Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Ausbildungskosten nach dem BBTV. kooperatives Ausbildungsmodell. Abgrenzung Ausbildungsberuf und berufsqualifizierendes Studium
Leitsatz (amtlich)
Keine Erstattung von Ausbildungskosten im Rahmen eines kooperativen Ausbildungsmodells nach dem Tarifvertrag über die Berufsausbildung im Baugewerbe (BBTV).
Orientierungssatz
Voraussetzung für eine Erstattung von Ausbildungsvergütung nach dem Tarifvertrag über die Berufsbildung im Baugewerbe vom 29. Januar 1987 in der Fassung vom 1. August 2008 (BBTV) ist, dass der Auszubildende in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf iSd § 4 BBiG 2005 ausgebildet wird. Dies ist bei einem kooperativen Studiengang, bei dem neben dem Ausbildungsabschluss auch ein Abschluss als Bauingenieur angestrebt wird nicht der Fall. Dabei handelt es sich nämlich um einen berufsqualifizierenden Studiengang, der gem. § 3 Abs 2 Nr 1 BBiG 2005 aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen ist.
Normenkette
BBiG 2005 §§ 4, 3 Abs. 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3; TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 28.08.2008; Aktenzeichen 5/9 Ca 509/08) |
Nachgehend
BAG (Entscheidung vom 18.11.2010; Aktenzeichen 3 AZR 656/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 28.08.2008 – 5/9 Ca 509/08 – abgeändert und die Klage kostenpflichtig abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Ausbildungskosten, die im Rahmen eines kooperativen Ausbildungsmodells zum Stahl- und Betonbauer angefallen sind, zu erstatten.
Die Klägerin unterhält einen baugewerblichen Betrieb. Sie schloss mit dem Auszubildenden A am 21. August 2007 einen Berufsausbildungsvertrag zum Beton- und Stahlbetonbauer im Rahmen des kooperativen Studiengangs Bauingenieurwesen. Das Berufsausbildungsverhältnis begann am 01. September 2007 und wird am 31. August 2010 enden. Wegen des Inhalts des Ausbildungsvertrages wird auf Bl. 9 d. A. Bezug genommen. Dieser Vertrag ist in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse der Industrie- und Handelskammer B eingetragen. Die Ausbildung des Auszubildenden A zum Stahl- und Betonbauer ist integriert in den kooperativen Studiengang Bauingenieurwesen an der Fachhochschule B. Im Rahmen dieses kooperativen Ausbildungsmodells soll der Auszubildende und Student nicht nur den Abschluss in einem baugewerblichen Ausbildungsberuf, sondern auch den Abschluss als Bauingenieur erlangen. Wegen dieser Besonderheit schlossen die Klägerin und der Auszubildende A am 22. August 2007 eine Zusatzvereinbarung zum Berufsausbildungsvertrag, in welcher unter anderem geregelt ist, dass die Ausbildung zum „Facharbeiter” 36 Monate dauert und die Ausbildung in den ersten 13 Monaten schwerpunktmäßig in einem berufspraktischen Ausbildungsjahr im Betrieb sowie im Ausbildungszentrum stattfindet. Ab dem 2. Jahr wechseln sich Vorlesungen, Seminare und Übungen in der Fachhochschule während des Semesters und Praxiseinsätze im Betrieb während der vorlesungsfreien Zeit ab. Der Auszubildende erhielt die tarifliche Ausbildungsvergütung im 1. Ausbildungsjahr für 12 Monate und im 2. und 3. Ausbildungsjahr für je 6 Monate, wobei die Ausbildungsvergütung für das 2. und 3. Ausbildungsjahr gestreckt über je 12 Monate in gleichen Anteilen ausgezahlt wird. Wegen des gesamten Inhalts dieser Zusatzvereinbarung wird auf Bl. 109 bis Bl. 112 d. A. Bezug genommen.
Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes unter anderem die Aufgabe, die Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl von Ausbildungsplätzen und die Durchführung einer qualifizierten, den besonderen Anforderungen des Wirtschaftszweiges gerecht werdenden Berufsbildung für die Auszubildenden im Baugewerbe dadurch zu sichern, dass er Ausbildungskosten nach Maßgabe des Tarifvertrages über die Berufsbildung im Baugewerbe (BBTV) erstattet.
Mit dem Beklagten am 02. Mai 2008 zugestellter Klageschrift hat die Klägerin vom Beklagten unter anderem die Erstattung der Ausbildungsvergütungen bis einschließlich März 2008 einschließlich der Sozialaufwendungen sowie die Erstattung der Kosten der durchzuführenden überbetrieblichen Lehrgänge in der Zeit vom 17. September 2007 bis einschließlich 14. März 2008 geltend gemacht.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte müsse die Ausbildungsvergütungen gemäß § 19 BBTV und die überbetrieblichen Ausbildungskosten gemäß § 24 BBTV erstatten. Schon aus der Eintragung des Ausbildungsvertrages in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse ergebe sich, dass es sich bei dem vorliegenden Ausbildungsvertrag um eine Ausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf handele. Die durchgeführte Ausbildung entspreche der Verordnung über die Berufsausbildung der Bauwirtschaft vom 02. Juni 1999 in Verbindung mit dem Ausbildungsrahmenplan zum Hochb...