Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmung einer Fluggesellschaft als Arbeitgeberin zur Reduzierung und Neuverteilung der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers
Leitsatz (redaktionell)
Ein Arbeitnehmer kann grundsätzlich auch Anspruch auf eine verhältnismäßig geringfügige Verringerung seiner Arbeitszeit haben kann. Verlangt ein Arbeitnehmer, dass seine Arbeitszeit nur geringfügig reduziert wird, indiziert dies nicht per se einen Rechtsmissbrauch.
Normenkette
TzBfG § 8 Abs. 4, § 9; BUrlG § 7 Abs. 1 S. 1; BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 25.08.2022; Aktenzeichen 12 Ca 7215/21) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. August 2022 - 12 Ca 7215/21 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Parteien streiten um die Zustimmung der Beklagten zur Reduzierung und Neuverteilung der Arbeitszeit des Klägers.
Dieser ist bei der beklagten Fluggesellschaft, die regelmäßig mehr als 18.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des sog. fliegenden Personals (Cockpit und Kabine) beschäftigt, seit dem 1. Februar 2016 als Flugzeugführer tätig, zuletzt als First Officer (SFO) auf dem Muster A340 mit Stationierungsort A. Mit Schreiben vom 28. Juli 2021 beantragte er die Verringerung und Neuverteilung seiner Arbeitszeit bei der Beklagten. Diese lehnte das Teilzeitbegehren mit Schreiben vom 29. Oktober 2021 ab. Wegen der Einzelheiten dieser Schreiben wird auf die Anlagen K3 und K4 der Klageschrift (Bl. 8 ff. d. A.) verwiesen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, einer Reduzierung der jährlichen Arbeitszeit des Klägers um weitere 6,58 % auf 87,67 % der geschuldeten Vollarbeitszeit durch Freistellung der letzten vier Tage im Kalendermonat März, der ersten vier Tage im Kalendermonat April, der letzten vier Tage im Kalendermonat Mai, der ersten vier Tage im Kalendermonat Juni, der letzten vier Tage im Kalendermonat August und der vier Tage im Kalendermonat September eines jeden Jahres, beginnend ab dem 1. Dezember 2021, zuzustimmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint, dem Verringerungsverlangen und Verteilungswunsch des Klägers stünden betriebliche Gründe entgegen. Außerdem sei das Teilzeitbegehren rechtsmissbräuchlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts und des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 170 bis 174 d. A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat der Klage durch am 25. August 2022 verkündetes Urteil, 12 Ca 7215/21, stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Teilzeitbegehren des Klägers stünden keine betrieblichen Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG entgegen. Unterstelle man zugunsten der Beklagten, dass ihre betriebliche Teilzeitvergabe ein eigenständiges betriebliches Organisationskonzept darstelle (erste Stufe der Prüfung) und dass diese Arbeitszeitregelung sowie die von der Beklagten festgelegten Sperrzeiten dem Arbeitszeitverlangen des Klägers entgegenstehen (zweite Stufe der Prüfung), scheitere die Einwendung der Beklagten jedenfalls auf der dritten Prüfungsstufe. Die Beklagte hab nicht dargelegt, dass das Teilzeitbegehren des Klägers die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtige sowie die Verteilungsgerechtigkeit und damit den Betriebsfrieden gefährde. Das Teilzeitverlangen stelle auch keine unzulässige Rechtsausübung i.S.d. § 242 BGB dar. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 150R. bis 155R. d. A.) verwiesen.
Gegen dieses ihr am 8. September 2022 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16. September 2022 Berufung eingelegt und diese - nach auf ihren Antrag vom 1. November 2022 hin bis zum 22. November 2022 erfolgter Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung - am 22. November 2022 begründet.
Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag und hält daran fest, dem Teilzeitverlangen des Klägers stünden betriebliche Gründe entgegen. Außerdem sei sein auf die Monatsübergänge (Ende/Anfang) und die Sperrzeiträume in den hessischen Schulsommerferien bezogener Vergabewunsch rechtsmissbräuchlich, da er damit überwiegend Urlaubsansprüche verfolge, die er ansonsten nicht gesichert erhalten würde. Dies betreffe insbesondere die zusammenhängenden Zeiträume in den Sommermonaten der letzten vier Tage im August und September. Die Beklagte meint, dem Begehren des Klägers stehe im Übrigen schon entgegen, dass es im Bordbereich keine Jahresarbeitszeit gebe. Zu den von ihr geltend gemachten entgegenstehenden betrieblichen Gründen verweist sie hinsichtlich ihres betrieblichen Organisationskonzepts auf die bei ihr angewandten und in dem vorgelegten Merkblatt für 2022 dargestellten Vergaberichtlinien für befristet angebotene Teilzeitmodelle einer monatsreduzierten Teilzeit oder einer Blockteilzeit nebst der von ihr jährlich regelmäßig in den Schulferien f...