Vollstreckungsauftrag ohne Auftrag oder Ausschluss der gütlichen Erledigung

Die Gläubigerin betreibt gegen die nicht am Verfahren beteiligte Schuldnerin die Zwangsvollstreckung. Sie hat zu diesem Zwecke die für die im Vollstreckungsauftrag genannte Adresse örtlich zuständige Obergerichtsvollzieherin (OGV) mit der Abnahme der Vermögensauskunft beauftragt (Modul G1). Zugleich war die gütliche Einigung weder ausdrücklich ausgeschlossen (Modul E5) noch explizit beauftragt (Modul E1–E4). Soweit die Schuldnerin ein Angebot für eine gütliche Einigung unterbreite, solle mit der Gläubigerin Rücksprache genommen werden. Unter den weiteren Voraussetzungen des § 802 Abs. 1 ZPO war sodann die Einholung von Auskünften Dritter beauftragt (Modul M).

Schuldnerin war unbekannt verzogen

Nach Auskunft der im weiteren Beschwerdeverfahren angehörten OGV hat diese versucht, der Schuldnerin die Ladung zum Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft persönlich zuzustellen. Sie musste vor Ort allerdings feststellen, dass die Schuldnerin unbekannt verzogen ist. Darauf sandte sie der Gläubigerin die Vollstreckungsunterlagen zurück und rechnete die Amtshandlung am 15.1.2019 wie folgt ab:

Die Kostenrechnung

Kostenrechnung GvKostG (KV = Kostenverzeichnis)

 
Nicht erledigte Zustellung, KV 600 3,00 EUR
Nicht erledigte Amtshandlung, KV 604 15,00 EUR
Versuch gütliche Erledigung, KV 208 8,00 EUR
Wegegeld 0–10 km, KV 711 3,25 EUR
Auslagenpauschale, KV 716 5,20 EUR
Summe 34,45 EUR

Kostenansatzerinnerung

Hiergegen wandte sich die Gläubigerin mit ihrer Kostenansatzerinnerung nach § 5 Abs. 2 GvKostG, soweit hierin eine Gebühr für die gütliche Erledigung nach Nr. 208 KV GvKostG angesetzt wurde. Da die Schuldnerin unbekannt verzogen sei, könne es zu keinem Versuch einer gütlichen Erledigung gekommen sein. Die OGV hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem zuständigen AG vorgelegt. Ein Versuch einer gütlichen Einigung liege schon dann vor, wenn sich der GV zu diesem Zwecke vor Ort begebe.

AG weist zur Absetzung an

Das AG hat darauf die OGV angewiesen, die Gebühr nach Nr. 208 KV GvKostG und die darauf entfallende Auslagenpauschale nach Nr. 716 KV GvKostG abzusetzen. Zwar sei die OGV nach der Struktur von § 802a ZPO mit dem Versuch einer gütlichen Einigung beauftragt gewesen. Tatsächlich sei es aber nicht zum Versuch gekommen, da die Schuldnerin weder angetroffen worden sei noch ihr das Angebot auf eine gütliche Erledigung in anderer Weise übermittelt worden sei.

Beschwerde des Bezirksrevisors

Hiergegen richtete sich die – vom AG zugelassene – Beschwerde des Bezirksrevisors beim LG als Vertreter der Staatskasse. Der Argumentation des AG stehe der Wille des Gesetzgebers entgegen, dem GV jeden Aufwand mit dem Versuch einer gütlichen Einigung zu vergüten. Insoweit komme es weder auf eine Mitwirkung noch den Zugang oder eine Annahme des Einigungsangebotes an. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem LG vorgelegt.

LG schließt sich dem AG an

Das LG hat sich dem AG angeschlossen und die weitere Beschwerde zugelassen. Es liege ein Fall des unerledigten Versuchs vor, der die Gebühr nach Nr. 208 KV GvKostG nicht auslöse, was sich auf den Auslagenanteil nach Nr. 716 KV GvKostG auswirke. Erforderlich sei stets ein erfolgstauglicher Versuch, um die Gebühr anfallen zu lassen. Die Vorbereitungshandlung genüge demgegenüber nicht. Die Gesetzesbegründung stehe dem nicht entgegen. Dort werde lediglich ausgeführt, dass der Versuch der gütlichen Einigung stets eine Gebühr auslösen solle. Das beantworte aber nicht die Frage, wann ein solcher Versuch vorliege.

Der Vertreter der Staatskasse gibt nicht auf

Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Vertreters der Staatskasse mit dem Ziel, die Aufhebung der Vorentscheidungen und die Bestätigung des Kostenansatzes der OGV zu erreichen. Für die Erfolgstauglichkeit könne nicht auf eine Ex-post-Betrachtung abgestellt werden. Entscheidend sei die Ex-ante-Betrachtung des Gerichtsvollziehers. Das LG hat der weiteren Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

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