Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 64 S 9/96)

 

Tenor

1. Ein Mieterhöhungsverlangen nach § 2 MHG, bei dem zwar der Ausgangsmietzins und der begehrte neue Mietzins überhöht beziffert wurden, der Erhöhungsbetrag jedoch zutreffend wiedergegeben ist, ist nicht unwirksam, wenn die Überhöhungen ihre Ursache in einer vorangegangenen Mieterhöhungserklärung haben, über deren Wirksamkeit im Zeitpunkt des gegenwärtigen Zustimmungsverlangens noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist.

2. Die Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG trifft nur denjenigen Vermieter, der den Mietzins nach § 3 MHG erhöht hat oder erhöhen könnte. Diese Voraussetzungen liegen bei dem Erwerber eines mit öffentlichen (oder ihnen gleichgestellten) Mitteln modernisierten preisfreien Wohnraums nicht vor. Unberührt bleibt eine rechtsgeschäftlich übernommene Verpflichtung des Erwerbers (oder eine mietvertragliche Verpflichtung des Veräußerers, in die er gemäß § 571 BGB eingetreten ist), den vom Mieter zu fordernden Mietzins in bestimmter Weise zu gestalten (Verpflichtungsmiete).

 

Tatbestand

I.

Die Beklagten mieteten im Jahre 1992 von der I. GmbH eine in der M. Straße in Berlin gelegene Altbauwohnung. Der vereinbarte Mietzins betrug 422,12 DM brutto kalt.

Die I. GmbH hatte zuvor umfangreiche Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten an dem oben bezeichneten Gebäude durchgeführt. Dafür waren ihr von der Wohnungsbaukreditanstalt Berlin mit Bescheid vom Dezember 1989 Fördermittel in Form von Baukostenzuschüssen gemäß den Modernisierungs- und Instandsetzungsrichtlinien 1985 (ModInstRL 85) bewilligt worden. Die I. GmbH hatte sich dabei gegenüber der Bewilligungsstelle verpflichtet, Mietzinsbeschränkungen nach den ModInstRL 85 einzuhalten und diese Verpflichtung im Falle einer Grundstücksveräußerung dem Erwerber aufzuerlegen.

Die I. GmbH verkaufte das Grundstück im Jahre 1993 an die Kläger. Die Kläger haben, bevor sie am 13. Januar 1995 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurden, im Juli 1994 gegenüber den Beklagten die Erhöhung der Brutto-Kaltmiete wegen gestiegener Betriebskosten auf 521,44 DM erklärt. Die Beklagten haben diese Mieterhöhung und eine vorangegangene Betriebskostenumlegung vom November 1992 nicht anerkannt, sondern weiter den vereinbarten Mietzins gezahlt. Durch gerichtliche Entscheidung aus dem Jahre 1995 wurde festgestellt, daß die Mieterhöhung vom Juli 1994 unwirksam war, unter anderem deshalb, weil die Kläger im Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen waren.

Zuvor, und zwar mit Schreiben vom 25. Januar 1995, forderten die Kläger durch ihre Grundbesitzverwaltung die Beklagten vergeblich auf, einer Erhöhung der Miete „von zur Zeit 521,44 DM um 126,64 DM auf 648,08 DM” ab dem 1. April 1995 zuzustimmen. Sie behaupten, ihnen sei bei Erwerb des Grundstücks die öffentliche Förderung der Baumaßnahmen nicht bekannt gewesen.

Zwischenzeitlich hat die Bewilligungsstelle den Förder-Bescheid vom Dezember 1989 wegen der Nichtweitergabe der Verpflichtung zur Mietzinsbeschränkung widerrufen und von der I. GmbH die Rückzahlung der Fördermittel gefordert.

In dem vorliegenden Rechtsstreit haben die Kläger ihr Mieterhöhungsverlangen unter Berücksichtigung der Unwirksamkeit der vorangegangenen, auf Betriebskostenerhöhungen gestützten Mieterhöhungserklärungen vermindert. Der Erhöhungsbetrag ist der ursprüngliche geblieben. Sie haben unter teilweiser Rücknahme der Klage beantragt, die Beklagten zu verurteilen, einer Erhöhung der Bruttokaltmiete für die Wohnung von bisher 422,12 DM um 126,64 DM auf 548,76 DM mit Wirkung ab dem 1. April 1995 zuzustimmen.

Das Amtsgericht … hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die fehlerhafte Angabe des Ausgangsmietzinses sei unschädlich, weil die Beklagten gleichwohl in der Lage gewesen seien, die Berechtigung zur Mieterhöhung zu überprüfen; zur Angabe der Kürzungsbeträge seien die Kläger nicht verpflichtet gewesen, weil sie weder die Baumaßnahmen durchgeführt, noch die Fördermittel erhalten hätten.

Die Beklagten verfolgen mit der Berufung ihren erstinstanzlich gestellten Abweisungsantrag weiter.

Die Kläger haben in der Berufungserwiderung hilfsweise auf ihr Erhöhungsverlangen vom 21. Dezember 1995 abgestellt. In diesem Mieterhöhungsverlangen werden die Beklagten aufgefordert, einer Mieterhöhung von bisher 422,12 DM um 126,64 DM auf nunmehr 548,76 DM mit Wirkung ab dem 1. März 1996 zuzustimmen. Das mit der Berufung der Beklagten befaßte Landgericht hat am 24. Mai 1996 beschlossen, einen Rechtsentscheid des Kammergerichts zu folgenden Fragen einzuholen:

1. Ist bei preisfreiem Wohnraum eine Mieterhöhungserklärung unwirksam, die zwar den Erhöhungsbetrag zutreffend wiedergibt, die Ausgangsmiete und den zukünftig begehrten Mietzins jedoch gleichermaßen überhöht beziffert?

2. Ist bei preisfreiem Wohnraum eine vom Grundstückserwerber abgegebene Mieterhöhungserklärung, in der Kürzungsbeträge nach § 2 Absatz 1 Satz 2 MHG nicht angegeben werden, obwohl ...

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