1 Altersunterhalt
OLG Hamm, Beschl. v. 21.12.2023 – 4 UF 36/23
1. Der Unterhaltsanspruch nach § 1571 BGB besteht auch dann, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nicht im Laufe einer langjährigen Ehe alt und unterhaltsbedürftig geworden ist, sondern bereits bei Eheschließung altersbedingt einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen konnte.
2. § 1571 BGB verlangt keine ehebedingte Bedürfnislage, so dass allein das Vorliegen einer Altersehe bzw. das Fehlen einer ehebedingten Bedürfnislage keine Gründe zur Unterhaltsbegrenzung nach § 1579 Nr. 8 BGB darstellen.
3. Zur Verminderung seiner Bedürftigkeit ist der Unterhaltsbedürftige nach § 1577 Abs. 1 BGB gehalten, neben seinen Renteneinkünften auch das ihm aus dem Verkauf des zu Ehezeiten bewohnten bebauten Grundstücks zugeflossene Vermögen für Unterhaltszwecke einzusetzen.
4. Im Rahmen der gebotenen Verwertung des Vermögensstamms, ist der Vermögensbetrag auf die voraussichtliche Dauer der Unterhaltsbedürftigkeit umzurechnen.
2 Kindesunterhalt
OLG Hamm, Beschl. v. 27.11.2023 – 4 UF 80/23
Bei ungelernten Arbeitnehmern ist bei fiktiver Einkommensermittlung in der Regel nur der Mindestlohn zugrunde zu legen. Das gilt aber dann nicht, wenn eine bestimmte Tätigkeit über längere Zeit ausgeübt worden ist und dort nachhaltige über den Mindestlohn hinausgehende Einkünfte erzielt worden sind.
3 Unterhaltsvorschuss
BVerwG, Urt. v. 12.12.2023 – 5 C 9.22
Leben die Eltern eines Kindes getrennt und leistet der barunterhaltspflichtige Elternteil den Mindestunterhalt nicht, beteiligt sich aber an der Betreuung des Kindes, besteht ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nur dann, wenn der Mitbetreuungsanteil unter 40 vom Hundert liegt.
4 Elternunterhalt
OLG Hamm, Beschl. v. 4.9.2023 – 4 UF 164/22
1. Der Einwand der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs gem. § 1611 BGB steht dem Auskunftsanspruch regelmäßig nicht entgegen, da die Beurteilung, ob und in welchem Umfang der Unterhaltsanspruch verwirkt ist, sich ohne Kenntnis der maßgeblichen Einkünfte nicht beurteilen lässt und sachgerecht hierrüber erst befunden werden kann, wenn die Höhe des Unterhaltsanspruchs festgestellt ist.
2. Eine Verwirkung des Anspruchs auf rückständigen Elternunterhalt kommt nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 242 BGB in Betracht, wenn der Berechtigte den Anspruch längere Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment), obwohl er dazu in der Lage wäre, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Umstandsmoment).
5 Haushaltsgegenstände
AG Marburg – Familiengericht, Beschl. v. 3.11.2023 – 74 F 809/23 WH
1. Bei der Zuweisung eines Familienhundes während der Trennungszeit entsprechend § 1361a BGB sind für die vorzunehmenden Billigkeitsentscheidung Tierwohlkriterien ausschlaggebend.
2. Maßgeblich ist neben der Frage, wer die Hauptbezugsperson des Tieres ist, Verbleib in der gewohnten Umgebung und die Betreuungsmöglichkeiten neben der Berufstätigkeit.
3. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung ist nach § 209 Abs. 2 S. 2 FamFG analog anzuordnen, wenn dies dem Tierwohl am besten entspricht.
6 Zugewinn
BGH, Beschl. v. 22.11.2023 – XII ZB 386/22
1. Vorzeitiger Zugewinnausgleich gemäß § 1385 BGB und Zugewinnausgleich nach der Ehescheidung sind verschiedene Streitgegenstände (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 26.6.2019 – XII ZB 299/18, FamRZ 2019, 1535).
2. Ein im Scheidungsverbund erhobener Stufenantrag zum Zugewinnausgleich nach der Scheidung wird unbegründet, wenn in einem anderen Verfahren rechtskräftig die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft ausgesprochen wurde. Der Antragsteller hat die Möglichkeit, dem durch eine Erledigungserklärung hinsichtlich der Folgesache Rechnung tragen.
7 Versorgungsausgleich
BGH, Beschl. v. 18.10.2023 – XII ZB 197/23
a) Das Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG ist nur für rechtliche oder tatsächliche Veränderungen des Anrechts nach dem Ende der Ehezeit eröffnet und nicht für die Korrektur von möglichen Fehlern bei der Ausgangsentscheidung (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 27.1.2016 – XII ZB 213/14, FamRZ 2016, 620).
b) Eine Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist auch dann zulässig, wenn sie sich rechnerisch lediglich zugunsten des anderen, noch lebenden Ehegatten auswirkt.
OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.11.2023 – 1 UF 90/23
Ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch im Sinne von § 33 Abs. 1 VersAusglG, der eine Aussetzung der Versorgungskürzung des Unterhaltspflichtigen rechtfertigt, kann im Falle der Wiederheirat geschiedener Eheleute auch ein Anspruch auf Familienunterhalt aus § 1360 BGB sein.
8 Sorge- und Umgangsrecht
OLG Hamm, Beschl. v. 28.11.2023 – 4 UF 108/23
1. Kann der Elternteil auf längere Zeit nicht entscheidend in die Ausübung des Sorgerechts eingreifen, sei es etwa infolge langfristiger Inhaftierung oder Abwesenheit ohne weitere Kontaktpflege, sei es durch einen Aufenthalt im Ausland ohne Einfluss auf die Ausübung des Sorgerechts, ist das Ruhen der elterlichen Sorge nach § 1674 BGB festzustellen.
2. Die sich aus der Inobhutnahme ergebend...