Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung. Sozialarbeit in einer sozial-psychiatrischen Beratungsstelle

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1; TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1; BAT Anl. 1a (VkA) 22 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Urteil vom 15.07.1994; Aktenzeichen 7 Ca 660/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 06.08.1997; Aktenzeichen 4 AZR 894/95)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen des Urteil des Arbeitsgerichts in Kassel vom 15. Juli 1994 – 7 Ca 660/93 – wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die richtige tarifliche Vergütungsgruppe (Vg), nach der die Beklagte die von dem Kläger für sie geleistete Arbeit zu vergüten hat.

Der am 25. März 1939 geborene Kläger war in der Zeit von 1960 bis 1969 Zeitsoldat der Deutschen Bundeswehr im Sanitätsdienst und ist seit dem 01. April 1965 berechtigt, die Berufsbezeichnung „Krankenpfleger” zu führen. Bei der Bundeswehr arbeitete er eine Zeitlang unter einem Facharzt für Psychiatrie. Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, die Beklagte des Arbeitgeberverbandes der Gemeinden und Kommunalverbände in Hessen, der wiederum Mitglied der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) ist. Nach abgeschlossener Ausbildung und erfolgter staatlicher Anerkennung steht er aufgrund des Arbeitsvertrages (AV) vom 07. März 1974 seit dem 01. April 1974 als Sozialarbeiter in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten (Bl. 173 d. A.), nach dem Zusatzvertrag vom 07./15. Dezember 1994 (Bl. 174 d. A.), wie schon seit einem nicht bekannten, längeren Zeitraum zuvor, nur noch mit einem Beschäftigungsumfang von 30 Stunden in der Woche. Der Kläger ist von Anfang an in dem Sachgebiet „Sozial-psychiatrische Beratungsstelle” für Erwachsene (Sachgebiet 5331) der sozial-medizinischen Abteilung (Abt. 533) des Gesundheitsamtes (Amt 53) der Beklagten beschäftigt, zunächst vor allem in der Suchtkrankenbetreuung, seit etwa 1981 mit der Betreuung psychisch Kranker, aber auch weiterhin Suchtkranker. Die Aufgaben einer sozial-psychiatrischen Beratungsstelle ergeben sich aus den Seiten 19–21 des Hessischen Psychiatrieplans 1983 (Bl. 138–140 d. A.).

Der Kläger arbeitet überwiegend mit einem Personenkreis, der psychische Störungen und psychiatrische Krankheitsbilder auf weist. Dazu gehören depressive, selbstunsichere, geltungssüchtige, stimmungslabile und willenlose Psychopathen, fanatische Persönlichkeiten, Menschen mit einer abnormen Gemütslosigkeit, jede Art von Neurotikern, Personen mit Psychosen und seelischen Störungen, mit Epilepsie und allen Formen der Schizophrenie. Der Kläger befaßt sich mit der psychosozialen Beratung dieses Personenkreises in der Form der Einzel- und Gruppenberatung einschließlich der Beratung über Rehabilitationsmaßnahmen und Möglichkeiten der Sicherung des Lebensunterhalts. Dazu gehört auch die Krisenintervention zur Abwendung akuter Gefahrensituationen. Daneben hat der Kläger die Angehörigen oder Bezugspersonen der Kranken zu betreuen und zu beraten, ferner Personen im Auftrag von anderen Behörden und Gerichten sozial-psychologisch zu begutachten. Bei Suchtkranken muß er klären, ob die Voraussetzungen von Zwangsmaßnahmen oder Unterbringung vorliegen. Der Kläger hat seine Arbeit anhand von acht Beispielsfällen geschildert (Bl. 36–42 d. A.). Er führt die sozialarbeiterische Krisentätigkeit aus der Innenbereitschaft jeweils montags zwischen 8.30 Uhr und 17.00 Uhr durch. Dabei wird er von Personen, die von Auffälligkeiten psychisch Kranker oder Suchtkranker betroffen sind, in solchen Fällen angerufen oder aufgesucht, die ein sofortiges Tätigwerden verlangen. Diesen Teil seiner Arbeit gibt der Kläger mit 26,6 % seiner Arbeitszeit an. Dienstags ist er in solchen Fällen im Außendienst mit nach seiner Angabe 26,5 % der Arbeitszeit tätig. Mittwochs arbeitet er nicht. Donnerstags von 10.00 Uhr – 12.30 Uhr und dreimal im Monat auch von 13.00 Uhr – 17.00 Uhr sowie freitags für sechs Stunden berät und betreut er psychisch Kranke oder potentielle Klienten. Diese Tätigkeit beziffert er mit 41,6 % seiner Arbeitszeit. Einmal im Monat donnerstags von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr führt er die Beratung von Angehörigen durch, wofür er 10 % seiner Arbeitszeit ansetzt (beispielhafte Aufzeichnungen Hülle Bl. 62 d. A.). Bei seiner Arbeit muß er mit einer Vielzahl von anderen Ämtern, Behörden, Institutionen und Einrichtungen (im einzelnen Bl. 54 und 55 d. A.) zusammenarbeiten.

Seit dem 01. Januar 1994 hat der Oberbürgermeister der Beklagten den Sozialarbeitern der sozial-psychiatrischen Beratungsstelle die Befugnis übertragen, gem. § 10 HFEG Personen vorläufig in geschlossene Anstalten einzuweisen. Im Gesundheitsamt der Beklagten findet seit etwa 15 Jahren in vierzehntägigem Rhythmus eine psychiatrische Fortbildung durch Fachärzte und sonstige Fortbildung durch Ärzte und Psychoanalytiker statt. Daneben hat der Kläger zwei Semester psychiatrische Vorlesungen besucht, an psychiatrischen Fachtagungen te...

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