Leitsatz (amtlich)
1. Eine Drohung im Sinn von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewSchG bezeichnet das In-Aussicht-Stellen eines Übels, dessen Verwirklichung davon abhängt, dass die bedrohte Person nicht nach dem Willen des Täters handelt. Dafür bedarf es nicht des ausdrücklichen In-Aussicht-Stellens eines Übels, sondern das kann auch durch Drohgebärden, Gesten oder eine "Drohkulisse" erfolgen.
2. Ein Verhalten des Täters, dass Anlass zum Erlass von Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz gibt, indiziert eine Wiederholungsgefahr und das rechtfertigt es zwanglos, eine zu Recht erlassene Schutzanordnung auch auf ein Rechtsmittel hin weiter aufrecht zu erhalten.
3. Auch wenn der Verfahrensbevollmächtigte seinen Vortrag mit den Worten "aus Sicht des Antragsgegners" einleitet und eine umfangreiche, kommentierend-erläuternde Darstellung des Geschehensablaufs aus der Perspektive des von ihm vertretenen Beteiligten abgibt, liegt damit keine eidesstattliche Versicherung vor mit der Folge, dass die Behauptungen - wenn keine anderen, präsenten Beweismittel angeboten werden - nicht im Sinn von § 31 FamFG glaubhaft gemacht sind.
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 86 F 88/22) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den am 5. Oktober 2022 im Wege der einstweiligen Anordnung erlassenen Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg - 86 F 88/22 - wird auf dessen Kosten nach einem Beschwerdewert von 1.000 EUR zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsgegner wendet sich gegen den am 5. Oktober 2022 im Wege der einstweiligen Anordnung und nach mündlicher Erörterung der Sache erlassenen Gewaltschutzbeschluss des Familiengerichts.
Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Familiengericht im Wege der einstweiligen Anordnung zugunsten der Antragstellerin eine Schutzanordnung nach § 1 GewSchG erlassen und dem Antragsgegner unter gleichzeitiger Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, die beiden Beteiligten gemeinsam gehörende Doppelhaushälfte in der ...straße - die Ehewohnung der Beteiligten - nochmals zu betreten, sich der Doppelhaushälfte auf eine Distanz von weniger als 50m zu nähern oder mit der Antragstellerin in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen oder diese auf elektronischem Wege zu orten, zu filmen oder zu überwachen. Das Familiengericht hat die Anordnung bis zum 2. April 2023 befristet. Der Beschluss erging, nachdem beide Beteiligte vom Familiengericht persönlich angehört wurden und die Antragstellerin durch eidesstattliche Versicherung und die Vorlage von Arzt- sowie Polizeiberichten glaubhaft gemacht hat, dass es in der Nacht vom 17./18. August 2022 in der Ehewohnung zu einer schweren Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten gekommen ist, bei der der Antragsgegner ihr Mobiltelefon zerstört und ihr körperliche Verletzungen zugefügt hat. Der Antragsgegner hat den Hergang der Auseinandersetzung bestritten. Er hat behauptet, die Antragstellerin sei in der Nacht zum 18. August 2022 nach Hause gekommen, habe gegen die Tür des Schlafzimmers, in dem er geschlafen habe, "gehämmert" und habe angefangen, in spanischer Sprache zu schreien "Ich bringe Dich um!". Im weiteren Verlauf habe sich dann eine heftige Auseinandersetzung entwickelt, bei der er das Mobiltelefon der Antragstellerin zerschlagen habe. Die Auseinandersetzung hat mit einem Polizeieinsatz und einer durch die Polizei ausgesprochene Wegweisung des Antragsgegners aus der Ehewohnung geendet.
Nachdem die Ehewohnung in einem gesonderten Verfahren inzwischen der Antragstellerin und den drei gemeinsamen Kindern für die Dauer des Getrenntlebens allein zugewiesen wurde (Amtsgericht Schöneberg, Beschluss vom 29. September 2022 - 86 F 93/22), wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde gegen den Gewaltschutzbeschluss. Er meint, der Erlass einer Gewaltschutzanordnung sei nicht gerechtfertigt, da eine Tat nach § 1 GewSchG nicht vorliege, sondern lediglich eine von ihm ausgehende Zerstörung des Mobiltelefons, die er jedoch durch den Kauf eines neuen Geräts längst wieder gut gemacht habe. Zur Abwendung weiterer Verletzungen sei eine Schutzanordnung nicht geboten, weil die Doppelhaushälfte zwischenzeitlich der Antragstellerin allein zugewiesen worden sei. Insgesamt erweise sich die getroffene Anordnung als unverhältnismäßig. Mit ihrem Erlass sei gegen den Grundsatz verstoßen worden, dass Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung der - aus seiner Sicht: angeblich - Geschädigten zu seinen Gunsten gehen müssten.
Die Antragstellerin verteidigt die ergangene Entscheidung als zutreffend und richtig.
Der Senat hat zu Informationszwecken die Akte des Amtsgerichts Schöneberg aus dem Wohnungszuweisungsverfahren (86 F 93/22) beigezogen sowie die Akte der Amtsanwaltschaft Berlin (3032 Js 10826/22) aus dem Ermittlungsverfahren gegen den Antragsgegner wegen des Verdachts der vorsätzlichen einfachen Körperverletzung zum Nachteil der Antragstellerin und aus dem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung zum Nachteil der gemeinsamen, minderjährige...