Entscheidungsstichwort (Thema)

Bundesarbeitsgericht und Spiegelbildtheorie. Altersteilzeitarbeit und Freistellungsphase. Altersteilzeit und Berechnung Mindestnettobetrag

 

Leitsatz (amtlich)

In der Freistellungsphase der Altersteilzeitarbeit erfolgt die Berechnung des Mindestnettobetrages nach § 5 Abs. 2 TV ATZ nicht nach dem Grundsatz der "Spiegelbildlichkeit".

 

Orientierungssatz

Die vom Bundesarbeitsgericht entwickelte "Spiegelbildtheorie" ist im Hinblick auf die Einbeziehung von Urlaubsgeld und (jährlichen) Zuwendungen zur Berechnung des Mindestnettobetrages nach § 5 Abs 2 des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 (TV ATZ - juris: AltATZTV) nicht anzuwenden.

 

Normenkette

TV ATZ §§ 4, 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2; BAT; TV-H

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 13.09.2012; Aktenzeichen 5 Ca 726/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.08.2015; Aktenzeichen 9 AZR 952/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 13. September 2012 - Aktenzeichen 5 Ca 726/12 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die genaue Höhe der Altersteilzeitvergütung während der Freistellungsphase im Blockmodell.

Der Kläger stand als Angestellter des Hessischen A... bis zum 31. Januar 2013 in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land. Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung "nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen". Aufgrund Altersteilzeitvertrages vom 17. März 2005 mit Änderung vom 28. August 2008 vereinbarten die Parteien unter Bezugnahme auf den Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 in der jeweils geltenden Fassung (im Folgenden: TV ATZ) zuletzt für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Januar 2013 Altersteilzeit im Blockmodel, und zwar mit einer Arbeitsphase vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. Juni 2009 sowie einer Freistellungsphase vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Januar 2013. Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der den BAT ablösende Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen (TV-H) vom 1. September 2009 Anwendung, der die Zahlung eines Urlaubsgeldes nicht mehr und statt einer bislang gezahlten (jährlichen) Zuwendung die Zahlung einer Jahressonderzahlung gemäß § 20 TV-H vorsieht.

Mit dem Bezügenachweis für Dezember 2011 nahm das beklagte Land gegenüber dem Kläger jeweils für die Monate Juli 2010 und Juli 2011 eine Nachzahlung von Urlaubsgeld für die Jahre 2010 und 2011 sowie jeweils für die Monate November 2010 und November 2011 eine Nachzahlung der (jährlichen) Zuwendung für die Jahre 2010 und 2011 vor. Hinsichtlich der Beträge im Einzelnen wird auf den zu den Gerichtsakten gereichten Bezügenachweis des Klägers für Dezember 2011 (Bl. 17 bis 19 d. A.) Bezug genommen. Die Nachzahlungen erfolgten vor dem Hintergrund einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16. November 2011 - Aktenzeichen 9 AZR 579/09 - und waren zunächst für die Zeit der Freistellungsphase nach Inkrafttreten des TV-H unterblieben. Eine Berücksichtigung von Urlaubsgeld und (jährlicher) Zuwendung bei der Mindestnettobetragsberechnung nach § 5 Abs. 2 TV ATZ für die Monate Juli und November 2010 sowie Juli und November 2011 lehnte das beklagte Land unter Hinweis auf einen Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 22. Juli 2011 - Geschäftszeichen: I 41 - P 2002 A.047 (Bl. 23 - 25 d. A.) - aber ab.

Mit seiner am 13. Juni 2012 bei dem Arbeitsgericht Wiesbaden eingegangenen und dem beklagten Land am 29. Juni 2013 (Bl. 13 d. A.) zugestellten Klage hat der Kläger von dem beklagten Land deswegen Zahlung eines - in der Höhe von dem beklagten Land nicht bestrittenen - Betrages in Höhe von € 1.324,06 netto nebst Zinsen als weitere Altersteilzeitvergütung verlangt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, in der Freistellungsphase seien Urlaubsgeld und (jährliche) Zuwendung nach der "Spiegelbildtheorie" auch bei der Berechnung des Mindestnettobetrages nach § 5 Abs. 2 TV ATZ trotz zwischenzeitlichen Inkrafttreten des TV-H zu berücksichtigen.

Der Kläger hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger € 1.324,06 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat die Ansicht vertreten, Urlaubsgeld und (jährliche) Zuwendung seien bei der Berechnung des Mindestnettobetrages nach § 5 Abs. 2 TV ATZ nicht zu berücksichtigen.

Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat mit einem am 13. September 2012 verkündeten Urteil - 5 Ca 726/12 (Bl. 37 - 42 d. A.) - die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, im Rahmen der Berechnung des Mindestnettobetrages gemäß § 5 Abs. 2 TV ATZ sei allein auf das Entgelt abzustellen, das der Kläger im tatsächlichen Bezugsmonat verdient ...

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