Ursprünglich maßgebende Kriterien wie das der Namenskontinuität sind durch die Entwicklungen des Familien(namens)rechts der letzten Jahrzehnte obsolet. Mehrfache punktuelle Änderungen des Namensrechts haben nie den großen Wurf eines einheitlichen, in sich geschlossenen Normenwerks gebracht. Vor einem Vierteljahrhundert wollte im Familiennamensrecht zumindest der Versuch unternommen werden, die vielen Einzelnormen des Rechtsgebiets in sich stimmig zu gestalten. Der mit den einschlägigen Verbänden abgestimmte Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Familiennamensrechts (Familiennamensrechtsgesetz – FamNamRG) entsprach den aktuellen und den späteren Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in vorausschauender Weise. Er sah nicht nur eine Abkehr vom obligatorischen gemeinsamen Ehenamen, sondern auch neue Gestaltungsmöglichkeiten für die Namen der Ehegatten und der Kinder vor. Nach zügiger Behandlung des Regierungsentwurfs im Bundesrat dauerte es dann im BT-Rechtsausschuss von der Überweisung bis zur Beschlussfassung über ein Jahr. Der ursprüngliche Regierungsentwurf wurde schließlich Opfer des Struckschen Gesetzes und erhielt im Verlaufe der Beratungen ein völlig anderes Gesicht. So gelingt heute nur noch ausgewiesenen Fachleuten ein sicherer Gang durch das Labyrinth der zusammengestückelten, in sich oft nicht stimmigen Regelungen. Gründe für die Änderungen des Regierungsentwurfs finden sich in den umfangreichen Sitzungsprotokollen des Deutschen Bundestags (Rechtsausschuss, Plenum): Der Entwurf war von vielen Mitgliedern des Bundestags mit großem Interesse verfolgt worden. Jenseits fachlicher Zuständigkeit fühlte sich mancher in irgendeiner Weise direkt oder indirekt von der beabsichtigten Reform betroffen. Die Presse verfolgte die Diskussionen sehr interessiert und kolportierte zum Teil bissig, z.B.: "Die Blaublütigen ängstigen sich vor einer unbegrenzten Vermehrung ihrer Standesgenossen durch Scheidungswut und Neuheirat. Das bürgerliche Lager hat ähnliche Bedenken: Schließlich will man dem gehörnten Ehemann nicht zumuten, den jungen Nachfolger mit seinem guten Namen herumstolzieren zu sehen." Auch Parlamentarier, die vorgaben, nur das Gemeinwohl im Auge zu haben, meldeten sich als Gralshüter des deutschen Ehenamens, als weltmännische Verfechter oder als kompromissbereite Vermittler zwischen den Fronten zu Wort. Es bedurfte des Anstoßes einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, um den erheirateten Namen nach Jahren doch noch durch eine weitere Gesetzesänderung tradierbar zu machen.
Auch zum Kindesnamen hatte der Gesetzentwurf der Bundesregierung eine liberale Regelung vorgesehen: Nach Wegfall des obligatorischen Ehenamens sollten die Eltern das Recht haben, den Namen der Mutter oder des Vaters zum Geburtsnamen des Kindes zu bestimmen. Bei Nichteinigung war die Möglichkeit vorgesehen, einen Doppelnamen zu bestimmen.
Doch das FamNamRG schraubte diesen Anspruch wieder zurück auf den bis jetzt noch obligatorischen Einfachnamen. Bis zu einer umfassenden Reform kann ein gewünschter Doppelname für Ehegatten und ihre Kinder nur in zwei Schritten erreicht werden: In einem ersten Schritt bestimmen die Ehegatten den Namen eines Ehegatten zum Ehenamen und der andere Ehegatte fügt dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den bei der Eheschließung geführten Namen als Begleitnamen hinzu. Für den zweiten Schritt lassen sich die Ehegatten scheiden, wodurch der unechte Doppelname (Ehename plus Begleitname) zu einem echten Doppelnamen erstarkt. Nach weiterer Eheschließung derselben Ehegatten kann dann der nunmehr echte Doppelname zum Ehenamen bestimmt und auf die Kinder der Ehegatten tradiert werden. Dieses Beispiel mag belegen, welche Blüten das derzeitige Recht treibt; als Grundlage für eine ernstzunehmende Beratung heiratswilliger Nupturienten mit Doppelnamenwunsch taugt es natürlich nicht.