriterien, nach denen das Vormundschaftsgericht das Namensgebungsrecht dem einen oder anderen Elternteil überträgt. Die Entscheidung muss ja justiziabel sein, also ermessensfehlerfrei. Wenn beide Eltern den Eindruck erwecken, dass sie noch alle Tassen im Schrank haben, bleibt womöglich doch wieder nur die Losmethode.
Der Unfug mit den zweigliedrigen Geburtsnamen ist jedenfalls vom Tisch. Das BVerfG hat dies in einer langen und umständlichen Entscheidung für verfassungsrechtlich unbedenklich erklärt. Man stelle sich vor, welche und wie viele Namen hätten entstehen können, wenn zwei Doppelnamen einander geheiratet hätten: Reihenfolge- und Binnenauswahlprobleme hätten sich allenfalls mit einer Lostrommel lösen lassen.
Die verheirateten, aber ehenamenlosen Eltern können sich, wie soeben erwähnt, später zu einem Ehenamen entschließen.
Nehmen wir einen einfachen Fall:
Frau Wallach und Herr Bischof bringen den kleinen Kai, aber keine Einigung über den Geburtsnamen zustande. Das Namensgebungsrecht wird auf Frau Wallach übertragen. Der Kleine heißt jetzt Kai Wallach. Drei Jahre später entschließen sich die Eltern zu einem Familiennamen, nämlich Bischof. H...