Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung. Sozialarbeiterin in sozial-psychiatrischer Beratungsstelle

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1; BAT Anl. 1a (VkA) § 22 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Urteil vom 08.12.1994; Aktenzeichen 4 Ca 46/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 06.08.1997; Aktenzeichen 4 AZR 891/95)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts in Kassel vom 8. Dezember 1994 – 4 Ca 46/94 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung teilweise neu gefaßt:

Die Klage wird über des angefochtene Urteil hinaus insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die richtige tarifliche Vergütungsgruppe (Vg), nach der die Beklagte die von der Klägerin für sie geleistete Arbeit zu vergüten hat.

Die am 22. Mai 1958 geborene Klägerin hat am 18. Juli 1979 den Grad einer Diplom-Sozialarbeiterin (FH) erworben (Bl. 119 d. A.) und ist seit dem 01. August 1980 berechtigt, die Berufsbezeichnung „staatlich anerkannte Sozialarbeiterin” zu führen (Bl. 118 d. A.). 1987/88 nahm sie an einer Weiterbildung des „Institut für Soziotherapie” in Fritzlar der Gesellschaft für Berufspädagogik teil (Liste der im Rahmen der Ausbildung vermittelten Krankheitsbilder Bl. 120 u. 121 d. A.) und erwarb den Titel einer „Soziotherapeutin” (Bl. 53–56 d. A.). Aufgrund des Arbeitsvertrags. (AV) vom 08. Juni 1988 steht sie seit dem 05. Juni 1988 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, zunächst mit einem Beschäftigungsumfang von 20 Stunden in der Woche, in der Zeit vom 09. Januar bis 24. August 1989 (Schreiben der Beklagten vom 22. Dezember. 1989 in der nicht mit Blattzahlen versehenen Personalakte (PA)) und seit dem 01. September 1989 gem. Zusatzarbeitsvertrag vom 29. August 1989 (PA) vollzeitbeschäftigt. § 2 AV lautet wie folgt:

„Das Arbeitsverhältnis regelt sich nach den Vorschriften des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und den Tarifverträgen, die ihn ergänzen, ändern oder ersetzen. Änderungen vorstehend genannter Bestimmungen gelten vom Tage des Inkrafttretens auch für dieses Vertragsverhältnis.” (Bl. 113 d. A.).

Die Klägerin war zunächst im Rahmen des Jugendamtes der Beklagten (Amt 51), Abteilung 514, in dem von der Beklagten unterhaltenen „…-Jugendzentrum”, seit dem 01. September 1989 an einem Übergangswohnheim für Aussiedler des Sozialamtes (Amt 50) der Beklagten eingesetzt. Seit dem 01. Juli 1992 ist sie in dem Sachgebiet „sozial-psychiatrische Beratungsstelle” für Erwachsene (Sachgebiet 5331) der sozial-medizinischen Abteilung (Abt. 533) des Gesundheitsamtes (Amt 53) der Beklagten beschäftigt.

Im Rahmen der sozial-psychiatrischen Beratungsstelle betreut die Klägerin einen Bezirk im Gebiet der Beklagten, der ca. 40.000 Einwohner umfaßt. Sie arbeitet überwiegend mit einem Personenkreis, der psychische Störungen und psychiatrische Krankheitsbilder aufweist. Dazu gehören Personen in schweren psychosozialen Belastungs- und Konfliktsituationen, mit chronischen Psychosen, geronto-psychiatrischen Krankheitsbildern, mit schweren Persönlichkeitsstörungen oder mit schwerer Suchtproblematik und sozialen und körperlichen Folgeschäden, die ihre finanziellen und personellen Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können oder durch Suchtmittelmißbrauch in lebensbedrohliche Situationen kommen. Bei diesem Personenkreis wird die Klägerin auch im Rahmen der Krisenintervention tätig, wenn der allgemeine soziale Dienst, Beratungsstellen, niedergelassene Ärzte oder sonstige Institutionen keine Möglichkeit der Hilfe mehr haben. In diesen Fällen hat sie eine vorläufige medizinische Diagnose und eine Sozialanamnese vorzunehmen mit der anschließenden Entscheidung, ob Hilfe nötig, ambulante Hilfe ausreichend oder stationäre Hilfe oder sogar eine Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus nach dem Hessischen Freiheitsentziehungsgesetz in Betracht kommen. Sie überwacht den Übergang von der Krisenintervention zur Betreuung in Koordination mit dem zuständigen Sozialarbeiter. Ebenso wird sie bei HIV-Infizierten oder an Aids Erkrankten gerufen, wenn die „normale” Hilfe nicht mehr funktioniert. Daneben hat die Klägerin die Angehörigen oder Bezugspersonen der Kranken zu betreuen oder zu beraten, ferner Personen im Auftrag von anderen Behörden und Gerichten sozial-psychiatrisch zu begutachten. Seit dem 01. Januar 1995 hat der Oberbürgermeister der Beklagten den Sozialarbeitern der sozial-psychiatrischen Beratungsstelle die Befugnis übertragen, gem. § 10 HFEG Personen vorläufig in geschlossene Anstalten einzuweisen. Im Gesundheitsamt der Beklagten findet seit 15 Jahren in vierzehntägigem Rhythmus eine psychiatrische Fortbildung durch Fachärzte statt, außerdem eine sonstige Fortbildung durch Ärzte und Psychoanalytiker (Liste der Themen Bl. 122 d. A.).

Außerdem besteht in der Abteilung das Sachgebiet 5333 Behinderten-Beratungsstelle und in der Hygieneabteilung 532 das Sachgebiet 5324 Aids-Beratungsstelle. Aufgrund eines Magistrat...

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