Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Umsatzsteuersatz bei Übertragung von Rechten aus dem Urheberrechtsgesetz durch den Verkauf von Standard-Software
Leitsatz (redaktionell)
Die Veräußerung von Standard-Software, mit der der Anwender seine Einkommensteuer errechnen kann und die programmgesteuert bestimmte Hilfen zur Erstellung der Steuererklärung bietet, unter-liegt dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG, wenn der Urheber nur diejenigen Rechte überträgt, die zur bestimmungsmäßigen Nutzung des Computerprogramms unabdingbar erforderlich sind. Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG findet auch dann keine Anwendung, wenn für Steuerberater Modifikationen an dem Programm vorgenommen werden. Ohne Bedeutung ist auch, auf welchem technischen Übertragungsweg bzw. aufgrund welchen Speichermediums die Programme überlassen werden und ferner, ob der Anwender das Programm beim Händler oder unmittelbar beim Hersteller erwirbt.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2, 2 Nr. 7c; UrhG § 69
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, inwieweit die vom Kläger im Streitjahr getätigten Umsätze im Rahmen der Lieferung von Computerprogrammen dem Regelsteuersatz von 15 % Umsatzsteuer oder dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen.
Der Kläger erstellt Computerprogramme für verschiedene Computersysteme mit dem die jährliche Einkommensteuer berechnet werden kann. Die betreffenden Programme prüfen Schlüssigkeiten und schlagen programmgesteuert Steuervergünstigungsmöglichkeiten vor. Zum Teil ist bei diesen Programmen der Eindruck in die amtlichen Formulare integriert. Die Software wird in der Regel ohne Zwischenhändler direkt an die Kunden verkauft. In der Rechnung wird darauf hingewiesen, daß ein Nutzungsrecht übertragen wird.
Für Steuerberater und Lohnsteuerhilfevereine werden gegen Aufpreis in der Regel individuelle Änderungen oder Erweiterungen vorgenommen. Das Computerprogramm wird in der Regel auf Diskette versandt. Teilweise wird jedoch auch ein Bezug auf elektronischem Wege vorgenommen, d. h. durch Mailbox, aus dem Internet oder per e-Mail.
Das Computerprogramm ist bei Lieferung nicht funktionsfähig. Das mitgelieferte Installationsprogramm stellt anhand individueller Parameter die Funktionsfähigkeit her.
Mit der Diskette, auf der sich das Computerprogramm befindet, wird jeweils ein Handbuch ausgeliefert. Das Handbuch enthält überwiegend allgemeine steuerliche Erläuterungen und Tips sowie Anleitungen zur PC-Anwendung. Die Software und das Handbuch können unabhängig voneinander bestellt werden. Das Computerprogramm wird sowohl an Händler als auch an Privatpersonen vertrieben.
Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung wurde gemäß Bericht vom 17.5.1995 festgestellt, daß der Kläger im Streitjahr die Umsätze aus dem Vertrieb des Computerprogramms an Privatpersonen dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterworfen hatte. Der Kläger hatte sich insoweit auf den Standpunkt gestellt, daß der Vertrieb des Computerprogramms an Privatpersonen die Einräumung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtgesetz ergeben, beinhalte und mithin § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c Umsatzsteuergesetz (UStG) zur Anwendung gelange. Die Lieferung des Computerprogramms an Händler unterwarf der Kläger mit dem Regelsteuersatz von 15 %, da er insoweit davon ausging, daß es sich um keinen urheberrechtlich relevanten Vorgang handele.
Hiervon abweichend besteuerte der Beklagte im Anschluß an die beim Kläger durchgeführte Umsatzsteuersonderprüfung die gesamten Umsätze aus der Veräußerung der Software mit dem Regelsteuersatz von 15 %, da er die Auffassung vertrat, mit dem Vertrieb von Standardsoftware und sogenannten Updates für diese Software würden Lieferungen im Sinne § 3 Abs. 1 UStG bewirkt. Dagegen unterwarf der Beklagte die Lieferung der Handbücher dem ermäßigten Steuersatz von 7 %, da die Bücher überwiegend allgemeine steuerliche Erläuterungen und Tips und nur geringfügige Anleitungen zur PC-Anwendung enthielten. Nach Auffassung des Beklagten biete nämlich das Handbuch auch ohne Diskette nützliche Informationen zum Einkommensteurecht und könne somit einzeln genutzt werden. Die Umsätze aus der Veräußerung des Handbuchs seien deshalb aus der Gesamtleistung herauszunehmen, da sie nicht als unselbständige Nebenleistung zur Verschaffung der Software anzusehen seien.
Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen im vorgenannten Umsatzsteuersonderprüfungsbericht erließ der Beklagte sodann am 3.8.1995 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr. Dabei unterwarf er die unstreitig aus der Veräußerung der Computerprogramme erzielten Umsätze in Höhe von brutto … DM dem Regelsteuersatz in Höhe von 15 % und errechnete insoweit eine Umsatzsteuer in Höhe von … DM.
Im Rahmen seines hiergegen gerichteten Einspruchs machte der Kläger geltend, daß nach seiner Auffassung in der Erstellung und dem Vertrieb der Computerprogramme die Einräumung von Rechten, die sich aus dem Urhebe...