Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 21 Abs. 4, 5 WEG, § 28 WEG, § 242 BGB
Kommentar
1. Selbst wenn einer Regelung in der Teilungserklärung, wonach die Jahresabrechnung und der Wirtschaftsplan des Verwalters bei Unterbleiben fristgerechten Widerspruchs nach Übersendung "als von den Wohnungseigentümern genehmigt"gelte, grundsätzlich rechtliche Wirkung zukommen sollte (dahingestellt geblieben nach BGH, NJW 1991, 979), kann diese Wirkung jedenfalls dann nicht eintreten, wenn der Verwalter mit der Übersendung zugleich zu einer Wohnungseigentümerversammlung einlädt, deren Tagesordnung die Beschlussfassung über diese Rechnungsgegenstände enthält.
Aus diesem Grund kann die vom Senat im Vorlagebeschluss vom 4. 7. 1990 (OLGZ 1990, 334 = ZMR 1990, 428 = WuM 1990, 407) erörterte Rechtsfrage offenbleiben, ob eine solche in der Teilungserklärung vereinbarte Bestimmung über die Genehmigungsfiktion hinsichtlich der Jahresabrechnung einer Inhaltskontrolle nach Treu und Glauben ( § 242 BGB) standhält (bejahend OLG Frankfurt, OLGZ 1986, 45) oder - nach Meinung des vorlegenden Senats - als unwirksam anzusehen ist.
Im vorliegenden Fall hat der Verwalter mit der Ladung zur Versammlung zugleich für die Eigentümer bindend konkludent (schlüssig) erklärt, dass die Genehmigungsfiktion nicht gelten solle. Ein solcher Beschluss über die Abrechnung sei auch dann maßgebend, wenn schon die Absendung der Abrechnung mangels eines Widerspruchs die Zustimmung der Eigentümer fiktiv herbeigeführt haben sollte (so die BGH-Entscheidung vom 20. 12. 1990, NJW 1991, 979 auf die Vorlage des Senats vom 4. 7. 1990).
2. Soweit der Verwalter in der Jahresabrechnung für 1986 zulasten des Antragstellers einen sich aus der vorangegangenen Jahresabrechnung ergebenden Saldo in Höhe von DM 1.903,55 aufgenommen hatte, entspricht dies den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung ( § 21 Abs. 4 und 5 WEG). Dieser Vorjahressaldo war bereits Gegenstand der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung für 1985, die von den Eigentümern in vorletzter Versammlung mehrheitlich gebilligt wurde. Dieser Saldo wurde deshalb zulasten des Antragstellers bestandskräftig.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 24.04.1991, 24 W 6358/90)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
1. Vorstehender Entscheidung zur "Abrechnungsgenehmigungsfiktion" ist ohne wenn und aber zuzustimmen. Die seinerzeitige Vorlageentscheidung des KG Berlin ist bereits bei KG Berlin, Entscheidung v. 4. 7. 1990, Az.: 24 W 1434/90= NJW 1990, 2496 kurz angesprochen; die BGH-Entscheidung, welche die Gültigkeitsfrage offenließ, ist BGH, Entscheidung v. 20. 12. 1990, Az.: V ZB 8/90. Nach meiner Ansicht hätte der BGH schon damals diese umstrittene Frage klären können und müssen (vgl. auch Schnauder, WE 6/91, 144).
Verwaltern möchte ich anraten, selbst bei vereinbarter Abrechnungsgenehmigungsfiktion stets Abrechnungs- und Wirtschaftsplangenehmigungen einer Beschlussfassung in der Versammlung zuzuführen. Es scheint sich langsam die Meinung durchzusetzen, dass solche vielleicht früher noch gebräuchlichen Fiktionsvereinbarungen einer richterlichen Inhaltskontrolle nach § 242 BGB nicht standhalten.
2. Unrichtig erscheint mir jedoch die Feststellung des Gerichts zur Aufnahme eines Vorjahresminussaldos eines Eigentümers in der laufenden, zur Genehmigung anstehenden Abrechnung. Ein alter, wenn auch bereits bestandskräftig genehmigter Minusvortrag hat in einer neuerlichen Jahresabrechnung nichts verloren; er stellt auch keine tatsächliche Einnahme oder Ausgabe dar. Offensichtlich hat hier der Senat die entgegenstehende Entscheidung des BayObLG, Entscheidung vom 23. 5. 1990, Az.: 2 Z 44/90) übersehen. Das BayObLG hat richtigerweise festgestellt, dass Vorträge (Kontenstandsverrechnungen) aus früheren Jahren nicht in die aktuelle Wirtschaftsjahrabrechnung gehören (vgl. auch Deckert, NJW 1989, 1065). Ebenso neuerlich BayObLG, Entscheidung v. 14. 3. 1991, Az.: BReg 2 Z 134/90.